NWB Nr. 39 vom Seite 2873

Keine Kür, nur die Pflicht

Professor Dr. iur. Swen O. Bäuml | Steuerberater/Wirtschaftsjurist | Hochschule Mainz/Frankfurt School of Finance | Inhaber von INFOB | Mitherausgeber der NWB

JStG 2020-E und das ErbStG: „Verpasste Chancen – keine Kür, nur die Pflicht“

Der Regierungsentwurf zum JStG 2020 v.  (JStG-E) sieht auch Änderungen im ErbStG vor. Allerdings sind diese Anpassungen nicht durch die coronabedingte Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen motiviert. Die „Corona-Auswirkungen“ sind aktuell Gegenstand einer bayerischen Bundesratsinitiative „Erbschaft- und Schenkungsteuer an die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen anpassen“ (BR-Drucks. 408/20), die zuletzt Thema der Bundesratssitzung vom war und nun an die zuständigen Ausschüsse verwiesen ist.

Mit dem JStG-E soll der Abzug der Schulden und Lasten in § 10 Abs. 6 ErbStG weiter eingeschränkt werden. Künftig sollen Schulden und Lasten anteilig gekürzt werden, die nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen. Schulden und Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreiten Vermögensgegenständen des Erwerbs stehen, sollen vollständig nicht abzugsfähig sein. Das sog. Korrespondenzprinzip würde damit zulasten der Steuerpflichtigen verschärft. Das JStG-E sieht auch vor, dass in Zusammenhang mit Ausgleichsforderungen bei Zugewinngemeinschaften die abzugsfähige fiktive Ausgleichsforderung gemindert und damit eine Doppelbegünstigung ausgeschlossen wird. Zugleich soll der Wortlaut klarstellend auf Lebenspartner erweitert werden.

Mehrere Erwerbe i. S. der §§ 3, 7 ErbStG innerhalb von zehn Jahren von derselben Person sind beim jeweils letzten Erwerb im Zehnjahreszeitraum mit diesem letzten Erwerb zusammenzurechnen (§ 14 ErbStG). Die Steuerfestsetzung für einen (nachfolgenden) Erwerb soll mit dem JStG-E zukünftig geändert werden können, wenn der Wert eines entsprechend einzubeziehenden Vorerwerbs durch ein rückwirkendes Ereignis i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert wird. Damit soll sichergestellt werden, dass auch der erstmalige Erlass, die Änderung und die Aufhebung einer Steuerfestsetzung für einen Vorerwerb als rückwirkendes Ereignis für die Steuerfestsetzung des nachfolgenden Erwerbs gelten und in solchen Fällen die Steuerfestsetzung für den Nacherwerb zutreffend geändert werden kann.

Das JStG-E holt durchaus sinnvolle Ergänzungen zu Detailregelungen nach, versäumt aber, längst überfällige Änderungen und Klarstellungen in den Bereichen vorzunehmen, in denen vor allem die mittelständischen Familienunternehmen Rechts- und Planungssicherheit brauchen. Einerseits werden diese mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 39 % als Stabilitätsanker in der wirtschaftlichen Krise gelobt, andererseits werden u. a. Forderungen aus Lieferung und Leistung und Kapital in der Rücklage als steuerpflichtiges schädliches Verwaltungsvermögen behandelt beim Übergang des Betriebsvermögens.

Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber verunglückte Regelungen mit überschießender Wirkung rechtzeitig repariert, um den Familienunternehmen weiterhin ihre stabilisierende Rolle in der Gesamtwirtschaft zu ermöglichen.

Swen Bäuml

Fundstelle(n):
NWB 2020 Seite 2873
OAAAH-59121