Online-Nachricht - Donnerstag, 28.01.2021

Einkommensteuer / Verfahrensrecht | Umsetzung des § 6b EStG bei mitunternehmerbezogener Übertragung (BFH)

Der BFH hat das BMF zum Beitritt zu einem Verfahren aufgefordert, um zur Frage Stellung zu nehmen, in welcher Weise bei Übertragung eines Veräußerungsgewinns nach § 6b EStG auf anteilige Anschaffungs- und Herstellungskosten einer Personengesellschaft, an der der Veräußerer mitunternehmerisch beteiligt ist, nach den Vorgaben der AO die Entscheidung darüber getroffen werden muss, ob und ggf. wann und in welcher Höhe die Voraussetzungen für eine Bildung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG erfüllt sind, und ob und ggf. in welchem Umfang und auf welche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft der in die Rücklage eingestellte Gewinn übertragen werden kann (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger eine in seinem landwirtschaftlichen Betrieb nach der Veräußerung einer betrieblichen Grundstücksfläche im Wirtschaftsjahr 2001/2002 gebildete Rücklage nach § 6b EStG zum wirksam auf eine Beteiligung des Klägers an der Firma (KG) übertragen konnte.

Der GuE-Erklärung 2006 der KG lag hinsichtlich des Klägers eine Übertragung der nach § 6b EStG gebildeten Rücklage i. H. von 400.000 € zugrunde. Das FA führte im Prüfungsbericht 2011 aus, dass eine Übertragung von Rücklagen nach § 6b EStG bei einzelnen Gesellschaftern – unter anderem dem Kläger – nicht möglich sei, da der Rücklagenbildung eine Veräußerung zugrunde liege, die im Zeitraum nach dem und vor dem stattgefunden habe und daher eine andere Gesetzesfassung gelte. Diese lasse nur rechtsträgerbezogene Reinvestitionen zu.

Der Kläger ist der Auffassung, die Änderungsbescheide seien bereits wegen Unbestimmtheit nichtig. Ein Änderungsbescheid müsse, um inhaltlich hinreichend bestimmt zu sein, grundsätzlich den geänderten Bescheid erkennen lassen. Fehle die Klarstellung des Verhältnisses zwischen zwei Steuerbescheiden, bestehe darin ein besonders schwerwiegender Mangel gem. § 125 Abs. 1 AO (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 24.07.2020).

Das FG wies den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit als unbegründet, den Hilfsantrag auf Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids mangels Klagebefugnis als unzulässig ab ().

In diesem Zusammenhang weist der BFH auf Folgendes hin:

  • Für die Entscheidung des Streitfalls ist von Bedeutung, in welchem Festsetzungs- bzw. Feststellungsverfahren darüber zu befinden ist, ob und ggf. in welcher Höhe die Voraussetzungen für eine Bildung der Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG erfüllt sind, und ob und ggf. in welchem Umfang und auf welche Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens einer Mitunternehmerschaft, an der der Veräußerer beteiligt ist, der in die Rücklage eingestellte Gewinn übertragen werden konnte. § 6b EStG enthält hierzu keine Regelungen.

  • Es ist denkbar, die bindende Entscheidung sowohl über die Berechtigung zur Rücklagenbildung als auch zur wirksamen Übertragung in den Veranlagungsverfahren für den Betrieb des Veräußerers zu treffen. Denn das Wahlrecht zur Rücklagenbildung ist in diesem Betrieb auszuüben und nicht übertragene Gewinne sind Bestandteil des Gewinns dieses Betriebs. Soll der Gewinn auf Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft übertragen werden, wären die Einkommensteuerbescheide bzw. Gewinnfeststellungsbescheide im Jahr der Rücklagenbildung und im Jahr der freiwilligen oder wegen Fristablaufs zwingend notwendigen Auflösung der Rücklage Grundlagenbescheide für Feststellungsbescheide über den Gewinn der Personengesellschaft. Die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen in Bezug auf den Reinvestitionsbetrieb müsste sich das für den Veräußerungsbetrieb zuständige Finanzamt ggf. im Wege der Amtshilfe von dem für den Reinvestitionsbetrieb zuständigen Finanzamt beschaffen. Rechtsschutz könnte ausschließlich gegen die Grundlagenbescheide begehrt werden.

  • Denkbar ist auch, dass über die Berechtigung zur Rücklagenbildung und die freiwillige oder zwangsläufige Auflösung der Rücklage in Bescheiden betreffend den Veräußerungsbetrieb, über die Frage der Übertragung dem Grunde und der Höhe nach aber in Bescheiden für den Reinvestitionsbetrieb zu entscheiden ist. Die Bescheide könnten dann wechselbezüglich jeweils Grundlagen- und Folgebescheid sein. Rechtsschutz wäre jeweils dort zu gewähren, wo die Wirkung eines Grundlagenbescheids eintritt.

  • Schließlich ist in Betracht zu ziehen, dass über die Bildung der Rücklage und deren Übertragung sowohl in Verfahren betreffend den Veräußerungsbetrieb als auch in Verfahren betreffend den Reinvestitionsbetrieb eigenständig zu entscheiden ist. Die jeweiligen Bescheide stünden dann nicht in einem Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid und könnten sich materiell widersprechen. Rechtsschutz könnte gegen jeden dieser Bescheide umfassend begehrt werden, ohne allerdings Gewähr dafür bieten zu können, dass widersprüchliche Ergebnisse vermieden werden.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
ZAAAH-69770