NWB Nr. 43 vom Seite 3145

Mehr als Neues in alten Schläuchen

Prof. Dr. Stephan Arens | Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Partner bei MWW Rechtsanwälte Koblenz/Bonn

Kommt die Gesellschaft in Verantwortungseigentum?

In das abgeschlossene System des deutschen Gesellschaftsrechts (sog. Numerus clausus der Gesellschaftsformen) scheint Bewegung zu kommen. Mitte Juni 2020 hat ein akademischer Arbeitskreis den „Entwurf eines Gesetzes für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Verantwortungseigentum“ vorgelegt. Ziel ist es, Unternehmern besonders zu helfen, die aus eigenem Antrieb handeln: Die Eigentümer sollen zwar die Leitungsmacht über ihr Unternehmen haben, jedoch keinen Zugriff auf den Unternehmensgewinn und das in der Gesellschaft gebundene Vermögen.

Was revolutionär klingt, ist in Wahrheit gar nicht so neu. Gerade bei der Gestaltung von Unternehmensnachfolgen besteht vor allem bei Familienunternehmen die Sorge, dass angestellte Manager dazu neigen können, kurzfristige Gewinne in den Vorder- und langfristige Unternehmenszwecke in den Hintergrund zu stellen. Um den Bedenken Rechnung zu tragen und das Gesellschaftsvermögen zu schützen, werden daher bspw. aufwendige Doppelstiftungsmodelle eingerichtet. Dies geschieht in dem engen Korsett des Stiftungsrechts, was häufig aufwendig und teuer ist. Daher mag sich ein solches Modell etwa bei Bosch bewähren, für (kleinere) mittelständische Unternehmen ist dies aber oftmals nicht praktikabel.

Die sog. Gesellschaft in Verantwortungseigentum soll nun als eine neue Rechtsformvariante der GmbH umgesetzt werden und einen eigenen Abschnitt im GmbH-Gesetz bekommen. Dies hätte den Vorteil, dass gerade bei allgemeinen Fragen auf die praxiserprobte GmbH zurückgegriffen werden kann. Inhaltlich ist vorgesehen, dass Gewinne im Betrieb verbleiben und sich mögliche Nachfolger ausschließlich an den Firmenzielen orientieren müssen. Nach dem Gesetzentwurf handelt es sich bei der „Gesellschaft in Verantwortungseigentum“ um eine Unternehmensform, bei der die Gesellschafter keinen Zugriff auf die Unternehmensgewinne haben, sondern diese dem Unternehmen für die dauerhafte Finanzierung zur Verfügung stehen.

Die Gesellschafter sollen während des „Lebens“ des Unternehmens keinen Anspruch auf die Gewinne und das Vermögen der Gesellschaft haben. Anpassungen sollen weiter erfolgen zu Eigenschaften und Auswahl der Gesellschafter als „Fähigkeiten- und Wertefamilie“. So begrenzt der Gesetzentwurf den Kreis möglicher Gesellschafter, beschränkt die Veräußerlichkeit der Anteile und ermöglicht den Gesellschaftern, die Vererblichkeit der Anteile auszuschließen.

Der Gesetzentwurf wird zurzeit im Bundesjustizministerium geprüft. Dieser würde jedenfalls den Bedürfnissen an eine einfach zu handhabende Rechtsform für Unternehmen in Verantwortungseigentum entgegenkommen und eine nachhaltige Wertschöpfung sicherstellen. So wünschenswert dies ist, so darf doch bezweifelt werden, dass mit einer zeitnahen Umsetzung zu rechnen ist.

Stephan Arens

Fundstelle(n):
NWB 2020 Seite 3145
NWB ZAAAH-61358