BGH Urteil v. - AnwZ (Brfg) 17/20

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Zulassung eines GmbH-Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt

Gesetze: § 46 Abs 2 S 1 BRAO, § 46 Abs 3 BRAO, § 46 Abs 4 BRAO, § 37 Abs 1 GmbHG

Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Hamm Az: 1 AGH 38/19 Urteil

Tatbestand

1Der im Bezirk der Beklagten als Rechtsanwalt zugelassene Beigeladene beantragte am unter Vorlage eines "Dienstvertrags" vom 22./ und einer Tätigkeitsbeschreibung vom die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der T.                  GmbH (im Folgenden: T.  GmbH).

2Nach § 1 Nr. 1 des Vertrages ist der Beigeladene bei der T.  GmbH als Geschäftsführer und Syndikusrechtsanwalt beschäftigt und innerhalb des Geschäftsfelds II zuständig für die Bereiche Beteiligungsmanagement und Steuern sowie für ausgewählte M&A-Projekte gemäß der jeweiligen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Gesellschaft. Seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt ist nach § 1 Nr. 2 des Vertrages in der Anlage 1 Nr. 2 zum Vertrag näher geregelt. Aufgrund anderweitiger Verpflichtungen ist er im Monatsdurchschnitt an zwei Arbeitstagen pro Woche für die Gesellschaft tätig.

3Die T.  GmbH ist die Komplementärin der T.        GmbH & Co. KG, der Dachgesellschaft der B.            GmbH und der B.      Holding GmbH (B.    Unternehmensgruppe). Gegenstand des Unternehmens ist das Halten, der Erwerb und die Entwicklung von Beteiligungen an anderen Unternehmen, die Erbringung von Dienstleistungen sowie die Funktion als geschäftsführende Holdinggesellschaft für die gesamte B.    Unternehmensgruppe einschließlich der B.      Holding GmbH, einer Finanzholding, und ihrer Tochterunternehmen. Der Beigeladene ist mit zwei weiteren von insgesamt sechs Geschäftsführern der T.   GmbH zuständig für die B.        Holding GmbH und zugleich deren Mitgeschäftsführer.

4Mit Bescheid der Beklagten vom wurde der Beigeladene gegen die Stellungnahme der Klägerin als Syndikusrechtsanwalt zugelassen.

5Der Anwaltsgerichtshof hat den Zulassungsbescheid auf die Klage der Klägerin aufgehoben. Dagegen richten sich die vom Anwaltsgerichtshof zugelassenen Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen.

Gründe

I.

6Die nach § 112e Satz 1 BRAO statthaften und auch im Übrigen zulässigen (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 2, 3 VwGO) Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen sind nicht begründet. Der Anwaltsgerichtshof hat den Bescheid der Beklagten vom zu Recht aufgehoben. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

7Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt ist gemäß § 46a Abs. 1 Satz 1 BRAO auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 BRAO erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 BRAO vorliegt und die Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspricht. Letzteres ist hier nicht der Fall.

81. Dabei kann offenbleiben, ob der Zulassung des Beigeladenen - wie der Anwaltsgerichtshof (vgl. auch BayAGH, Urteil vom 29. Juni 2020BayAGH I - 5 - 13/19, juris Rn. 94 ff.) angenommen hat - bereits entgegensteht, dass Syndikusrechtsanwälte nach der Definition in § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO Angestellte sind, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind, das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber grundsätzlich kein Arbeitsvertrag, sondern ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichteter freier Dienstvertrag ist (vgl. nur , NJW 1978, 1435, 1437; vom - II ZR 120/83, BGHZ 91, 217, 219; vom - II ZR 251/98, NJW 2000, 1864, 1865 und vom - II ZR 70/09, NJW 2010, 2343 Rn. 7; Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 22/17, juris Rn. 6; ebenso BAG, NJW 1999, 3731, 3732; BAGE 116, 254, 258; BAGE 165, 61 Rn. 24). Der Senat hat diese Frage bislang nicht entschieden. Soweit er mit Urteil vom - AnwZ (Brfg) 22/17, juris Rn. 2, 7 die Zulassung eines leitenden Angestellten als Syndikusrechtsanwalt trotz vorübergehender Bestellung zum GmbH-Mitgeschäftsführer im Rahmen einer Umstrukturierung nicht beanstandet hat, beruhte dies auf den besonderen Umständen des Einzelfalls, die mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar sind. Die Frage bedarf auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da es unabhängig davon an der erforderlichen Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit des Beigeladenen (§ 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 BRAO) und der anwaltlichen Prägung seiner Tätigkeit (§ 46 Abs. 3 BRAO) fehlt.

92. Einer Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt steht entgegen, dass die fachliche Unabhängigkeit seiner anwaltlichen Tätigkeit bei der T.  GmbH in Anbetracht seiner Stellung als Geschäftsführer der Gesellschaft nicht gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 BRAO gewährleistet ist.

10Nach § 46 Abs. 4 Satz 1 BRAO übt eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des § 46 Abs. 3 BRAO nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts ist gemäß § 46 Abs. 4 Satz 2 BRAO vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten. Das ist hier nicht der Fall, da es aufgrund der gesellschafts- und organrechtlichen Weisungsgebundenheit des Beigeladenen als GmbH-Geschäftsführer (§ 37 GmbHG) an der gebotenen vertraglichen Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit fehlt (vgl. BayAGH, Urteil vom BayAGH I - 5 - 13/19, juris Rn. 103 ff.; offengelassen in AnwZ (Brfg) 22/17, juris Rn. 19 f.).

11a) Als Geschäftsführer einer GmbH ist der Beigeladene gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang seiner Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Danach hat er grundsätzlich Weisungen der Gesellschafterversammlung - sei es im Einzelfall oder als allgemeine Richtlinie - zu jeder Geschäftsführerangelegenheit zu befolgen, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung enthält (vgl. nur BGH, Urteil vom14. Dezember 1959 - II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 278; OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 1476, 1477 f.; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 37 GmbHG Rn. 11 f. mwN). Eine gesetzliche Ausnahme betreffend anwaltlich tätige Geschäftsführer besteht nur für die Rechtsanwalts-GmbH, bei der Einflussnahmen der Gesellschafter, namentlich durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, auf die anwaltliche Berufsausübung ihres Geschäftsführers nach § 59f Abs. 4 BRAO unzulässig sind. Für die "normale" GmbH ist die Unzulässigkeit entsprechender Weisungen dagegen nicht gesetzlich festgeschrieben (vgl. AnwZ (Brfg) 22/17, juris Rn. 17 f.).

12b) Diese gesellschafts- bzw. organrechtliche Weisungsgebundenheit des Beigeladenen ist durch die Vereinbarungen in seinem Dienstvertrag und seiner Tätigkeitsbeschreibung zur Weisungsfreiheit bei anwaltlichen Tätigkeiten nicht aufgehoben.

13aa) Zwar enthält § 1 Nr. 2 i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 des Dienstvertrags vom 22./ die Vereinbarung, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausübt. In Abschnitt II. ("Fachliche Unabhängigkeit") seiner Tätigkeitsbeschreibung vom ist zudem angegeben, dass er keinen allgemeinen oder konkreten Weisungen in fachlichen Angelegenheiten unterliegt, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung beeinträchtigen, ihm gegenüber keine Vorgaben zur Art und Weise der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen bestehen und er fachlich eigenverantwortlich arbeitet. Nach Abschnitt V. der Tätigkeitsbeschreibung werden diese Angaben Bestandteil des "Arbeitsvertrages" des Beigeladenen und sind eventuell anderslautende Bestimmungen zu seiner Weisungsgebundenheit bezogen auf die anwaltliche Tätigkeit aufgehoben. Aufgehoben ist damit insbesondere § 1 Nr. 4 des Dienstvertrages, wonach der Beigeladene insofern weisungsgebunden sein soll, als er Beschlüsse der Gesellschafterversammlung oder des Gesellschafterausschusses auszuführen hat, soweit Vereinbarungen in diesem Vertrag oder gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen.

14bb) Diese schuldrechtlichen Regelungen im Dienstvertrag des Beigeladenen ändern aber nichts an seiner gesellschafts- bzw. organrechtlichen Weisungsgebundenheit als Geschäftsführer nach § 37 GmbHG.

15(1) Der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers ist grundsätzlich nachrangig zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis, weswegen dienstvertragliche Abreden grundsätzlich nicht in die gesetzliche oder statutarische Ausgestaltung des Organverhältnisses eingreifen dürfen (vgl. , WM 2010, 1321 Rn. 8). Etwaige dienstvertraglich vereinbarte Weisungsverbote wirken danach lediglich schuldrechtlich, begrenzen aber nicht die gesellschafts- bzw. organrechtliche Pflicht zur Befolgung von Weisungen, es sei denn, die Beschränkung wird - entsprechend der Vorgabe des § 37 Abs. 1 GmbHG - zusätzlich in den Gesellschaftsvertrag (die Satzung) aufgenommen. Weisungen der Gesellschafterversammlung muss der Geschäftsführer mithin auch dann beachten, wenn diese in Widerspruch zu seinem Anstellungsvertrag stehen (vgl. AnwZ (Brfg) 22/17, juris Rn. 19; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. zu § 6 Rn. 13 ff.; Lenz in Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 24; Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 37 GmbHG Rn. 12; Jaeger/Steinbrück in MünchKommGmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 274;Baukelmann in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 37 Rn. 28;Hohenstatt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 35 Rn. 320; OLG Düsseldorf, ZIP 1984, 1476, 1477 f.; OLG Karlsruhe, NZG 2011, 987, 989 f.).

16(2) Dass der Gesellschaftsvertrag der T.  GmbH eine Aufhebung dieser gesellschafts- bzw. organrechtlichen Weisungsunterworfenheit des Beigeladenen oder eine sonstige Regelung zur Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit enthalte, ist nicht dargetan.

17Entgegen der Ansicht des Beigeladenen ergibt sich eine hinreichende, einem satzungsmäßigen Ausschluss seiner Weisungsgebundenheit gleichstehende vertragliche Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit auch nicht daraus, dass sein Dienstvertrag von dem Vorsitzenden des Gesellschafterausschusses der Gesellschaft und seinem Stellvertreter unterzeichnet wurde. Auch wenn der Gesellschafterausschuss - wie der Beigeladene vorträgt - bei der B.      Unternehmensgruppe die Funktion der Gesellschafterversammlung wahrnimmt und die Gesellschafter ihre Befugnisse so weit wie gesetzlich möglich auf ihn delegiert haben, bleibt die Befugnis zur Satzungsänderung als unveräußerliche Kompetenz immer noch bei der Gesellschafterversammlung (vgl.Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl., § 45 Rn. 4; Schneider/Seyfarth in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 52 Rn. 98; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 45 Rn. 10). Auch der Abschluss des Dienstvertrages durch den Vorsitzenden des Gesellschafterausschusses vermag daher die fachliche Unabhängigkeit des Beigeladenen nicht mit der erforderlichen Satzungsqualität (gesellschafts-)vertraglich zu gewährleisten.

18c) Dagegen macht der Beigeladene ohne Erfolg geltend, dass ihm tatsächlich bislang noch keine Weisung nach § 37 GmbHG erteilt worden sei, keine Anhaltspunkte für eine künftige Erteilung bestünden und entsprechende Weisungen zudem eine Verletzung seines Dienstvertrages darstellen würden, die ihn nach verbreiteter Meinung zur fristlosen Kündigung, ggf. mit Schadensersatzansprüchen nach § 628 Abs. 2 BGB, berechtigten (vgl. nur Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 37 GmbHG Rn. 11 f.; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. § 6 Rn. 16; Baukelmann in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 37 Rn. 28; OLG Karlsruhe, NZG 2011, 987, 989). Auch wenn die fachliche Unabhängigkeit der anwaltlichen Tätigkeit des Beigeladenen im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses tatsächlich gelebt werden sollte, ändert dies nichts an der fehlenden vertraglichen Gewährleistung.

19In diesem Zusammenhang weist der Beigeladene zwar zutreffend darauf hin, dass allein die theoretische Möglichkeit einer Einflussnahme auf die anwaltliche Tätigkeit durch missbräuchliche Versetzung oder Kündigung durch den Arbeitgeber die fachliche Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit im Sinne von § 46 Abs. 3 und 4 BRAO nach der Rechtsprechung des Senats nicht ausschließt (vgl. AnwZ (Brfg) 77/18, juris Rn. 24; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 11/19, juris Rn. 16). Die Möglichkeit der missbräuchlichen Wahrnehmung eines Versetzungs- oder Kündigungsrechts ist jedoch mit der Möglichkeit einer gegen den Anstellungsvertrag verstoßenden, nach § 37 GmbHG aber dennoch vorrangigen Weisung der Gesellschafterversammlung nicht vergleichbar. Ohne satzungsmäßige Verankerung der Weisungsfreiheit ist die organschaftliche Weisungsgebundenheit immanenter Bestandteil der Stellung als Geschäftsführer der Gesellschaft. Dementsprechend ist die Ausübung des gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechts nach § 37 GmbHG trotz im Anstellungsvertrag vereinbarter Weisungsfreiheit auch - anders als die missbräuchliche Ausübung des Versetzungs- oder Kündigungsrechts durch den Arbeitgeber - nicht rechtsunwirksam, sondern vom Geschäftsführer der Gesellschaft grundsätzlich zu befolgen. Es handelt sich damit um eine bereits in der Geschäftsführerstellung angelegte Möglichkeit einer arbeitgeberseitigen Beeinträchtigung der fachlichen Unabhängigkeit, die in dieser Form bei anderen Beschäftigungsverhältnissen nicht besteht.

20d) Die im Weiteren von der Beklagten und dem Beigeladenen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände sind nicht begründet. Insbesondere verstößt die Versagung der Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG.

21aa) Das Grundrecht der Berufsfreiheit wird durch Art. 12 Abs. 1 GG zwar umfassend geschützt (vgl. nur BVerfGE 135, 90 Rn. 58 mwN; Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 33/16, NJW 2017, 1681 Rn. 47), durch die Versagung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für einen GmbH-Geschäftsführer wegen fehlender vertraglicher Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit aber nicht verletzt.

22(1) Für den Beigeladenen folgt dies bereits daraus, dass er schon als Rechtsanwalt nach § 4 BRAO zugelassen ist und zudem nicht ersichtlich ist, dass er durch die Nichtzulassung als Syndikusrechtsanwalt in seiner Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer der T.  GmbH behindert wird. Nach seinen Angaben soll er als Mitglied der Geschäftsführung in hervorgehobener Stellung mit der entsprechenden Durchsetzungskraft die steuerlichen und rechtlichen Geschicke der B.      Unternehmensgruppe leiten. Inwiefern es hierfür gerade einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bedarf, haben der Beigeladene und die Beklagte nicht dargetan und ist auch im Übrigen nicht zu erkennen. Allein der Umstand, dass der Beigeladene - wie er geltend macht - seine Tätigkeit ohne die beantragte Zulassung nicht wie vertraglich vereinbart unter der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)" ausüben kann, reicht dafür ersichtlich nicht aus. Dem Beigeladenen steht es vielmehr frei, die ihm übertragenen Aufgaben als Geschäftsführer auch ohne Zulassung als Syndikusrechtsanwalt (und entsprechende Berufsbezeichnung) - im Rahmen des Rechtsdienstleistungsgesetzes - zu erfüllen.

23Soweit der Beigeladene mit der von ihm beantragten zusätzlichen Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der T.   GmbH im Kern eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 SGB VI anstreben sollte, bewirkt die Versagung der Zulassung ebenfalls keine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG oder eines sonstigen Grundrechts des Beigeladenen. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, ist es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geboten, dem Betroffenen die aus seiner Sicht optimale Altersversorgung zukommen zu lassen (BVerfG, NZS 2005, 253 f.). Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG wird durch die Begründung einer Rentenpflichtversicherung nicht berührt (vgl. BVerfGE 75, 108, 153 f.), da der Gesetzgeber - mangels eines unmittelbar berufsregelnden Charakters der entsprechenden Vorschriften des SGB VI - hierdurch weder die Wahl noch die Ausübung des Berufs steuert (vgl. BVerfG, NVwZ-RR 2007, 683; Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 79 mwN).

24(2) Unabhängig davon verstößt aber auch die Versagung der Syndikuszulassung eines noch nicht als Rechtsanwalt nach § 4 BRAO zugelassenen Fremdgeschäftsführers einer GmbH wegen fehlender vertraglicher (satzungsmäßiger) Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit gemäß § 46 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 BRAO nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Der damit verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Betroffenen ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

25In das durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (vgl. nur BVerfGE 135, 90 Rn. 57; BVerfGE 141, 82 Rn. 47; jeweils mwN). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

26(a) Eine ausreichende gesetzliche Grundlage ist hier mit der in § 46 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 BRAO enthaltenen Definition der fachlich unabhängigen Tätigkeit und der Erforderlichkeit ihrer vertraglichen und tatsächlichen Gewährleistung gegeben. Danach bedarf es - wie oben ausgeführt - bei einem Geschäftsführer einer GmbH im Hinblick auf § 37 GmbHG einer satzungsmäßigen Verankerung seiner fachlichen Unabhängigkeit.

27Dagegen macht der Beigeladene ohne Erfolg geltend, dass bis zur Einführung der §§ 46 ff. BRAO für die Zulassung eines GmbH-Geschäftsführers als Syndikusrechtsanwalt ein satzungsmäßiger Ausschluss der Weisungsbefugnis aus § 37 GmbHG in fachlichen Angelegenheiten nicht erforderlich gewesen sei und der Gesetzgeber bei der Neuregelung den bisherigen Status quo habe beibehalten wollen. Dass die organschaftliche Weisungsgebundenheit nach § 37 GmbHG von dem Verbot einer fachlichen Weisungsgebundenheit nach § 46 Abs. 4 BRAO ausgenommen sein sollte, ist weder dem Wortlaut der Regelung, noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Zutreffend ist, dass mit der Neuregelung "eine weitgehende Übereinstimmung" des Personenkreises, der künftig als Syndikusrechtsanwalt zugelassen wird, mit dem Personenkreis, der bisher nach der Praxis der Klägerin von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit wurde, hergestellt bzw. "weitestgehend" der bisherige Status quo aufrechterhalten werden sollte (Fraktionsentwurf zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom , BT-Drucks. 18/5201, S. 2, 22 f.). Aus dem Ziel einer "weitgehenden Übereinstimmung" folgt jedoch nicht, dass deswegen auch die bisherige Zulassungspraxis in jeder Hinsicht unverändert fortgeschrieben werden sollte. Das gilt insbesondere für die Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit der Syndikusrechtsanwälte, der nach den Gesetzesmaterialien als Kernelement der anwaltlichen Tätigkeit eine besondere Bedeutung zukommt (siehe Fraktionsentwurf zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom , BT-Drucks. 18/5201, S. 18, 20, 26, 28 ff.). In Anbetracht dieser besonderen Bedeutung wäre eine ausdrückliche Klarstellung, sei es in der gesetzlichen Neuregelung oder in den Materialien, zu erwarten gewesen, hätte der Gesetzgeber insoweit eine Ausnahme für die organschaftliche Weisungsunterworfenheit nach § 37 GmbHG vorsehen wollen. Das gilt umso mehr, wenn ein als Syndikus tätiger GmbH-Geschäftsführer - wie der Beigeladene geltend macht - im Zeitpunkt der Neuregelung gelebte ständige Praxis gewesen sein sollte.

28(b) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt.

29(aa) Die Versagung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei fehlender Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit gemäß § 46 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 BRAO betrifft entgegen der Ansicht des Beigeladenen nicht die Berufswahl, sondern die Freiheit der Berufsausübung. §§ 46 ff. BRAO regeln die Voraussetzungen für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt als besondere Form der Ausübung des einheitlichen Berufs des Rechtsanwalts. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich um "Berufsausübungsregelungen", die der Sicherung der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte als einem Organ der Rechtspflege gegen denkbare Gefährdungen dienen sollen (Fraktionsentwurf zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom , BT-Drucks. 18/5201, S. 19, 20).

30(bb) An eine Einschränkung der Berufsausübung sind geringere Anforderungen zu stellen als an eine Einschränkung der Berufswahl (vgl. nur Gaier in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., Art. 12 GG Rn. 3, 43 ff.; Burghart in Leibholz/Rinck, GG, 79. Lieferung 10.2019, Art. 12 Rn. 296 mwN). Um den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen zu können, genügt es, wenn die vom Gesetzgeber verfolgten Gemeinwohlziele auf vernünftigen Erwägungen beruhen, das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist, der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit den Berufstätigen mithin nicht übermäßig oder unzumutbar trifft (vgl. BVerfGE 103, 1, 10; 141, 82 Rn. 52 f.; , WM 2014, 1775 Rn. 21; Senatsurteil vom - AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 85 mwN). Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen sind hier erfüllt.

31Mit der Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des angestellten Rechtsanwalts als Kernelement der anwaltlichen Tätigkeit (vgl. Fraktionsentwurf zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom , BT-Drucks. 18/5201, S. 18, 20, 26, 28 ff.) verfolgt der Gesetzgeber mit Blick auf das übergeordnete Gemeinwohlziel einer funktionierenden Rechtspflege einen legitimen Zweck (vgl. Senatsurteil vom - AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 87; BVerfGE 117, 163, 182). In Anbetracht der besonderen Bedeutung der fachlichen Unabhängigkeit des Berufs des Rechtsanwalts begegnet es auch keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber diesbezüglich bei einem in einem Unternehmen eingegliederten Syndikusrechtsanwalt ein (noch) höheres gesetzliches Schutzbedürfnis angenommen hat als bei selbständig (§ 4 BRAO) oder als Angestellte anwaltlicher Arbeitgeber (§ 46 Abs. 1 BRAO) tätigen Rechtsanwälten und deswegen für Syndikusrechtsanwälte die Gewährleistung ihrer fachlichen Unabhängigkeit als Zulassungsvoraussetzung normiert hat. Das gilt insbesondere für einen Fremdgeschäftsführer einer GmbH, bei dem bereits aufgrund der in seiner organschaftlichen Stellung angelegten vorrangigen Weisungsgebundenheit gemäß § 37 GmbHG eine besondere Möglichkeit der Einflussnahme auf seine Berufsausübung auch bei anwaltlichen Tätigkeiten besteht. An der Vernünftigkeit dieser Erwägung und der Geeignetheit des gewählten Mittels besteht kein Zweifel. Auch die Erforderlichkeit ist zu bejahen, da ein milderes Mittel zur Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwalts nicht zu erkennen ist.

32Schließlich ist dieser Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit auch zumutbar. Dem für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber tätigen (Unternehmens-)Juristen steht es frei, seinen Beruf auch ohne Zulassung nach §§ 46 ff. BRAO - im Rahmen des Rechtsdienstleistungsgesetzes - auszuüben. Dass das Berufsbild eines GmbH-Geschäftsführers zwingend die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfordern würde, ist nicht ersichtlich.

33bb) Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

34Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. nur BVerfG, NJW 2017, 876 Rn. 18 mwN; Senatsurteil vom - AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 93). Wie oben ausgeführt, besteht bei einem Syndikusrechtsanwalt im Hinblick auf sein Arbeitsverhältnis bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber eine höhere Gefahr für seine fachliche Weisungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit als bei einem selbständig oder bei einem anwaltlichen Arbeitgeber tätigen Rechtsanwalt. Dies rechtfertigt insbesondere auch bei dem nach § 37 GmbHG weisungsgebundenen Geschäftsführer einer GmbH die für ihn geltende besondere Zulassungsvoraussetzung des § 46 Abs. 4 BRAO.

35e) Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt trotz seiner Weisungsgebundenheit nach § 37 GmbHG rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

36Der Senat hat solche besonderen Umstände bislang in einem Fall bejaht, in dem ein leitender Angestellter im Rahmen einer Umstrukturierung ohne Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrags lediglich vorübergehend zum Mitgeschäftsführer bestellt und seine Tätigkeitsbeschreibung mit der Zusicherung seiner fachlichen Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit bei anwaltlichen Tätigkeiten von der alleinigen Gesellschafterin der GmbH unterzeichnet worden war. Zudem hatten die Beteiligten die syndikusrechtsanwaltliche Tätigkeit des Antragstellers stets getrennt von seiner (zeitweisen) Mitgeschäftsführerstellung behandelt. In Anbetracht dieser Umstände hat der Senat es als fernliegend angesehen, dass die alleinige Gesellschafterin ihr Weisungsrecht aus § 37 GmbHG bezüglich der Geschäftsführung instrumentalisieren würde, um Einfluss auf die syndikusrechtsanwaltliche Tätigkeit des Antragstellers auszuüben (Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 22/17, juris Rn. 20).

37Vergleichbare Umstände liegen hier nicht vor. Der Beigeladene hat mit der T.  GmbH ausdrücklich einen Dienstvertrag über seine Anstellung als ordentlicher Geschäftsführer geschlossen. Er wurde auch nicht nur vorübergehend im Zuge einer Umstrukturierung, sondern auf Dauer und mit umfassenden Geschäftsführerbefugnissen bestellt. Sein Dienstvertrag wurde ebenso wie seine Tätigkeitsbeschreibung nicht von einem alleinigen Gesellschafter der T.  GmbH unterzeichnet. Einen Alleingesellschafter gibt es bei der T.   GmbH nicht; Gesellschafter sind nach den Angaben des Beigeladenen die T.        GmbH & Co. KG zu 75 % sowie Gesellschafter der T.       GmbH & Co. KG und die Dr. H.   S.    Stiftung. Schließlich ist auch nach der Darstellung des Beigeladenen nicht von einer getrennten Behandlung seiner Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt und seiner Tätigkeit als Geschäftsführer auszugehen.

383. Außerdem wird das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen bei der T.  GmbH nicht, wie nach § 46 Abs. 3 BRAO erforderlich, durch anwaltliche Tätigkeiten für seine Arbeitgeberin geprägt.

39a) Nach § 46 Abs. 3 BRAO wird das Arbeitsverhältnis des Syndikusrechtsanwalts durch die in Nr. 1 bis 4 der Vorschrift näher beschriebenen anwaltlichen Tätigkeiten geprägt. Die anwaltlichen Tätigkeiten müssen folglich quantitativ und qualitativ den ganz eindeutigen Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses eines Syndikusrechtsanwalts-Bewerbers darstellen (vgl. Fraktionsentwurf zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte vom ,BT-Drucks. 18/5201, S. 29). Dabei liegt ein Anteil von 65 % anwaltlicher Tätigkeit am unteren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses Erforderlichen (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 63/17, NJW 2019, 3649 Rn. 18; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 11/19,juris Rn. 6).

40b) Diesen Anforderungen an eine anwaltliche Prägung genügt die Tätigkeit des Beigeladenen bei der T.  GmbH nicht, da der Schwerpunkt seiner Beschäftigung nicht in seinen anwaltlichen Aufgaben, sondern in der geschäftsführenden Leitung des ihm übertragenen Geschäftsbereichs durch Gestaltung und Umsetzung der strategischen und wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens liegt.

41aa) Nach den vorliegenden Unterlagen und Angaben des Beigeladenen übt er zwar auch anwaltliche Tätigkeiten im Sinne von § 46 Abs. 3 BRAO aus.

42So berät er laut Anlage 1 Nr. 2 zu seinem Dienstvertrag und Abschnitt II. seiner Tätigkeitsbeschreibung die übrigen Geschäftsführer der B.       Holding GmbH sowie die Geschäftsführungen und Organe ihrer Tochterunternehmen in rechtlichen und steuerrechtlichen Angelegenheiten, schwerpunktmäßig in den Bereichen Gesellschaftsrecht sowie M&A. Hierfür analysiert und prüft er die in seinen Verantwortungsbereich fallenden Sachverhalte unter rechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten, entwickelt und bewertet Handlungsoptionen und stellt diese seinen Ansprechpartnern vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage mündlich und schriftlich dar (§ 46 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BRAO). Da sich diese Beratung auch auf die B.       Holding GmbH und insbesondere deren Tochterunternehmen erstreckt, greift jedenfalls insoweit die Annahme des Anwaltsgerichtshofs nicht, ein Geschäftsführer könne sich nicht selbst Rechtsrat gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 2 BRAO erteilen (vgl. Senat, Urteil vom - AnwZ (Brfg) 22/17, juris Rn. 11). Außerdem entwirft der Beigeladene in seinem Aufgabengebiet sämtliche Dokumente bzw. Verträge, die für vorgesehene Maßnahmen erforderlich sind, führt Vertragsverhandlungen mit den jeweiligen Geschäftspartnern (§ 46 Abs. 3 Nr. 3 BRAO) und ist zur Außenvertretung befugt (§ 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO). Schriftsätzlich hat der Beigeladene zudem eine ausführliche exemplarische Beschreibung von ihm bislang anwaltlich bearbeiteter Sachverhalte gegeben.

43bb) Daneben obliegen dem Beigeladenen jedoch im Wesentlichen nichtanwaltliche geschäftsführende Aufgaben, die die Lenkung und Leitung des Unternehmens durch dessen strategische und unternehmerische Ausrichtung unter rechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten zum Gegenstand haben.

44(1) Nach § 1 Nr. 1 des Dienstvertrages ist der Beigeladene innerhalb des Geschäftsfelds II zuständig für die Bereiche Beteiligungsmanagement und Steuern sowie für ausgewählte M&A-Projekte. Ergänzend dazu hat er angegeben, dass er nach der Geschäftsordnung der Gesellschaft das Ressort B: Führung KG-Geschäftsfeld II (Sonstige Beteiligungen) verantwortet, wozu die Aufgabenbereiche Beteiligungsmanagement/Strategie, Steuern, Recht und Compliance des Geschäftsfelds II sowie die Steuern und das Recht der KG - ausgenommen deren Anteilseigner - gehören. Seine Tätigkeit - so der Beigeladene - beschränke sich auf das Recht und die Steuern der T.       GmbH & Co. KG sowie auf die B.       Holding GmbH und ihr Beteiligungsportfolio, wobei die B.      Holding GmbH als Finanzholding selbst nicht operativ tätig sei, sondern nur mittelbar durch Vorgabe von finanziellen Zielgrößen, durch die Zuteilung von finanziellen Mitteln und durch die Besetzung der obersten Leitungspositionen Einfluss auf die Beteiligungsgesellschaften nehme.

45Auch wenn die Tätigkeit des Beigeladenen sich danach nicht auf das operative Tagesgeschäft der einzelnen Beteiligungsgesellschaften erstreckt, ergibt sich daraus, dass er für die T.  GmbH bzw. die B.      Holding GmbH und deren Tochterunternehmen nicht nur in rechtsberatender und unterstützender Funktion tätig, sondern in dem ihm übertragenen Geschäftsfeld in einem erheblichen Umfang auch mit geschäftsführenden Leitungs-, Organisations- und strategischen Planungsaufgaben betraut ist.

46(2) Diese geschäftsführende Leitungsfunktion des Beigeladenen ist auch der Aufgabenbeschreibung seiner "Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt" in Anlage 1 Nr. 2 zum Dienstvertrag zu entnehmen. Danach soll der Beigeladene durch seine Beratung die strategische Ausrichtung und Struktur der B.      Holding GmbH und ihrer Tochterunternehmen mit Blick auf rechtliche und steuerliche Vorgaben und Entwicklungen prägen, d.h. unternehmensgestaltend tätig werden. Außerdem entscheidet er auf Basis der von ihm vorgenommenen rechtlichen Prüfung und Bewertung von möglichen Handlungsoptionen selbst darüber bzw. nimmt maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung, wie rechtliche und steuerliche Vorgaben in der B.       Holding GmbH sowie deren Tochterunternehmen umgesetzt werden. Insbesondere im Bereich M&A zählt zudem die Umsetzung der strategischen und wirtschaftlichen Zielvorgaben zu seinen Aufgaben.

47(3) Schließlich obliegen einem GmbH-Geschäftsführer neben der eigentlichen Geschäftsführungstätigkeit auch noch weitere nichtanwaltliche Aufgaben, wie die Buchführung (§ 41 GmbHG), Einberufung der Gesellschafterversammlung (§ 49 GmbHG), steuerliche Pflichten (§ 34 AO), Registeranmeldungen (§ 78 GmbHG) und Arbeitgeberpflichten. Soweit mehrere Geschäftsführer bestellt sind, besteht entsprechend § 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG grundsätzlich Gesamtgeschäftsführung; bei einer Ressortverteilung sind sie aufgrund ihrer Gesamtverantwortung für die Geschäftsführung zu einer beobachtenden Kontrolle der anderen Geschäftsführer verpflichtet (vgl. Oetker in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 37 GmbHG Rn. 4 mwN). Auch wenn der Beigeladene als Geschäftsführer bei der T.   GmbH nach seinen Angaben nur für die von ihm aufgelisteten Aufgaben des Geschäftsfelds II zuständig ist, entbindet ihn das mithin nicht von der Abstimmung mit den übrigen Geschäftsführern und deren Kontrolle. Selbst wenn die hierfür stattfindenden wöchentlichen Bereichsleitermeetings mit den anderen beiden Geschäftsführern der B.     Holding GmbH - wie der Beigeladene geltend macht - in der Regel auch nicht mehr als 30 Minuten ausmachen mögen, hat er auch hierauf einen Teil seiner Arbeitszeit von (nur) zwei Arbeitstagen pro Woche zu verwenden.

48cc) In der Gesamtschau ergibt sich daraus, dass die anwaltlichen Tätigkeiten nicht quantitativ und qualitativ den eindeutigen Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen bilden, sondern lediglich ein zwar durchaus erheblicher, gleichwohl aber nicht prägender Bestandteil der ihm als Geschäftsführer übertragenen Leitungs- und Lenkungsaufgaben sind.

49Die Angaben im Dienstvertrag des Beigeladenen geben keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. So ist der dortigen Angabe, der Anteil seiner beratenden Tätigkeit betrage "mehr als 50%" der ihm insgesamt übertragenen Aufgaben, bereits nicht zu entnehmen, dass seine anwaltliche Tätigkeit aus Sicht der Vertragsbeteiligten überhaupt den Anteil von 65 % erreichen sollte, der nach der Rechtsprechung des Senats am unteren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses Erforderlichen liegt (vgl. Senat, Urteil vom30. September 2019 - AnwZ (Brfg) 63/17, NJW 2019, 3649 Rn. 18; Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 11/19, juris Rn. 6). Gleiches gilt für die Angabe in der Tätigkeitsbeschreibung des Beigeladenen, der Anteil nichtanwaltlicher Tätigkeiten mache 40 % der ihm übertragenen Aufgaben aus.

50Soweit der Beigeladene dazu im Laufe des Verfahrens vorgetragen hat, bei der damaligen Angabe habe es sich um eine Schätzung vor Beginn seiner Tätigkeit gehandelt, tatsächlich betrage der zeitliche Anteil seiner anwaltlichen Tätigkeiten deutlich mehr als 75 %, ist dies angesichts des oben dargelegten Inhalts und Umfangs der ihm übertragenen nichtanwaltlichen Geschäftsführeraufgaben nicht überzeugend. Zwar sind die von ihm exemplarisch geschilderten anwaltlichen Tätigkeiten durchaus komplex und dürften auch einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand beansprucht haben. Es erschließt sich aber bereits nicht, wie der Beigeladene bei einem Anteil anwaltlicher Tätigkeiten von 75 % die ihm daneben unverändert obliegenden umfangreichen nichtanwaltlichen Aufgaben erledigen sollte. Hinzu kommt, dass der Beigeladene nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof bei der Prüfung und Bewertung steuerlicher und gesellschaftsrechtlicher Fragen nicht nur durch die Fachabteilungen des Unternehmens unterstützt wird, sondern auch durch Großkanzleien in Bo.  und D.       , wodurch sich sein eigener Arbeits- und Zeitaufwand für diese anwaltlichen Aufgaben erheblich reduziert.

51Insgesamt teilt der Senat daher die Bewertung des Anwaltsgerichtshofs, dass das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen schwerpunktmäßig von seinen nichtanwaltlichen Tätigkeiten als Geschäftsführer in seiner unternehmerischen Funktion, gerichtet auf die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks und Umsetzung der strategischen und wirtschaftlichen Zielvorgaben durch Ausrichtung und Struktur des Unternehmens unter Berücksichtigung rechtlicher und steuerlicher Gesichtspunkte, geprägt ist. Dies zeigt letztlich auch der eigene Vortrag des Beigeladenen, er sei als Geschäftsführer bestellt und angestellt worden, weil er nicht nur als Rechtsberater von außen in die B.      Unternehmensgruppe habe hineinwirken, sondern von innen heraus habe tätig werden und "in hervorgehobener Stellung mit der entsprechenden Durchsetzungskraft als Mitglied der Geschäftsführung die steuerlichen und rechtlichen Geschicke der B.      Unternehmensgruppe lenken" sollen.

II.

52Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO; die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 194 Abs. 2 Satz 2 BRAO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:071220UANWZ.BRFG.17.20.0

Fundstelle(n):
DStR 2021 S. 14 Nr. 6
NJW 2021 S. 629 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 13/2021 S. 893
VAAAH-71195