Online-Nachricht - Dienstag, 17.11.2020

Einkommensteuer | Kein doppelter Haushalt trotz finanzieller Beteiligung (FG)

Bei jungen Arbeitnehmern, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen, ist zu vermuten, dass sie im Haus ihrer Eltern bzw. gemeinsam mit ihren Eltern keinen eigenen Hausstand unterhalten. Vielmehr ist der junge Arbeitnehmer in einer solchen Konstellation in den (fremden) Hausstand der Eltern eingegliedert, den er nicht wesentlich bestimmt bzw. mitbestimmt. Eine Kostenbeteiligung im elterlichen Haushalt führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Ungeachtet der Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG gelten die BFH-Rechtsprechungsgrundsätze unverändert fort ().

Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der Tätigkeitsstätte wohnt. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG setzt das Unterhalten eines eigenen Hausstandes unter anderem das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.

Sachverhalt: Streitig ist, ob bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Tätigkeit Werbungskosten für eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anzuerkennen sind. Seit dem war die Klägerin für X in K beschäftigt. Die Klägerin mietete zum eine 54 qm Wohnung in K an. Die Wohnung befand sich in unmittelbarer räumlicher Nähe ihrer Arbeitsstätte bei X. Die Klägerin meldete ihre Wohnung in K. beim dortigen Einwohnermeldeamt als Zweitwohnsitz an. Ihren melderechtlichen Hauptwohnsitz hatte die Klägerin wie bisher im Haus ihrer Eltern. Nach eigenen Angaben der Klägerin befand sich ihr Lebensmittelpunkt im Streitjahr 2016 nach wie vor an ihrem Heimatort. Mit ihren Eltern vereinbarte die Klägerin eine Kostenbeteiligung in Höhe von 200,00 € pro Monat. Diesen Betrag hat die Klägerin im Streitjahr per Dauerauftrag auf ein Bankkonto ihrer Eltern überwiesen.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 machte die Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit Werbungskosten für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 9.903,20 € geltend (Fahrtkosten: 1.780,20 €, Unterkunftskosten: 6.667,00 €; Verpflegungsmehraufwand: 1.296,00 €, Telefonkosten: 160,00 €). Das FA versagte den Werbungskostenabzug: Es sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin bei ihren Eltern einen eigenen Hausstand unterhalten habe. Wenn junge Arbeitnehmer nach Beendigung ihrer Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt wohnten, sei regelmäßig nicht davon auszugehen, dass sie dort einen eigenen Hausstand unterhalten. Dies gelte auch dann, wenn eine Kostenbeteiligung vereinbart worden sei.

Das FG sah die Klage als unbegründet an:

  • Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Haushalt, den der Arbeitnehmer am Lebensmittelpunkt führt, also sein Erst- oder Haupthaushalt. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem Haushalt regelmäßig aufhält, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der nicht verheiratete Arbeitnehmer als nicht die Haushaltsführung wesentlich bestimmender bzw. mitbestimmender Teil in einen Hausstand eingegliedert ist, wie es regelmäßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall ist, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin – wenn auch gegen Kostenbeteiligung – im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die elterliche Wohnung kann in einem dieser häufigen Fälle zwar, auch wenn das Kind am Beschäftigungsort eine Unterkunft bezogen hat, wie bisher der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sein, sie ist aber nicht ein von dem Kind unterhaltener eigener Hausstand (vgl. z.B. , , ).

  • Bei älteren, wirtschaftlich selbständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist hingegen zu vermuten, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als „eigener“ zugerechnet werden kann. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer dabei am Heimatort nicht über eine abgeschlossene Wohnung verfügt, steht dieser Vermutung nicht zwingend entgegen (vgl. , ).

  • Die vorstehend dargestellte Rechtsprechung ist zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der bis zum geltenden Fassung ergangen. Diese Bestimmung ist durch das „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des Reisekostenrechts“ mit Wirkung zum neu gefasst worden. Ungeachtet dieser Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG gelten die vorstehend dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze nach Auffassung des Senats indes unverändert fort.

  • Wenn man der Auffassung der Klägerin folgte, dass die bislang geltenden Rechtsgrundsätze zum Begriff des Hausstands und des Lebensmittelpunkts aufgrund der Gesetzesänderung hinfällig wären, könnten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführungen zudem auch dann steuerlich abzugsfähig sein, wenn diese gänzlich privat veranlasst wären, z.B. wenn eine Wohnung bzw. ein früheres Kinder-/Jugendzimmer lediglich für gelegentliche oder auch regelmäßige Familienbesuche vorgehalten wird. Dies läge in erkennbarem Widerspruch zum allgemeinen Grundsatz, dass nur solche Aufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind, die durch den Beruf oder die Erzielung steuerlicher Einnahmen veranlasst sind (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG).

  • Es widerspräche dem gesetzlichen Bild der doppelten Haushaltsführung, wenn bei jungen Steuerpflichtige, die sich zu keinem früheren Zeitpunkt vollständig aus dem elterlichen Haushalt gelöst hatten und denen – wie dies oftmals der Fall sein dürfte – bei ihren Eltern noch ihr altes Kinder-/Jugendzimmer zur Verfügung steht, im Regelfall von einer doppelten Haushaltsführung auszugehen sein sollte. Die vom BFH formulierte Regelvermutung begründet auch keine unangemessene Benachteiligung junger Steuerpflichtiger.

  • Auch dass die Klägerin eine Kostenbeteiligung an ihre Eltern gezahlt hat, kann die Vermutung der Eingliederung in den Haushalt ihrer Eltern nicht erschüttern. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung handelt es sich bei der Vereinbarung einer Kostenbeteiligung zwar um ein durchaus gewichtiges, jedoch nicht um ein zwingendes Indiz für das Unterhalten eines eigenen, gemeinsam Hausstands (, ).

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Hinweis

Den Volltext des Urteils ist in der Rechtsprechungsdatenbank NRW veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: (JT)

Fundstelle(n):
NWB PAAAH-63836