Online-Nachricht - Donnerstag, 08.10.2020

Bilanzierung | Zulässigkeit und Umfang einer Bilanzänderung (BFH)

Der BFH hat zur Zulässigkeit und zum Umfang einer Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG) entschieden (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten u.a. über die Zulässigkeit einer Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes (StBereinG) 1999 v. (BGBl I 1999, 2601). Das Verfahren befindet sich im 2. Rechtsgang (zur Vorinstanz s. ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG (i.d.F. seit StBereinG 1999) ist formell verfassungsgemäß.

  • "Gewinn" i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist der Bilanzgewinn i.S. des § 4 Abs. 1 EStG und nicht der steuerliche Gewinn

  • § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG erlaubt daher eine Bilanzänderung lediglich in Höhe der sich aus der Steuerbilanz infolge der Bilanzänderung des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ergebenden Gewinnänderung und nicht in Höhe der sich aus einer Bilanzänderung ergebenden steuerlichen Gewinnänderung, die auf einer Hinzurechnung außerhalb der Steuerbilanz (hier: § 10 Satz 1 InvZulG a.F.) beruht.

  • Ein Anspruch auf Investitionszulage ist auch vor einer förmlichen Antragstellung im Wirtschaftsjahr der Anschaffung/Herstellung der betreffenden Wirtschaftsgüter auszuweisen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen mit der Anschaffung/Herstellung erfüllt sind und die (spätere) Antragstellung bereits ernstlich beabsichtigt ist; der Ertrag ist nicht über einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten auf den gesetzlichen Verbleibenszeitraum periodisch abzugrenzen.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:

Der Senat hat in seiner Entscheidung verfassungsrechtliche Bedenken bzgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG im Hinblick auf die Entscheidung des zurückgewiesen. Zwar hatte das BVerfG entschieden, dass Regelungen durch das Steuerbereinigungssgesetz 1999 formell verfassungswidrig sind, soweit u.a. die Änderungen darauf beruhen, dass die durch das Anrufungsbegehren an den Vermittlungsausschuss gesteckten Grenzen überschritten wurden (s. Rz. 73 der Entscheidung des BVerfG).

Im Besprechungsfall lehnte der Senat eine Verfassungswidrigkeit der streitigen Norm aber ab, da es sich insbesondere bei dieser Regelung um eine Bilanzänderungsnorm handelt, die im Streitfall zu Gunsten der Steuerpflichtigen wirkt. Es wird aber damit zugleich deutlich, dass Belastungsregelungen aufgrund des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 formell verfassungswidrig sein dürften, wenn sie von dem präzisen Anrufungsbegehren im Vermittlungsauftrag an den Vermittlungsausschuss (lediglich zu Art. 1 Nr. 6, 10, 15a und 30 Buchstabe f StBereinG 1999, vgl. BR-Drucks 636/99 u. Rz. 73 der Entscheidung des BVerfG) nicht umfasst sind.

Dies ist in der Fachliteratur bisher nur rudimentär dargestellt worden (s. z.B. Hey, FR 2019, 245, 247; Seyffarth/Wionzeck, DStR 2020, 903). Aber es dürfte in einschlägigen Fällen von besonderer Bedeutung sein, auch wenn die jeweilige steuerrechtliche Regelung aufgrund des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 schon über zwanzig Jahre gültig ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB BAAAH-60342