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NWB Nr. 48 vom Seite 3556

Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen: Entwurf eines BMF-Anwendungsschreibens

Teil 2: Persönliche und zeitliche Anwendungsvoraussetzungen

Prof. Dr. Siegfried Grotherr

[i]Teil 1 s. Grotherr, NWB 47/2020 S. 3478Nachdem in Teil 1 dieser zweiteiligen Beitragsreihe (s. NWB 47/2020 S. 3478) die Neuerungen bzw. Ergänzungen bei den sachlichen Anwendungsvoraussetzungen im aktualisierten Entwurf eines Anwendungsschreibens des zu den Mitteilungspflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen im Vergleich [i] von Brocke/Nonnen- macher/Przybilka, Anzeigepflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, NWB Verlag, 2. Aufl. 2020, lieferbar vorauss. ab Dezember 2020 zum ersten Diskussionsentwurf v. , der vielen Rechtsanwendern bei der Anwendung und Auslegung der Anzeigepflichten als erste Orientierung gedient hat, erläutert worden sind, behandelt der nachfolgende Teil 2 die Neuerungen bei den persönlichen und zeitlichen Anwendungsvoraussetzungen, die auch zu einer Eindämmung der Flut von Anzeigen gegenüber dem BZSt und damit zur Verfahrensökonomie bei den Intermediären und mitteilungspflichtigen Nutzern führen können.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

Zu diesem Beitrag "Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen: Entwurf eines BMF-Anwendungsschreibens" lesen Sie bitte auch S. 3557

I. Neuerungen bei den persönlichen Anwendungsvoraussetzungen für eine Mitteilungspflicht

1. Nicht die Intermediär-Eigenschaft auslösende Tätigkeiten

a) Keine Kenntnis von der Erzielung eines steuerlichen Vorteils

[i]Berücksichtigung des einschlägigen Fach- wissens; keine ErmittlungspflichtEine Person ist nach Verwaltungsauffassung kein Intermediär, wenn sie nicht wusste, dass für den (potenziellen) Nutzer einer der Hauptvorteile der Gestaltung die Erzielung eines steuerlichen Vorteils ist, und dafür auch keine objektiven Anhaltspunkte vorlagen. Hierbei sind nur die vorliegenden relevanten Sachverhaltsinformationen zu berücksichtigen, die für die steuerrechtliche Beurteilung der Gestaltung und die Prüfung einer Mitteilungspflicht erforderlich sind. Eine Nachforschungspflicht seitens des Mitteilungspflichtigen besteht nicht (so bereits Krüger/Welling, DB 2020 S. 1194). Dabei ist jedoch das einschlägige Fachwissen und das Verständnis, das für die Erbringung der in § 138d Abs. 1 AO genannten Tätigkeitshandlungen erforderlich ist, zu berücksichtigen. Weitergehende Ermittlungen sind von dem potenziell Mitteilungspflichtigen nicht erforderlich. Ebenfalls erfüllt eine Person die Intermediär-Eigenschaft nach Verwaltungsauffassung dann nicht, wenn die Person lediglich bei der Verwirklichung einzelner Teilschritte einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung mitgewirkt hat (so bereits in der Begründung zu § 138d Abs. 1 AO, BT-Drucks. 19/14685 S. 28; ebenso nunmehr im (Entwurf), NWB GAAAH-55645, Rz. 61 f.).

b) Beratungstätigkeit in nichtsteuerlichen Fragen

[i]Keine Kenntnis über die steuerliche Bedeutung des SchaffensprozessesKein Intermediär ist nach Verwaltungsauffassung eine Person, die im Rahmen des Vorbereitungs- oder Umsetzungsprozesses der grenzüberschreitenden Steuergestaltung in nichtsteuerlichen Fragen beratend tätig geworden ist, z. B. in arbeitsrechtlichen Fragen eines Betriebsübergangs, in gesellschaftsrechtlichen oder kapitalmarktrechtlichen Fragen bei der Umsetzung der Steuergestaltung. Dieser Person muss die steuerliche Bedeutung des Schaffensprozesses nicht bewusst gewesen sein (s. (Entwurf), NWB GAAAH-55645, Rz. 48). Auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts, den Käufer bei der Verhandlung eines Unternehmenskaufvertrags zu beraten und bei der Umsetzung einer Akquisitionsstruktur durch Aufsetzen von Unternehmens- oder Darlehensverträgen behilflich zu sein, begründet nicht die Intermediär-Eigenschaft, weil keine grenzüberschreitende Steuergestaltung konzipiert wird. [i]Gutachterliche Stellungnahme zum Bestehen einer MitteilungspflichtGleiches gilt für die Abgabe einer gutachterlichen Stellungnahme zu der Frage, ob für eine konzipierte Steuergestaltung eine Mitteilungspflicht besteht oder nicht (s. (Entwurf), NWB GAAAH-55645, Rz. 55 f.).

c) Aufzeigen verschiedener steuerlicher Handlungsoptionen in einem Beratungsgespräch unschädlich

[i]Keine Bereitstellung zur UmsetzungDurch die bloße Darstellung von steuerlichen Handlungsoptionen oder Gestaltungsmöglichkeiten in einem Beratungsgespräch mit einem Mandanten wird dieser nicht in die Lage versetzt, eine Steuergestaltung unmittelbar umzusetzen, sodass keine Mitteilungspflicht für den steuerlichen Berater besteht (ebenso bereits Grotherr, DStZ 2020 S. 401). Eine Mitteilungspflicht würde nur dann bestehen, wenn nach dem Beratungsgespräch die Umsetzung der grenzüberschreitenden Steuergestaltung durch den S. 3558Mandanten ausschließlich von dessen Entscheidung abhängt (s. (Entwurf), NWB GAAAH-55645, Rz. 14 sowie 59).

d) Bloße Vortragstätigkeit oder Verfassen von steuerlichen Fachartikeln

[i]Keine VermarktungDie bloße Vortragstätigkeit z. B. im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung, in der den Teilnehmern eine marktfähige Steuergestaltung präsentiert wird, ist nach Verwaltungsauffassung noch nicht als Vermarktung anzusehen, wenn sie nicht mit dem Ziel verknüpft ist, eine Geschäftsbeziehung mit den Teilnehmern einzugehen und diese bei der Umsetzung der Steuergestaltung zu beraten (s. (Entwurf), NWB GAAAH-55645, Rz. 52). Damit könnte das Abhalten von Mandanten-seminaren jedoch in die Mitteilungspflicht geraten, wenn dabei Vorstellungen über Gestaltungsmodelle geäußert werden und diese dem Zweck dienen, eine Steuergestaltung umzusetzen (ablehnend Schnitger/Brink/Welling, IStR 2019 S. 160).

[i]Umsetzungsberatung ist kein Ziel einer AutorentätigkeitDas Verfassen von steuerlichen Fachartikeln in Zeitschriften oder Sammelwerken löst nach Auffassung der Finanzverwaltung ebenfalls keine Mitteilungspflicht aus, selbst wenn Hinweise auf grenzüberschreitende Steuergestaltungsmöglichkeiten gegeben werden (ebenso bereits Grotherr, DStZ 2020 S. 401). Die Autorentätigkeit stellt kein Vermarkten dar, da die Veröffentlichung von Beiträgen in einer Fachzeitschrift regelmäßig nicht unmittelbar dem Ziel dient, Steuerpflichtige mit dem Inhalt des Beitrags bei der Umsetzung der dargelegten Steuergestaltung zu beraten (s. (Entwurf), NWB GAAAH-55645, Rz. 52; in dem Sinne bereits Grotherr, DStZ 2020 S. 401). Für eine Mitteilungspflicht ist ohnehin ein grenzüberschreitender Bezug i. S. des § 138d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AO erforderlich, der bei einem Fachartikel nicht vorliegen dürfte, da es an den an der Gestaltung Beteiligten mangelt.

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Seiten: 10
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