BGH Beschluss v. - 5 StR 435/20

Strafverfahren wegen Betäubungsmitteldelikten: Vermögensabschöpfung hinsichtlich des aus einem Tauschgeschäft erlangten Rauschgifts

Gesetze: § 33 BtMG, § 73 StGB, §§ 73ff StGB, § 73c StGB, § 74 Abs 2 StGB

Instanzenzug: LG Dresden Az: 425 Js 40290/19 (2) - 16 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freisprechung im Übrigen – wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung von Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Dresden vom , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.850 € angeordnet. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen zu dem vom Landgericht unter II.2 und II.3 der Urteilsgründe dargestellten zweiten Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge übergab der Angeklagte dem gesondert Verfolgten G.         Ende September/Anfang Oktober 2018 500 Gramm Marihuana und beauftragte ihn, dieses Rauschgift bei einem polnischen Drogenhändler gegen 100 Gramm Methamphetamin („Crystal“) durchschnittlicher Qualität zu tauschen. G.         , bei dem der Angeklagte schon in der Vergangenheit Rauschgift zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestellt hatte, führte das in Polen erworbene Crystal in das Bundesgebiet ein und übergab ihm davon bis zum mindestens 72 Gramm. Nachdem G.         am verhaftet worden war, trat der mit ihm seinerseits in einer Lieferbeziehung stehende Zeuge K.     an seine Stelle, um für ihn seine noch nicht abgeschlossenen Drogengeschäfte zu Ende zu führen. In Bezug auf die Fehlmenge, die dem Angeklagten aus der mit dem Tauschgeschäft verbundenen Drogenbestellung noch verblieben war, übergab ihm K.    , ohne von ihm eine weitere Gegenleistung zu erhalten, weitere fünf Gramm Crystal.

32. Soweit das Landgericht bei dieser Tat den Angeklagten tateinheitlich auch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt hat, hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4Bei den von K.     an den Angeklagten übergebenen fünf Gramm Crystal handelte es sich – wie auch das Landgericht bei seiner konkurrenzrechtlichen Bewertung im Ansatz nicht verkannt hat – um eine Nachlieferung auf die noch fehlende Restmenge aus der Rauschgiftbestellung des Angeklagten bei G.         . Aufgrund dieser Verknüpfung stellte die Nachlieferung lediglich einen unselbständigen Teilakt des bereits zuvor zwischen dem Angeklagten und G.          verabredeten Gesamtgeschäfts über 100 Gramm Methamphetamin dar. Mit ihrer Absprache war der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mithin bereits erfüllt. Dementsprechend handelt es sich bei den Teillieferungen von 72 Gramm und fünf Gramm Methamphetamin um eine Bewertungseinheit (vgl. mwN).

53. Der Senat hat den Schuldspruch deshalb neu gefasst; § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

6Das Entfallen der tateinheitlichen Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln stellt den Strafausspruch in diesem Fall nicht in Frage. Zwar hat das Landgericht bei der Zumessung der Einzelstrafe mit missverständlicher Formulierung angenommen, der Nachlieferung von fünf Gramm Methamphetamin komme ein eigener Unrechtsgehalt zu. Es hätte aber auch bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Beurteilung dieses Teilaktes in seine Strafzumessungsüberlegungen jedenfalls einstellen dürfen, dass dem Angeklagten über die – seine Strafbarkeit wegen Betäubungsmittelhandels bereits begründende – Beauftragung des Tauschgeschäfts über 100 Gramm Methamphetamin hinaus tatsächlich 77 Gramm durch zwei Teillieferungen zugeflossen sind. Der Senat schließt deshalb aus, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Bewertung eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte.

74. Die auf § 73c StGB gestützte Einziehungsanordnung hat im Ergebnis Bestand.

8Das Landgericht hat das vom Angeklagten bei der vorgenannten Tat erlangte Methamphetamin als Tatertrag angesehen. Dabei hat es verkannt, dass dieses als Tatobjekt (§ 74 Abs. 2 StGB) nur der Einziehung nach § 33 BtMG, nicht aber einer Einziehung nach § 73 StGB unterlegen hätte. Damit scheidet hinsichtlich dieses Beziehungsgegenstandes auch die ersatzweise Anordnung einer Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c StGB aus, die nur an Stelle der Einziehung nach § 73 StGB in Betracht kommt (schon zum Ausschluss einer Vermögensabschöpfung bezüglich erworbener Betäubungsmittel nach §§ 73, 73a StGB aF , NStZ-RR 2002, 208, 209; vom – 2 StR 67/10, NStZ 2011, 100 mwN; siehe auch Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 33 Rn. 173; zum Geldwäscheobjekt nach alter und neuer Rechtslage vgl. , NJW 2019, 2182, 2183).

9Nach den Feststellungen des Landgerichts handelte der Angeklagte jedoch mit Crystal, und auch das Rauschgift, das G.          ihm nach dem Tauschgeschäft in Polen liefern sollte, war für seinen gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist danach zu entnehmen, dass der Angeklagte die ihm insgesamt übergebenen 77 Gramm Crystal zu dem rechtsfehlerfrei ermittelten Mindestverkaufspreis von 50 € pro Gramm veräußert hat. Der vom Landgericht unter Heranziehung dieses Mindestverkaufspreises bestimmte Wert der vom Angeklagten erhaltenen Betäubungsmittel von 3.850 € entsprach somit dem von ihm mindestens erzielten Veräußerungserlös. Der Wert dieses Tatertrages war danach in der vom Landgericht angeordneten Höhe gemäß § 73c StGB einzuziehen.

105. Bei seiner Entscheidung über die Anordnung der Maßregel hat das Landgericht nicht bedacht, dass die Grundsätze der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 2 StGB Vorrang vor der Regelung des § 67f StGB haben (st. Rspr.; vgl. , BGHSt 30, 305, 306 ff., und vom – 4 StR 287/97, BGHR StGB § 64 Anordnung 4; Beschlüsse vom – 3 StR 406/10, NStZ-RR 2011, 105; vom – 5 StR 417/16, und vom – 1 StR 456/17, BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, Absehen 1). Deshalb war die Maßregel aus dem Urteil des Landgerichts Dresden vom aufrechtzuerhalten; die neuerlich angeordnete Maßregel hatte zu entfallen.

11Die nicht näher begründete Entscheidung des Landgerichts, keinen Vorwegvollzug eines Teils der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB anzuordnen, ist angesichts der vollstreckungsrechtlichen Besonderheiten im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn hier hat sich eine grundsätzlich auch bei bereits angelaufenen therapeutischen Maßnahmen aus einer früheren Maßregelanordnung neu zu treffende (vgl. BGH, Beschlüsse vom − 1 StR 456/17, aaO; vom − 4 StR 477/17, NStZ 2018, 526 f.; vom – 3 StR 243/18, NStZ-RR 2019, 208 f.) Anordnung über die Vollstreckungsreihenfolge von Strafe und Maßregel ausnahmsweise erübrigt, weil sich ein zulässiger Vorwegvollzug durch die über siebenmonatige Untersuchungshaft, die der Angeklagte in dem dem Urteil des Landgerichts Dresden vom zugrundeliegenden Verfahren erlitten hatte, bereits erledigt hat (vgl. , NStZ-RR 2009, 233; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 67 Rn. 9a mwN).

126. Da das unbeschränkte Rechtsmittel des Angeklagten nur zu einer geringen Änderung des angefochtenen Urteils führt, ist eine Kostenermäßigung nach § 473 Abs. 4 StPO nicht veranlasst.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:251120B5STR435.20.0

Fundstelle(n):
SAAAH-70133