Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Neuregelungen und Optionen nach der Reform des Insolvenzrechts 2021
Wichtige Änderungen und Handlungsempfehlungen für Krisenunternehmen nach dem SanInsFoG
Das [i]Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG v. 22.12.2020, BGBl 2020 I S. 3256 am in Kraft getretene Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) hat zur größten Änderung des deutschen Sanierungs- und Insolvenzrechts seit Inkrafttreten der InsO geführt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht dabei durchwegs der im neuen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) geregelte Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen. Ebenso bedeutsam sind jedoch jene umfangreichen Änderungen, die das SanInsFoG in der InsO gebracht hat. Der Beitrag stellt die für Geschäftsleiter und Berater von Krisenunternehmen wichtigsten Neuregelungen dieser InsO-Reform vor und gibt erste Handlungsempfehlungen. Berücksichtigt werden dabei auch die nur vorübergehend anzuwendenden COVID-19-Sonderregeln.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Zielsetzung des SanInsFoG
Am [i]Verbesserung der Rahmenbedingungen für Sanierungen ist das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) in Kraft getreten. Mit diesem Reformgesetz sollen insbesondere die Rahmenbedingungen für frühzeitige und gut vorbereitete Sanierungen verbessert werden.
Hierzu [i]Schädlich, Vorgerichtliche Sanierung von Unternehmen – das StaRUG im Überblick, NWB 48/2020 S. 3566 NWB YAAAH-64053 wurde in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben vor allem der neue Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (SRR) geschaffen. Dieser ist im neuen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) geregelt und ermöglicht ab Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit die S. 247insolvenzverfahrensunabhängige Sanierung von Unternehmen auch gegen den Willen einzelner Gläubiger. Er schließt insoweit die bislang bestehende Lücke zwischen der insolvenzverfahrensförmigen Sanierung und der freien, dafür aber auf die Zustimmung aller Beteiligten angewiesenen Sanierung.
Ferner [i]Marktkonformität des Insolvenzrechtssoll mit dem SanInsFoG die Marktkonformität des Insolvenzrechts (weiter) abgesichert werden. Hierzu wurde die InsO nicht nur an das neue StaRUG angepasst, sondern auch entsprechend den praktischen Erfahrungen mit dem zuletzt im Jahr 2011 durch das ESUG reformierten Sanierungs- und Insolvenzrecht modifiziert. Diese Modifikationen umfassen insbesondere:
Inhaltliche Anpassungen bei den Insolvenzgründen (siehe Abschnitt II);
Teilweise Modifikation der Insolvenzantragspflicht (siehe Abschnitt III);
Neuregelung des Zahlungsverbots ab Insolvenzreife (siehe Abschnitt IV);
Änderungen beim Zugang zum Eigenverwaltungsverfahren (siehe Abschnitt V).
Im [i]COVID-19-SonderregelungenÜbrigen wurden mit dem SanInsFoG auch vorübergehende Anpassungen des Sanierungs- und Insolvenzrechts an die COVID-19-Pandemie vorgenommen. Hiermit soll deren wirtschaftlichen Folgen Rechnung getragen werden.
In der allgemeinen Diskussion gehen die Änderungen der InsO gegenüber dem neuen SRR etwas unter. Tatsächlich allerdings sind diese vor allem für Krisenunternehmen ebenso bedeutsam. So werden dadurch insbesondere die Pflichten und Möglichkeiten der Geschäftsleiter vor sowie bei eingetretener Insolvenzreife maßgeblich beeinflusst. Dies wiegt umso mehr, als der SRR ein rein finanzwirtschaftliches und somit nur begrenzt anwendbares Sanierungsinstrument ist.
II. Inhaltliche Anpassungen bei den Insolvenzgründen
Mit [i]Prognosezeitraum für Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit fixiertdem SanInsFoG wurden die Insolvenzgründe der Überschuldung (§ 19 InsO) sowie der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) in zeitlicher Hinsicht konkretisiert. Demnach gilt nunmehr:
Für die Fortbestehensprognose im Rahmen der Überschuldungsprüfung ist ein Zeitraum von zwölf Monaten bzw. bei COVID-19-bedingter Krise vorübergehend bis ein Zeitraum von vier Monaten maßgeblich (siehe Abschnitt II.1).
Bei der Prognose im Rahmen der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist i. d. R. ein Zeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen (siehe Abschnitt II.2).
Mit [i]Vermeidung zeitlicher Überlagerungendiesen zeitlichen Vorgaben wird der Überschneidungsbereich zwischen beiden Insolvenzgründen reduziert. Damit ist das bislang bestehende Problem behoben, dass das mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit verbundene Insolvenzantragsrecht durch die mit der Überschuldung einhergehende Insolvenzantragspflicht weitestgehend überlagert wird. Zugleich ist damit ein adäquater Anwendungsbereich für den an die drohende Zahlungsunfähigkeit anknüpfenden SRR gewährleistet.
1. Überschuldung
Der [i]Sikora, Wie erstellt man eine tragfähige Fortbestehensprognose?, NWB 4/2009 S. 232 NWB YAAAD-02916 Insolvenzgrund der Überschuldung (§ 19 InsO) liegt weiterhin vor, wenn kumulativ eine negative Fortbestehensprognose und ein negativer Überschuldungsstatus unter S. 248Liquidationsprämisse verwirklicht sind. Im Zentrum der Überschuldungsprüfung steht damit weiterhin die Fortbestehensprognose: Ist sie positiv, liegt keine Überschuldung vor.
Gesetzlich geklärt ist nunmehr allerdings die seit langem umstrittene Frage, für welchen Zeitraum diese Prognose zu erstellen ist. Hierbei ist zwischen einer Grundregelung und einer vorübergehenden Sonderregelung für COVID-19-Fälle zu unterscheiden.
Grundsätzlich [i]Grundregelung: zwölf Monategilt, dass die Fortbestehensprognose auf einen Zeitraum von zwölf Monaten zu erstrecken ist (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO n. F.). Demnach muss für ein positives Prognoseergebnis anhand einer integrierten Gesamtplanung belegt werden, dass die Zahlungsfähigkeit in den auf den Prognoseerstellungsstichtag folgenden zwölf Monaten nachhaltig aufrechterhalten werden kann.
Dieser [i]Unternehmensintern längere PlanungsrechnungZeitraum ist deutlich kürzer als der bislang nach herrschender Ansicht maßgebliche Prognosezeitraum des laufenden und nachfolgenden Geschäftsjahres. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass die Prognoseerstellung künftig grundsätzlich weniger unsicherheitsbehaftet ist. Zumindest intern sollte allerdings weiterhin eine längere Planungsrechnung erstellt werden, um so vor allem in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren die Nachhaltigkeit der Zahlungsfähigkeit belegen zu können.
Nach [i]COVID-19-Sonderregelung: vier Monateder COVID-19-Sonderregelung wiederum ist in jenen Fällen, in denen die Krise bzw. Überschuldung auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist, anstelle des Zeitraums von zwölf Monaten ein Zeitraum von nur vier Monaten zugrunde zu legen (§ 4 Satz 1 COVInsAG n. F.). Diese Erleichterung gilt nur vorübergehend zwischen und (§ 4 Satz 1 COVInsAG n. F.) und soll verhindern, dass Insolvenzanträge allein aufgrund von Prognoseunsicherheiten gestellt werden müssen.
Dass [i]Gesetzliche Vermutungsregelungdie Krise bzw. Überschuldung auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist, wird gesetzlich vermutet (§ 4 Satz 2 COVInsAG n. F.), wenn