BGH Beschluss v. - I ZB 13/20

Rechtsbeschwerdeverfahren bei Zurückweisung einer Markenanmeldung: Gehörsverletzung bei Nichtberücksichtigung eines Beweisangebots

Gesetze: § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 83 Abs 3 Nr 3 MarkenG, Art 103 Abs 1 GG

Instanzenzug: Az: 29 W (pat) 523/18 Beschluss

Gründe

1I. Der Anmelder hat die Bezeichnung

am zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet:

Klasse 11: Beleuchtungsanlagen; Beleuchtungsvorrichtungen; Neonlampen zur Beleuchtung;

Klasse 37: Installation von Beleuchtungsanlagen; Wartung von Beleuchtungsanlagen;

Klasse 43: Vermietung von Leuchtmitteln, nämlich Beleuchtungsanlagen, Beleuchtungsvorrichtungen und Neonlampen zur Beleuchtung; Vermietung von Beleuchtungsanlagen; Energie-Contracting, nämlich Vermietung energiesparender Beleuchtungsanlagen, wobei der Kunde zusätzlich zur Energieeinsparung eine Prämie vom Vermieter erhält.

2Mit Beschluss vom hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das Bundespatentgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er geltend macht, das Bundespatentgericht habe sein Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt.

3II. Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, der angemeldeten Bezeichnung "Lichtmiete" fehle es an der erforderlichen Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weshalb die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen habe. Das Anmeldezeichen werde als Kombination der Wortelemente "Licht" und "Miete" wahrgenommen. Beide Begriffe seien für sich genommen beschreibend. Das Wort Licht werde nicht nur in der Werbung und im allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch im fachsprachlichen Kontext mit dem Begriff der Beleuchtung gleichgesetzt. Durch die Zusammenfügung der Bestandteile gehe der beschreibende Charakter nicht verloren, sondern führe auch in der Gesamtheit zu einer Sachangabe. Die Wortkombination werde von den relevanten Verkehrskreisen als schlagwortartiger Hinweis auf ein Mietmodell für Beleuchtung verstanden. Dabei sei nicht entscheidend, ob es sich bei dem Anmeldezeichen um eine Wortneubildung handele, da auch Wortneubildungen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehen könne, wenn sie sprachüblich gebildet seien und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich sei, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen könnten. Dies sei hier der Fall.

4III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

51. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs und hat dies im Einzelnen begründet. Darauf, ob die Rügen durchgreifen, kommt es für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht an (st. Rspr.; vgl. nur , GRUR 2018, 111 Rn. 7 = WRP 2018, 197 - PLOMBIR; Beschluss vom - I ZB 101/19, juris Rn. 6, jeweils mwN).

62. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil der gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt. Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht verletzt der Anmelder nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG, Art. 103 Abs. 1 GG).

7a) Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs ist hingegen nicht verletzt, wenn das Gericht einen Parteivortrag zwar zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, daraus jedoch andere rechtliche Schlüsse gezogen hat als die vortragende Partei. Das Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde dient nicht der Überprüfung, ob die Entscheidung des Bundespatentgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht fehlerfrei ist (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2018, 111 Rn. 11 - PLOMBIR, mwN).

8b) Vergeblich rügt die Rechtsbeschwerde daher, das Bundespatentgericht habe den Kern des Vortrags des Anmelders übergangen, wonach sich aus der Kombination der Begriffe "Licht" und "Miete" ein paradoxer Inhalt ergebe, da man "Licht" nicht mieten könne, und es infolgedessen versäumt, das Verkehrsverständnis nicht bezogen auf die einzelnen Elemente, sondern im Hinblick auf das allein entscheidende Gesamtzeichen "Lichtmiete" zu ermitteln.

9Das Bundespatentgericht hat den von der Rechtsbeschwerde angesprochenen Vortrag nicht übergangen, sondern ihn umfassend wiedergegeben und auch in seine rechtlichen Erwägungen einbezogen. Dabei hat es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. , Slg. 2005, I-7975 = GRUR 2006, 229 Rn. 29 - BioID/HABM, mwN) darauf abgestellt, dass es bei aus mehreren Bestandteilen kombinierten Zeichen zulässig ist, die Bestandteile zunächst getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht. Im Rahmen der von ihm angestellten Gesamtbetrachtung ist das Bundespatentgericht zu dem Schluss gekommen, dass die Verbindung der beiden beschreibenden Wörter "Licht" und "Miete" zu dem Gesamtbegriff "Lichtmiete" eine sprach- und werbeüblich zusammengesetzte Wortkombination darstelle, welche die relevanten Verkehrskreise ohne weiteres als schlagwortartigen Hinweis auf ein Mietmodell für Beleuchtung verstünden. Hinzu komme, dass Wortneubildungen mit dem Wortbestandteil "-miete" und einer vorangestellten Angabe, die den Gegenstand der Vermietung sachlich konkretisiere, üblich seien. Dabei sei es keineswegs mehr so, dass allein konkrete gegenständliche Objekte vermietet würden. Der Einwand des Anmelders, bei "Lichtmiete" handele es sich um einen Fantasiebegriff mit paradoxem Inhalt, verfange im Hinblick auf die schon lange bestehenden Bezeichnungsgewohnheiten und das daraus resultierende Verkehrsverständnis nicht.

10Das Bundespatentgericht hat sich demnach mit dem Rechtsstandpunkt des Anmelders eingehend auseinandergesetzt. Dabei ist es auch auf dessen Vortrag, das Gesamtzeichen "Lichtmiete" habe einen paradoxen Inhalt, sowie darauf eingegangen, wie die maßgeblichen Verkehrskreise dieses Zeichen verstehen. Dass es zu einer anderen rechtlichen Bewertung gelangt ist als der Anmelder, kann mit der erhobenen Gehörsrüge nicht erfolgreich angegriffen werden.

11c) Die Rechtsbeschwerde macht des Weiteren ohne Erfolg geltend, das Bundespatentgericht habe entscheidungserheblichen Vortrag des Anmelders zu den vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten der Marke übergangen und das vom Anmelder angekündigte Verkehrsgutachten nicht abgewartet.

12aa) Die Rechtsbeschwerde rügt, vor dem Hintergrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (C-541/18, GRUR 2019, 1194 = WRP 2019, 1444 - Deutsches Patent- und Markenamt [#darferdas?]) habe für das Bundespatentgericht Anlass bestanden, auf den Vortrag des Anmelders einzugehen, wonach er den Begriff "Lichtmiete" unter Inanspruchnahme der Benutzungsschonfrist für weitere innovative Benutzungsmöglichkeiten habe offenhalten wollen. Der Anmelder habe beispielsweise ausgeführt, aus dem Oberbegriff "energiesparende Beleuchtung" ergebe sich ein Umweltaspekt, der dem Begriff "Lichtmiete" nicht ohne weiteres zu entnehmen sei. Außerdem sei der in dem kennzeichnenden Teil erwähnten "Prämie" ein Finanzierungsaspekt zu entnehmen. Dieser werde im allgemeinen Sprachgebrauch nicht mit dem Wort "Miete" und erst recht nicht mit "Lichtmiete" verbunden. Zukünftig seien weitere Benutzungsformen denkbar, für die die Unterscheidungskraft nicht verneint werden könne. Der Anmelder könne etwa 3D-Drucker liefern, mit denen Beleuchtung von den Kunden direkt vor Ort gedruckt werde. Derartiges stelle sich der angesprochene Verkehrskreis sicherlich genauso wenig unter "Lichtmiete" vor wie etwa Straßenbeleuchtung. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Bundespatentgericht die Unterscheidungskraft der Marke erkannt hätte, wenn es die vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten in Betracht gezogen und das Verkehrsgutachten abgewartet hätte.

13bb) Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Rechtsbeschwerde keinen entscheidungserheblichen Gehörsrechtsverstoß auf.

14(1) Das Bundespatentgericht hat den Vortrag des Anmelders zu dem Bestehen verschiedener Verwendungsmöglichkeiten der Marke und dessen Einwand, mit der angemeldeten Bezeichnung werde der Inhalt der angebotenen Dienstleistungen und deren Vertriebsmodalitäten nicht vollständig angegeben, berücksichtigt. Es hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom - I ZB 70/10, GRUR 2012, 276 Rn. 12 = WRP 2012, 472 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.) ausgeführt, es sei unerheblich, dass dem Anmeldezeichen kein Hinweis darauf zu entnehmen sei, dass es sich um die Vermietung energiesparender Beleuchtungsanlagen handele und der Dienstleister gegebenenfalls eine Prämie an den Mieter zahle. Auch eine gewisse inhaltliche Unschärfe führe nicht zur Unterscheidungskraft. Die Bezeichnung habe keinen lediglich andeutenden Charakter, sondern eine direkte und klare Sachaussage dahingehend, dass das Mieten und flankierend auch die Installation und Wartung von Beleuchtungsmitteln angeboten würden.

15Im Rahmen der Begründung seiner Rechtsauffassung hat das Bundespatentgericht auch das vom Anmelder hervorgehobene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (GRUR 2019, 1194 - Deutsches Patent- und Markenamt [#darferdas?]) berücksichtigt und dessen maßgeblichen Erwägungen (aaO Rn. 25 bis 27) zutreffend wiedergegeben, wobei es einleitend darauf hingewiesen hat, dass die genannte Entscheidung schon kein Zeichen mit beschreibendem Charakter betroffen habe. Dass es sich ausgehend von den vom Gerichtshof der Europäischen Union in jenem Urteil aufgestellten Grundsätzen nicht der Rechtsauffassung des Anmelders angeschlossen hat, sondern zu dem Schluss gelangt ist, dass sich aus dessen Einwendungen kein Anlass für eine abweichende Beurteilung der Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens ergebe, kann die Rechtsbeschwerde mit der angebrachten Gehörsrüge nicht mit Erfolg angreifen. Letztlich stellt dies lediglich den Versuch dar, die rechtliche Bewertung des Bundespatentgerichts durch die des Anmelders zu ersetzen.

16(2) Auch soweit das Bundespatentgericht das vom Anmelder in Aussicht gestellte Gutachten nicht abgewartet hat, ist Art. 103 Abs. 1 GG entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht verletzt.

17Art. 103 Abs. 1 GG gebietet in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge aufgrund eines hinreichend substantiierten Vortrags. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat (st. Rspr.; vgl. nur , TranspR 2019, 376 Rn. 8 mwN). Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Bundespatentgericht kein Gehörsrechtsverstoß unterlaufen.

18Der Anmelder hat geltend gemacht, ihm müsse nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (GRUR 2019, 1194 - Deutsches Patent- und Markenamt [#darferdas?]) Gelegenheit gegeben werden, mithilfe eines Gutachtens zum konkreten Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass eine herkunftshinweisende Form der Benutzung - auch wenn sie aus Sicht der prüfenden Behörde unüblich oder unwahrscheinlich erscheine - im gegebenen Fall wahrscheinlich sei.

19Das Bundespatentgericht hat dem in der angefochtenen Entscheidung entgegengehalten, der Anmelder habe nicht geltend gemacht, dass er das angemeldete Zeichen abweichend von den Branchenverhältnissen in unüblicher Weise verwende. Darüber hinaus seien gutachterliche Stellungnahmen oder Verkehrsbefragungen über die Rechtsfrage der von Haus aus bestehenden Unterscheidungskraft einer Marke weder erforderlich noch geeignet. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

20Zwar sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen der insoweit möglicherweise missverständlichen Formulierung des Bundespatentgerichts auch zukünftige Verwendungsmöglichkeiten der Marke in Betracht zu ziehen, da der Anmelder einer Marke zum Zeitpunkt seiner Markenanmeldung weder angeben noch genau wissen muss, wie er die angemeldete Marke im Fall ihrer Eintragung benutzen wird (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 22 - Deutsches Patent- und Markenamt [#darferdas?], mwN). Dies hat das Bundespatentgericht seiner Entscheidung an anderer Stelle auch richtig zugrunde gelegt. Ungeachtet dessen hätte es ausgehend von der Rechtsauffassung des Bundespatentgerichts, der zufolge das angemeldete Zeichen bei branchenüblicher Verwendung keine Unterscheidungskraft besitzt, dem Anmelder oblegen, konkrete Anhaltspunkte dafür zu liefern, warum und in welcher Weise eine herkunftshinweisende Form der Benutzung aufgrund einer im Vergleich zu den Branchenverhältnissen unüblichen Verwendungsmöglichkeit im gegebenen Einzelfall wahrscheinlich ist (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1194 Rn. 26 - Deutsches Patent- und Markenamt [#darferdas?]). Die bloße Behauptung dieses Umstands unter Verweis auf ein noch einzuholendes Verkehrsgutachten reicht nicht aus. Soweit die Rechtsbeschwerde auf den Vortrag des Anmelders verweist, wonach es beispielsweise denkbar sei, dass Kunden 3D-Drucker geliefert würden, mit denen vor Ort "Beleuchtung" gedruckt werden könne, legt sie nicht dar, dass und inwieweit ein noch einzuholendes Verkehrsgutachten geeignet gewesen wäre, die Wahrscheinlichkeit einer hieraus folgenden künftigen Verwendungsmöglichkeit des angemeldeten Zeichens für Waren oder Dienstleistungen der Klassen 11, 37 oder 43, welche nicht rein beschreibend ist, zu belegen.

21IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:100920BIZB13.20.0

Fundstelle(n):
LAAAH-69338