BGH Beschluss v. - XII ZB 243/19

Betreuungssache: Isolierte Anfechtbarkeit einer teilweisen Abhilfeentscheidung

Leitsatz

Zur isolierten Anfechtbarkeit einer teilweisen Abhilfeentscheidung in einem betreuungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren.

Gesetze: § 58 Abs 1 FamFG, § 63 FamFG, § 68 Abs 1 S 1 FamFG

Instanzenzug: LG Mönchengladbach Az: 5 T 111/19vorgehend AG Mönchengladbach-Rheydt Az: 4 XVII 364/16 K

Gründe

I.

1Der Betroffene wendet sich gegen die Anordnung seiner Betreuung.

2Der Betroffene leidet an einer fortgeschrittenen fronto-temporalen Demenz und befindet sich aus diesem Grund seit Juli 2016 in der geschlossenen Unterbringung. Am erteilte er seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1, eine notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht, in der er zugleich anordnete, dass im Falle der Erforderlichkeit einer Betreuung seine Ehefrau zur Betreuerin bestellt werden soll.

3Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht die Beteiligte zu 1 zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Heimplatzangelegenheiten, Regelung des Postverkehrs, Vermögensangelegenheiten und Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern bestellt. Zudem hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 4 zum weiteren Betreuer mit dem Aufgabenkreis Kontrolle der Betreuerin für den Bereich der Vermögensangelegenheiten einschließlich des Bereichs der Unternehmen des Betroffenen bestellt und eine Überprüfungsfrist bis zum angeordnet.

4Gegen diese Entscheidung haben der Betroffene und der Beteiligte zu 3, der Sohn des Betroffenen, Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht der Beschwerde des Beteiligten zu 3 teilweise abgeholfen, indem es der Beteiligten zu 1 den Aufgabenbereich der Vermögenssorge entzogen, den Beteiligten zu 7 insoweit als weiteren Betreuer bestellt und die Kontrollbetreuung durch den Beteiligten zu 4 sowie eine zuvor angeordnete Ergänzungsbetreuung aufgehoben hat. Der Beschwerde des Betroffenen hat es nicht abgeholfen. Das die Beschwerden zurückgewiesen, soweit ihnen nicht durch den abgeholfen worden ist. Auf die gegen diese Entscheidung gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat mit Beschluss vom (XII ZB 242/19) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen den hinsichtlich der Auswahl des Betreuers für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

5Mit Beschluss vom hat das Landgericht die gegen den Teilnichtabhilfebeschluss vom gerichtete Beschwerde des Betroffenen ebenfalls zurückgewiesen. Hiergegen hat der Betroffene die verfahrensgegenständliche Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom hat der Betroffene im Hinblick auf die im Verfahren XII ZB 242/19 ergangene Senatsentscheidung vom seine Rechtsbeschwerde unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt.

II.

6Der in der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Betroffenen liegende Antrag, die Erledigung des Rechtsbeschwerdeverfahrens festzustellen, ist zurückzuweisen, weil die Rechtsbeschwerde von Anfang an unbegründet war.

71. Der Betroffene konnte das Rechtsbeschwerdeverfahren allerdings in zulässiger Weise für erledigt erklären.

8Eine auf ein Rechtsmittel bezogene einseitige Erledigungserklärung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann zulässig, wenn hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht, weil nur auf diese Weise eine angemessene Kostenentscheidung zu erzielen ist (BGH Beschlüsse vom - I ZB 24/17 - DGVZ 2019, 79 Rn. 10 mwN und vom - VIII ZB 47/08 - FamRZ 2009, 684 Rn. 4 mwN), und zudem das erledigende Ereignis als solches außer Streit steht (BGH Beschlüsse vom - VII ZB 10/05 - FamRZ 2005, 1832 und vom - VIII ZB 47/08 - FamRZ 2009, 684 Rn. 6). So liegt es hier.

9Dem Betroffenen bleibt allein die Erledigungserklärung seines Rechtsmittels, um der durch eine Zurückweisung des Rechtsmittels drohenden Kostenlast zu entgehen ( - NJW-RR 2019, 317 Rn. 10). Denn eine Rücknahme der Rechtsbeschwerde liegt nicht im Interesse des Betroffenen. Sie hätte zur Folge, dass er die Kosten des Rechtsmittels zu tragen hätte, unabhängig davon ob es ursprünglich begründet war oder nicht (vgl. - FamRZ 2009, 684 Rn. 5).

10Das erledigende Ereignis als solches, nämlich die Senatsentscheidung vom im Verfahren XII ZB 242/19, mit der die Entscheidung des hinsichtlich der Auswahl des Betreuers für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge aufgehoben worden ist, steht vorliegend außer Streit.

112. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch von Anfang an unbegründet gewesen, weil die gegen den Teilnichtabhilfebeschluss vom gerichtete Beschwerde des Betroffenen bereits unzulässig gewesen ist.

12a) Grundsätzlich stellt eine Nichtabhilfeentscheidung eine bloße Zwischenentscheidung dar, gegen die nach § 58 Abs. 1 FamFG kein Rechtsmittel stattfindet (Keidel/Sternal FamFG 20. Aufl. § 68 Rn. 12a; BeckOK FamFG/Obermann [Stand: ] § 68 Rn. 12; Prütting/Helms/Abramenko FamFG 5. Aufl. § 68 Rn. 9; Johannsen/Henrichs/Althammer Familienrecht 7. Aufl. § 68 FamFG Rn. 4). Das Beschwerdeverfahren ist gesetzlich so ausgestaltet, dass die Sache mit der Nichtabhilfeentscheidung beim Beschwerdegericht anfällt und dieses dann über die Ausgangsentscheidung in der Form, die diese durch die (Teil-)Nichtabhilfeentscheidung erhalten hat, entscheidet (vgl. - juris Rn. 1; OLG Köln NJW-RR 2011, 21 mwN; vgl. auch - NJW-RR 2009, 718 f.). Für eine gesonderte Anfechtung nur der Abhilfeentscheidung durch den Beschwerdeführer besteht daher auch kein Rechtsschutzbedürfnis.

13Nur wenn durch eine (teilweise) Abhilfeentscheidung ein Verfahrensbeteiligter erstmalig beschwert wird, eröffnet ihm der Abhilfebeschluss die Möglichkeit einer Anfechtung der Ausgangsentscheidung, indem für ihn eine neue Beschwerdefrist nach § 63 FamFG in Gang gesetzt wird (vgl. Keidel/Sternal FamFG 20. Aufl. § 68 Rn. 12a; Prütting/Helms/Abramenko FamFG 5. Aufl. § 68 Rn. 10; vgl. auch BayObLG NJW-RR 2003, 1667 f.; OLG Köln NJW-RR 2011, 21 jeweils für das Grundbuchverfahren). Die Beschwerde darf sich aber auch in diesem Fall nicht allein gegen den Abhilfebeschluss richten, sondern muss sich gegen den erstinstanzlichen Beschluss in der Form wenden, den er im Abhilfeverfahren erhalten hat (Prütting/Helms/Abramenko FamFG 5. Aufl. § 68 Rn. 10; Schulte-Bunert/Weinreich/Roßmann FamFG 6. Aufl. § 68 Rn. 12).

14b) Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht zwar im Abhilfeverfahren auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3 seine Entscheidung zum Nachteil des Betroffenen abgeändert, indem es unter anderem der Beteiligten zu 1 die Vermögenssorge entzogen und diese auf den Beteiligten zu 7 übertragen hat. Da der Betroffene jedoch bereits gegen die Ausgangsentscheidung des Betreuungsgerichts Beschwerde eingelegt hatte, war nach dem durchgeführten Abhilfeverfahren Gegenstand seiner Beschwerde nunmehr die Ausgangsentscheidung in der Fassung, die sie durch den Teilnichtabhilfebeschluss vom erhalten hat. Seine isolierte Beschwerde gegen den Teilnichtabhilfebeschluss war damit nicht statthaft und hätte vom Landgericht verworfen werden müssen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:260820BXIIZB243.19.0

Fundstelle(n):
NAAAH-60283