Online-Nachricht - Donnerstag, 17.12.2020

Einkommensteuer | Biberschaden keine außergewöhnliche Belastung (BFH)

Wildtierschäden als solche sind keineswegs unüblich und nicht mit ungewöhnlichen Schadensereignissen i. S. des § 33 EStG vergleichbar. Mit einem Wildtierschaden in Zusammenhang stehende Aufwendungen zur Beseitigung konkreter, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehender Gesundheitsgefahren erlauben deshalb keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG).

Sachverhalt: Die Kläger bewohnen ein Einfamilienhaus, dessen Garten an ein natürliches Gewässer angrenzt, in dem sich in den letzten Jahren der in Deutschland fast ausgestorbene Biber wieder angesiedelt hat. Die Biber richteten auf dem Grundstück der Kläger erhebliche Schäden an. So senkte sich durch die Anlage des Biberbaus nicht nur ein Teil der Rasenfläche ab, betroffen war auch die Terrasse, die auf ca. 8 m Länge zu einem Drittel absackte. Im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde ließen die Kläger eine „Bibersperre“ errichten. Deren Kosten und die Kosten für die Beseitigung der Biberschäden an Terrasse und Garten von insgesamt rund 4.000 € machten die Kläger als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das FA erkannte die Aufwendungen für die Beseitigung der Biberschäden und für die Errichtung der Bibersperre nicht als außergewöhnliche Belastungen an, berücksichtigte die nachgewiesenen Lohnkosten hierfür aber als Handwerkerleistungen i. S. des § 35a Abs. 3 EStG.

Der von den Klägern eingelegte Einspruch blieb in diesem Punkt erfolglos. Das FG wies die Klage ab ().

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:

  • Wildtierschäden bzw. Schutzmaßnahmen zur Vermeidung solcher sind keineswegs unüblich und nicht mit anderen ungewöhnlichen Schadensereignissen i. S. des § 33 EStG (wie z. B. Brand oder Hochwasser) vergleichbar.

  • Mit einem entstandenen oder drohenden Wildtierschaden in Zusammenhang stehende Aufwendungen erlauben deshalb auch dann keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen, wenn mit den Maßnahmen konkrete, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs (wie etwa dem eigenen Einfamilienhaus) ausgehende Gesundheitsgefahren beseitigt bzw. vermieden werden.

  • Es ist nicht Aufgabe des Steuerrechts, für einen Ausgleich von durch Wildtiere verursachter Schäden bzw. für die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Präventionsmaßnahmen über eine entsprechende Abzugsmöglichkeit nach § 33 EStG Sorge zu tragen. Es obliegt vielmehr dem Naturschutzrecht - etwa durch Errichtung entsprechender Fonds - für einen Schadensausgleich bzw. Präventionsschutz zu sorgen.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden durch Wildtiere und für Maßnahmen zur Vermeidung von Wildtierschäden sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Selbst wenn diese zur Beseitigung konkreter, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehender Gesundheitsgefahren geleistet werden, kommt eine Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 33 EStG nicht in Betracht. Entsprechendes gilt für Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln (, zur Abgrenzung von Baumangel und unabwendbarem Ereignis). Auch diese sind nach Auffassung des BFH keineswegs unüblich und - wie ein Biberschaden - nicht mit ungewöhnlichen Ereignissen wie etwa Brand, Hochwasser, Kriegseinwirkung, Vertreibung, politische Verfolgung oder einer "privaten Katastrophe" vergleichbar. Letzteres hat der BFH beispielsweise bei einem Wasserschaden durch Rückstau in einer Drainage erkannt (). Einer solchen "privaten Katastrophe" kommt es gleich, wenn einem Steuerpflichtigen Aufwendungen erwachsen, weil er gezwungen ist, von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs ausgehende unzumutbare Beeinträchtigungen zu beseitigen (, betr. Aufwendungen für die Asbestsanierung der Außenfassade eines Wohnhauses; , betr. Aufwendungen für den Austausch mit Formaldehyd verseuchter Möbel, und , betr. Aufwendungen für die medizinisch indizierte Anschaffung von Schlafzimmermöbeln und einer Couchgarnitur; , betr. Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes wegen Geruchsbelästigungen, die objektiv feststellbaren Geruchsschwellen überschreiten und , betr. Aufwendungen für die Sanierung eines mit echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes). In den zuletzt genannten (Sanierungs-)Fällen sind die Aufwendungen allerdings nur dann abziehbar, wenn den Grundstückseigentümer kein Verschulden an der Belastung trifft, die Belastung für ihn zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs nicht erkennbar war, realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte nicht gegeben sind (; -nv-; jeweils m.w.N.) und es sich nicht um übliche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen oder dem gewöhnlichen Wertverzehr geschuldete Baumaßnahmen handelt.

Quelle: ; BFH, Pressemitteilung Nr. 60/2020 v. ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
RAAAH-66906