Online-Nachricht - Montag, 07.12.2020

Einkommensteuer / Verfahrensrecht | Ortsübliche Marktmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG (FG)

Bei der Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG handelt es sich um eine Schätzung i.S. des § 162 Abs. 1 AO. Es ist die Aufgabe des FG, zwecks Durchführung der Schätzung als Tatsacheninstanz im Einzelfall festzulegen, auf welchem Weg und anhand welcher Beweisanzeichen die ortsübliche Marktmiete realitätsnah ermittelt werden kann. Sind in einem Objekt mehrere baulich vergleichbare und an Dritte vermietete Appartements vorhanden, besteht die allein sachgerechte Methode zur Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG in der Heranziehung der vermieteten weiteren Appartements (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG ist in den Fällen, in denen das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt, die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Die auf den unentgeltlichen Vorgang entfallenden „Werbungskosten” können nicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nach umfangreichen Differenzen während des außergerichtlichen Rechtsschutzverfahrens waren im Klageverfahren zunächst nur noch die Aufteilung der Vermietungseinkünfte nach § 21 Abs. 2 EStG wegen verbilligter Überlassung zweier Wohnungen an zwei Kinder der Kläger sowie die Nichtanerkennung von Kosten für Bettwäsche (59,90 €), Decken (35,96 €) und Handtücher (62,21 €) streitig.

Das FA vertrat die Auffassung, dass wegen der hohen Nachfrage nach kleineren Apartments infolge der hohen Studentenzahlen die Marktmiete anhand der auf dem Markt tatsächlich angebotenen Studentenwohnungen zu ermitteln sei. Insoweit verweist das FA auf Angebote der Firma „D” oder der Internetplattformen „Immobilienscout24.de” und „Immowelt.de”.

Das FG führt aus:

  • Das FA hat die hier allein umstrittenen Einkünfte aus dem Vermietungsobjekt jedenfalls nicht zum Nachteil der Kläger fehlerhaft ermittelt.

  • Zur Berechnung der Entgeltlichkeitsquote sind die Mieten für vergünstigt überlassene Wohnungen mit den Mieten für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ins Verhältnis zu setzen. Dabei ist unter Miete die ortsübliche Bruttomiete, d.h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten, zu verstehen (vgl. z.B. ).

  • Aufgabe des Finanzgerichts als Tatsacheninstanz ist es, die ortsübliche Marktmiete festzustellen. Dies gilt, soweit Gegenstand der Überlassung möblierte oder teilmöblierte Wohnungen sind, auch für einen eventuell anzusetzenden Möblierungszuschlag (vgl. dazu ). Dabei hat das Tatsachengericht die maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einzubeziehen und Denkgesetze oder Erfahrungssätze zu beachten

  • In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Thüringer Finanzgerichts () handelt es sich bei der Bestimmung der ortsüblichen Marktmiete grundsätzlich um eine Schätzung im Sinne des § 162 Abs. 1 AO, da selbst bei einer Weitervermietung der gleichen Wohnung Fallvarianten bestehen können, die einen abweichenden Mietpreis rechtfertigen (z.B. zeitgebundene Verknappung geeigneter Mietwohnungen durch besondere Nachfrage oder höherer Verwaltungsaufwand wegen Fluktuation).

Hinweis:

Die Revision ist im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren (BFH-Az. IX R 7/20) gegen die Entscheidung und auch wegen grundsätzlicher Bedeutung der sich in Mietfällen als Dauersachverhalt typischerweise in jedem Jahr erneut stellenden Frage, wie der Begriff der ortsüblichen Marktmiete auszulegen ist, zugelassen worden.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
SAAAH-65883