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NWB-EV Nr. 12 vom Seite 402

Kapitaleinkünfte – Aktuelles zum Jahreswechsel 2020/2021

Gesetzgebung, Rechtsprechung, Handlungsempfehlungen sowie Checkliste bewährter Jahresendstrategien

Roland Ronig

Der nachfolgende Beitrag setzt sich mit aktuellen Themen rund um die Einkünfte aus Kapitalvermögen auseinander. Für die Jahre 2020 und 2021 ergeben sich mehrere gesetzliche Neuerungen. Auch seitens der Gerichte und der Finanzverwaltung gibt es Neuigkeiten aus den letzten Monaten zu vermelden. Ergänzt werden die Ausführungen um Überlegungen zum Jahresende und eine Checkliste bewährter Jahresendstrategien.

Kernaussagen
  • Zukünftig soll der Abgeltungsteuersatz bei Gesellschafterdarlehen nur ausgeschlossen sein, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften sind.

  • Das Gesetzesvorhaben, Edelmetall-Schuldverschreibungen der Abgeltungsteuer zu unterwerfen, ist offenbar vom Tisch.

  • Das stellt klar, dass für Anleger in- und ausländischer Investmentfonds keine Mitteilungspflicht nach § 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO in Bezug auf die mittelbar über diese Investmentfonds erworbenen und veräußerten Beteiligungen besteht.

I. Gesetzliche Änderungen bei Kapitaleinkünften

1. Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen

a) Überblick

Im Herbst 2019 waren mit dem „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ gesetzliche Änderungen in Bezug auf wertlose Kapitalanlagen im Bereich des § 20 EStG geplant.

  • In Hinblick auf Optionen sollte geregelt werden, dass der Verfall einer Option nicht als Beendigung des Rechts gilt.

  • Weiterhin sollten nach § 20 Abs. 2 EStG die Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, die Ausbuchung wertloser Kapitalanlagen bzw. die Übertragung solcher Wirtschaftsgüter auf einen Dritten oder vergleichbarer Ausfälle keine Veräußerung darstellen.

Die geplanten Änderungen wurden im Rahmen der 2./3. Lesung des Bundestags auf Vorschlag des Finanzausschusses gestrichen, da sich die Koalitionsfraktionen bei der Frage der Behandlung von ausgefallenen Kapitalforderungen nicht einigen konnten.

Mit dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen, welches Ende 2019 verabschiedet wurde, nahm der Gesetzgeber diese Problematik erneut auf und änderte die Verlustverrechnungsregelungen in § 20 Abs. 6 EStG durch Einfügen von zwei neuen Sätzen. Im Gegensatz zum vorherigen Vorschlag zielt die Regelung nicht mehr auf die gesetzlichen Einkunftstatbestände ab, sondern es wird die Verrechnung der Verluste eingeschränkt. Das bedeutet auch, dass die Verrechnungsbeschränkungen insbesondere dann nicht gelten, wenn die Verluste zu den nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG zu erfassenden Einkünften gehören (z. B. Darlehen an nahestehende Personen, Gesellschafterdarlehen).

Hinweis: Ob der Gesetzgeber dem Antrag (BR-Drucks. 503/20, Beschluss) nachgekommen ist, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

b) § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG – Verluste aus Termingeschäften
aa) Regelungsinhalt und Anwendung

Verluste aus Termingeschäften dürfen im laufenden Jahr nur i. H. von 10.000 € mit Gewinnen aus Termingeschäften und Stillhalterprämien ausgeglichen werden; nicht verrechnete Verluste dürfen je Folgejahr nur bis zur Höhe von 10.000 € mit Termingeschäftsgewinnen/Stillhalterprämien verrechnet werden. S. 403

Die Verrechnungsregelung ist erstmals auf Verluste anzuwenden, die nach dem entstehen.

bb) Bisherige Rechtslage

Verluste aus Termingeschäften gehören zu den Kapitaleinkünften des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b EStG. Diese ermitteln sich nach § 20 Abs. 4 EStG und unterliegen den allgemeinen Verlustverrechnungsregelungen des § 20 Abs. 6 EStG, d. h. sie dürfen nur mit positiven Kapitaleinkünften ausgeglichen/verrechnet werden. Das besondere Verrechnungsverbot für Aktienveräußerungsverluste findet für Termingeschäfte keine Anwendung.

Bei Einführung der Abgeltungsteuer vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass Verluste aus dem Verfall von Optionen steuerlich nicht zu berücksichtigen sind.

Demgegenüber erkannte der BFH diese Verluste nach Einführung der Abgeltungsteuer an. Die Finanzverwaltung schloss sich dieser Auffassung an und änderte die betreffenden Regelungen im Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer.

Im Ergebnis werden nach der bisherigen Rechtsauffassung sämtliche Verluste aus Termingeschäften sowohl beim Steuerabzug als auch in der Veranlagung steuerlich berücksichtigt.

cc) Einzelfragen

Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat die Finanzverwaltung die BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer und zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen noch nicht an die neue Rechtslage angepasst. Daher verbleiben viele Zweifelsfragen bei der Anwendung der neuen Norm.

  • Welche Geschäfte sind unter den Begriff „Termingeschäfte“ zu fassen?

  • Fallen auch Verluste aus Absicherungsgeschäften (z. B. aus der Absicherung von Aktien) unter die Regelung?

  • Ist die Regelung verfassungskonform?

Beispiel

Wer Gewinne i. H. von 40.000 € und Verluste i. H. von 30.000 € aus unterschiedlichen Termingeschäften erzielt, muss zukünftig nicht mehr (wie bisher) den Saldo von 10.000 € versteuern. Vielmehr sind die Gewinne aus Termingeschäften in voller Höhe steuerpflichtig, während die Verluste nur mit einem Betrag von 10.000 € im laufenden Jahr ausgleichsfähig sind. Demnach sind 30.000 € vom Anleger zu versteuern. Die weiteren 20.000 € können erst in Folgejahren verrechnet werden. Das könnte unter dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bedenklich sein und wird sicherlich einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden.

c) § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG – Verluste aus wertlosen Kapitalanlagen
aa) Regelungsinhalt und Anwendung

Verluste

  • aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung,

  • aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter i. S. des § 20 Abs. 1 EStG,

  • aus der Übertragung solcher wertloser Wirtschaftsgüter auf einen Dritten oder

  • aus einem sonstigen Ausfall solcher Wirtschaftsgüter

dürfen nur i. H. von 10.000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; nicht verrechnete Verluste dürfen je Folgejahr nur bis zur Höhe von 10.000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.

Der neue Satz 6 ist auf alle Verluste anzuwenden, die nach dem entstehen. Demgegenüber ist der neue Satz 5 erst auf Verluste anzuwenden, die nach dem entstehen.

bb) Bisherige Rechtslage

Verluste aus wertlosen Kapitalforderungen oder aus der Ausbuchung von Aktien erkannte die Finanzverwaltung bei Einführung der Abgeltungsteuer nicht an. Vielmehr bezog sie sich auf den Gesetzestext in § 20 Abs. 2 EStG, wonach ein solcher Verlust nur bei einer Veräußerung oder einen im Gesetzestext genannten vergleichbaren Tatbestand (z. B. Einlösung) anzuerkennen sei.

Mittlerweile hat sich der BFH mit einigen Fallgruppen hierzu auseinandergesetzt und die Verluste der Anleger steuerlich anerkannt. Die Finanzverwaltung hat ihre Meinung bisher nur für einige Sachverhalte angepasst:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Sachverhalt
Bisherige BMF-Meinung
BFH-Entscheidung
Aktuelle BMF-Meinung
endgültiger Forderungsausfall
keine Verlust-anerkennung
Verluste abziehbar
unverändert
Forderungsverzicht (wertloser Anteil)
keine Verlust-anerkennung
Verluste abziehbar
unverändert
Veräußerung zu einem geringfügigen Kaufpreis
keine Verlust-anerkennung
Verluste abziehbar
Anpassung an die BFH-Meinung
Verfall von Knock-out- Zertifikaten
keine Verlust-anerkennung (Auslegung Gesetzestext)
Verluste abziehbar
Anpassung an die BFH-Meinung
insolvenzbedingte Ausbuchung wertloser Aktien
keine Verluste (Auslegung Gesetzestext)
Verluste abziehbar
unverändertS. 404

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30 Tage

Seiten: 16
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