Online-Nachricht - Donnerstag, 12.11.2020

Erbschaftsteuer | Wegfall des Verschonungsabschlags (BFH)

Der Verschonungsabschlag für den Erwerb eines Anteils an einer KG fällt bei Veräußerung des Anteils, im Falle der Betriebsaufgabe oder bei der Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen nachträglich (anteilig) weg. Die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG führt jedoch noch nicht zum anteiligen Wegfall des Verschonungsabschlags (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Der Verschonungsabschlag fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber einen Anteil an einer Gesellschaft i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG innerhalb von fünf Jahren (Behaltensfrist) veräußert, wobei als Veräußerung auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs gilt (vgl. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F.). Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs veräußert oder in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (vgl. § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 ErbStG a.F.).

Sachverhalt: Das FA ermittelte den Wert des Erwerbs unter Berücksichtigung des Verschonungsabschlages (85 %) nach § 13a Abs. 1 ErbStG in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung. Am wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Januar 2015 wurden wesentliche Teile des Betriebsvermögens durch den Insolvenzverwalter veräußert. Mit Änderungsbescheid vom erfasste das FA den Anteil am Betriebsvermögen und gewährte den Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. lediglich anteilig für drei Jahre und setzte die Erbschaftsteuer herauf.

Mit der Klage begehrte der Kläger die Berücksichtigung eines Verschonungsabschlags nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. für vier Jahre. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei der Geschäftsbetrieb der Firma durch den Insolvenzverwalter zunächst fortgeführt worden, die Produktion sei unverändert weitergelaufen und die Mitarbeiter des Unternehmens seien nicht entlassen worden. Bei Personengesellschaften stelle die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinen Veräußerungstatbestand dar.

Die Revision hatte Erfolg. Der BFH führt aus:

  • Ertragsteuerrechtlich führt die Auflösung der Kapitalgesellschaft zu einer Veräußerung i. S. des § 17 Abs. 1 EStG (§ 17 Abs. 4 Satz 1 EStG). Erbschaftsteuer und schenkungsteuerrechtlich führt die Auflösung der Kapitalgesellschaft zum nachträglichen Wegfall des Verschonungsabschlags (§ 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG a.F.). Folglich fällt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft die Steuervergünstigung nach § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. für den Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft anteilig rückwirkend weg (vgl. ).

  • Demgegenüber führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer KG ertragsteuerrechtlich nicht zu einer Betriebsaufgabe und der Erfassung eines entsprechenden Veräußerungsgewinns i. S. des § 16 EStG (). Eine Regelung, die § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 ErbStG a.F. entspricht, der zufolge die Auflösung einer Personengesellschaft zum nachträglichen Wegfall des Verschonungsabschlags führen würde, enthält § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG a.F. nicht.

  • Die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer KG führt noch nicht zum nachträglichen (anteiligen) Wegfall des Verschonungsabschlags. Nach dem klaren Wortlaut des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG a.F. führen nur die Veräußerung des Anteils an einer KG, die Betriebsaufgabe oder die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen zum nachträglichen Wegfall des Verschonungsabschlags. Diese Begriffe sind eng an das Ertragsteuerrecht angelehnt und entsprechend auszulegen.

  • Für einen eigenen, nur für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer geltenden Begriff der Betriebsaufgabe oder Veräußerung, der sich nicht an den ertragsteuerrechtlichen Begriffen orientiert, besteht kein Anlass.

  • Die Auflösung einer KG führt - anders als bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft - nicht zum Wegfall des Verschonungsabschlags. Insoweit unterscheidet der Gesetzgeber ausdrücklich zwischen der Auflösung einer Kapitalgesellschaft und der Auflösung einer Personengesellschaft.

  • Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist auch nicht mit der Betriebsaufgabe vergleichbar. Im Verlauf des Insolvenzverfahrens ist es denkbar, dass der Betrieb zunächst oder dauerhaft fortgeführt wird oder nur unwesentliche Betriebsgrundlagen veräußert werden, um die Gläubiger zu befriedigen. Erst wenn der Insolvenzverwalter den Betrieb endgültig einstellt oder wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert, ist der Tatbestand des § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 ErbStG a.F. erfüllt.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB CAAAH-63541