Strafaussetzung zur Bewährung: Berücksichtigung der Wertevorstellung des Angeklagten bei bereits festgestellter positiver Kriminalprognose
Gesetze: § 56 Abs 1 StGB, § 56 Abs 2 StGB, § 267 StPO
Instanzenzug: LG Bochum Az: 5 KLs 23/19
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der Versagung einer Bewährung Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Das Landgericht hat dem Angeklagten eine positive Kriminalprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt. Es ist jedoch davon ausgegangen, dass keine besonderen Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vorliegen, sodass eine Aussetzung der erkannten Freiheitsstrafe nicht in Betracht kommen könne. Dabei hat es zunächst sowohl die zugunsten des Angeklagten sprechenden Strafmilderungsgründe als auch die eine positive Kriminalprognose tragenden Umstände herangezogen, deren Gewicht dann aber unter anderem mit der Erwägung relativiert, dass bei dem Angeklagten insoweit auch der zu Tage getretene „Mangel an Respekt gegenüber den in Deutschland geltenden Werten“ zu berücksichtigen sei. Der Angeklagte habe weder durch seine hinsichtlich der unmittelbaren Tatbestandsverwirklichung geständige Einlassung noch durch sein „Verhalten in der Hauptverhandlung im Übrigen“ erkennen lassen, dass sich insoweit seine Einstellung seit der Tat geändert habe.
32. Diese Erwägung erweist sich auch mit Rücksicht auf den eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab (vgl. , Rn. 2 mwN) als rechtsfehlerhaft. Angesichts des Umstandes, dass die Strafkammer unter der Prämisse des § 56 Abs. 1 StGB davon ausgegangen ist, dass bei dem Angeklagten die begründete Erwartung bestehe, dass er sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lasse und auch ohne die Einwirkung des weiteren Strafvollzugs in Zukunft keine Straftaten mehr begehen werde, lässt sich nicht erkennen, was mit der Erwägung bei ihm liege ein „Mangel an Respekt gegenüber den in Deutschland geltenden Werten“ vor, zum Ausdruck gebracht werden soll. Mehr als die auch von der Strafkammer erwartete künftige Rechtstreue kann von dem Angeklagten nicht gefordert werden.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:220920B4STR265.20.0
Fundstelle(n):
XAAAH-69039