Online-Nachricht - Donnerstag, 12.11.2020

Einkommensteuer | Einkommensteuererklärung in Papierform I (BFH)

Die Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung gem. § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG ist wirtschaftlich unzumutbar i. S. von § 150 Abs. 8 Sätze 1 und 2 AO, wenn der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG steht. Der Antrag auf Befreiung wegen unbilliger Härten nach § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG i. V. mit § 150 Abs. 8 AO bezieht sich nur auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gem. § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG haben Steuerpflichtige der Finanzbehörde ihre Einkommensteuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, wenn sie Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG erzielen und es sich nicht um einen der Veranlagungsfälle gem. § 46 Abs. 2 Nrn. 2 bis 8 EStG handelt. Die Finanzbehörde ist jedoch nach Satz 2 der Vorschrift auf Antrag des Steuerpflichtigen berechtigt, zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung durch Datenfernübertragung zu verzichten.

Sachverhalt: Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch hat, von der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Einkommensteuererklärung befreit zu werden.

Der im Jahr 1969 geborene Kläger war bis 2009 als Finanzbeamter tätig, bevor er sich im Jahr 2010 zum Steuerberater bestellen ließ. In den Jahren 2013 und 2014 erzielte er mit seiner von ihm in seiner Privatwohnung und ohne Mitarbeiter betriebenen Steuerberaterpraxis ausschließlich Verluste, die in den Einkommensteuerfestsetzungen keine Berücksichtigung fanden. In diesen Jahren erzielte er zudem gewerbliche Einkünfte aus einer Tätigkeit als Zeitungszusteller sowie Einnahmen aus Kapitalvermögen. Bis einschließlich zum Jahr 2014 wurde der Kläger auf der Grundlage seiner auf dem amtlichen Vordruck handschriftlich erstellten Einkommensteuererklärungen zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Jahr 2015 beantragte der Kläger, die Einkommensteuererklärung gem. § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG i. V. mit § 150 Abs. 8 AO für die Veranlagungszeiträume ab 2015 weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, da er weder über die entsprechende Hardware noch über einen Internetanschluss für die elektronische Übermittlung der Steuererklärung verfüge.

Den Antrag lehnte das FA ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die daraufhin erhobene Klage verpflichtete das FG das FA, dem Kläger auch "zukünftig" die Abgabe der Einkommensteuererklärungen in Papierform zu gestatten ().

Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen, das FG Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Das FG hat zwar zu Recht erkannt, dass der Kläger für das Streitjahr 2015 dem Grunde nach berechtigt sein kann, von der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Einkommensteuererklärung befreit zu werden.

  • Das FG hat den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch im Ausgangspunkt zutreffend unter Zugrundelegung der Vorschrift des § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG i. V. mit § 150 Abs. 8 AO beurteilt.

  • § 150 Abs. 8 AO ergänzt die Regelung des § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG dahingehend, dass dem Antrag zu entsprechen ist, wenn die unbillige Härte darin besteht, dass dem Steuerpflichtigen die Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung wirtschaftlich oder persönlich nicht zumutbar ist.

  • Auch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit i. S. von § 150 Abs. 8 Satz 1 AO durch das FG hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit i. S. des § 150 Abs. 8 Satz 1 AO liegt gem. § 150 Abs. 8 Satz 2 Alternative 1 AO insbesondere vor, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre.

  • Wie das FG zutreffend erkannt hat, folgt aus der gesetzlichen Systematik, dass dem finanziellen Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit ausschließlich die Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG gegenüberzustellen sind.

  • Allerdings hat das FG nicht festgestellt, welche Einkünfte i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG der Kläger im Veranlagungszeitraum 2015, für den er erstmals die Befreiung nach § 150 Abs. 8 AO beantragt hatte, erzielt hat.

  • Das Urteil ist mangels ausreichender Feststellungen nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FGO aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

  • Im Übrigen ist das Urteil nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
KAAAH-63547