BGH Beschluss v. - VIII ZR 73/19

Mietpreisbremse in Berlin: Anforderungen an eine umfassende Modernisierung

Gesetze: § 556d Abs 1 BGB, § 556e BGB, § 556f S 1 BGB, § 556f S 2 BGB, § 556g Abs 1 S 3 BGB vom , § 556g Abs 2 BGB vom

Instanzenzug: Az: 66 S 95/18vorgehend AG Tempelhof-Kreuzberg Az: 11 C 362/17

Gründe

11. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Sache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung mehr, nachdem der Senat mit Urteil vom (VIII ZR 285/18, NJW 2020, 208, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; bestätigt durch , WM 2020, 991 Rn. 30 ff.; vom - VIII ZR 120/19, unter II 2, zur Veröffentlichung bestimmt; vom - VIII ZR 45/19 unter II 3, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, sowie VIII ZR 31/19, unter II 1, und VIII ZR 121/19, VIII ZR 128/19 und VIII ZR 129/19, jeweils unter II 2 und zur Veröffentlichung bestimmt) die für die Zulassung der Revision maßgeblichen grundsätzlichen Rechtsfragen entschieden hat, die sich auch hier im Zusammenhang damit stellen, dass die Klägerin aufgrund einer ihr erteilten Inkassobefugnis (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG) abgetretene Mieteransprüche aus der "Mietpreisbremse" gegen die beklagte Vermieterin verfolgt.

22. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

3a) Die Revision ist allerdings uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsurteil unterliegt - wie die Revision zu Recht geltend macht - in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Das Berufungsgericht hat die Revision zwar beschränkt auf die Frage zugelassen, "ob die hier verfahrensgegenständliche Tätigkeit der Klägerin keinen Verstoß gegen die Vorschriften des RDG beinhaltet, der zur Nichtigkeit von ihr geschlossener Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB führt". Diese Beschränkung ist jedoch unwirksam.

4Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision zwar auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente (vgl. etwa Senatsurteil vom - VIII ZR 66/17, NJW 2019, 292 Rn. 22 mwN, insoweit in BGHZ 220, 134 nicht abgedruckt). Bei der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage handelt es sich lediglich um eine einzelne Rechtsfrage, die zudem ein bloßes Element der geltend gemachten Ansprüche bildet. Vorliegend ist daher mangels wirksamer Beschränkung von einer unbeschränkten Zulassung der Revision auszugehen (st. Rspr.; vgl. , NJW 2003, 2529 unter A mwN; vom - XII ZR 116/17, FamRZ 2019, 429 Rn. 10; vom - VIII ZR 355/18, unter B I 2 mwN, zur Veröffentlichung bestimmt).

5b) Das Berufungsgericht hat die Beklagte rechtsfehlerfrei zur Rückzahlung des über die gemäß § 556d BGB zulässige Miete hinausgehenden Betrags von 322,98 € für den Monat August sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 834,43 €, jeweils nebst Zinsen, verurteilt.

6aa) Das Berufungsgericht hat zunächst rechtsfehlerfrei angenommen, dass die für die Mieterin erbrachte Tätigkeit der Klägerin von ihrer Inkassobefugnis gedeckt war und ihr deshalb aufgrund einer wirksamen Abtretung die Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche zustand. Die hiergegen von der Revision erhobenen Einwände hat der Senat bereits in seiner ebenfalls die hiesige Klägerin betreffenden Grundsatzentscheidung vom (VIII ZR 285/18, aaO) geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf dieses Urteil Bezug und verweist dabei insbesondere auf die dortigen Randnummern 160 ff., 176 ff., 184, 207, 209 f., 214 ff. und 225 ff. (siehe ferner , aaO Rn. 80 ff.; vom - VIII ZR 120/19, aaO unter II 3 b und c; vom - VIII ZR 45/19, aaO unter II 2 c aa und bb [zu dem - ebenfalls nicht durchgreifenden - Einwand, die Abtretung der Mieteransprüche aus der "Mietpreisbremse" an die Klägerin sei wegen Unbestimmtheit sowie wegen mangelnder Transparenz oder einer sonstigen unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam]).

7bb) Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf anteilige Rückzahlung der Miete für August 2017 in Höhe von 322,98 € nebst Zinsen bejaht, weil die zwischen den Mietvertragsparteien vereinbarte Miete die nach § 556d BGB zulässige Miete um diesen Betrag überstieg und die Zahlung der Mieterin deshalb in dieser Höhe herauszugeben war (§ 556g Abs. 1 Satz 3 BGB, § 556g Abs. 2 BGB aF, § 398 BGB).

8(1) Dabei ist das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Revision - zutreffend davon ausgegangen, dass die durch das Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG) vom (BGBl. I S. 610) eingeführten Bestimmungen der §§ 556d ff. BGB keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen (BVerfG, NJW 2019, 3054 Rn. 54 ff.; Senatsurteil vom - VIII ZR 45/19, aaO unter II 4 a).

9(2) Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete als Bemessungsgrundlage der höchstzulässigen Miete (§ 556d Abs. 1 BGB) lässt ebenfalls einen Rechtsfehler nicht erkennen; Einwendungen macht die Revision auch nicht geltend.

10(3) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch einen Anwendungsfall der Ausnahmeregelung des § 556f BGB mangels einer umfassenden Modernisierung rechtsfehlerfrei verneint.

11Nach § 556f Satz 2 BGB sind § 556d und § 556e BGB auf die erste Vermietung einer Wohnung nach umfassender Modernisierung nicht anzuwenden. Umfassend ist eine Modernisierung dann, wenn sie einen wesentlichen Bauaufwand erfordert und zudem einen solchen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheinen lässt, für die Satz 1 des § 556f BGB ebenfalls anordnet, dass § 556d BGB (auf die erstmalige Vermietung nach dem ) keine Anwendung findet (vgl. BT-Drucks. 18/3121, S. 32). Die Bezeichnung "umfassend" betrifft somit - anders als die Revision offenbar meint - nicht nur den Investitionsaufwand, sondern auch die qualitativen Auswirkungen auf die Gesamtwohnung; deshalb ist auch zu berücksichtigen, ob die Wohnung in mehreren wesentlichen Bereichen (insbesondere Sanitär, Heizung, Fenster, Fußboden, Elektroinstallation bzw. energetische Eigenschaften) verbessert wurde (vgl. BT-Drucks. 18/3121, aaO; siehe auch BeckOGK-BGB/Fleindl, Stand , § 556f Rn. 25; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 14. Aufl., § 556f BGB Rn. 20; jeweils mwN).

12Die von der Beklagten geltend gemachten baulichen Maßnahmen beschränkten sich aber auf die Erneuerung der Fußböden sowie eine Verlegung von Küche und Bad inklusive der Verlegung und Erneuerung der Anschlüsse und der Elektroinstallation, während Arbeiten an wesentlichen Bereichen wie an Heizung und Fenstern sowie energetische Maßnahmen (Dämmung) nicht vorgenommen wurden. Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die vorgenommenen Verbesserungsmaßnahmen noch nicht einen solchen Umfang aufgewiesen haben, dass eine Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt erscheint, ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, ohne dass es hierzu einer Klärung bedürfte, ob es sich bei sämtlichen von der Beklagten angeführten baulichen Maßnahmen um eine Modernisierung handelte (vgl. hierzu BT-Drucks. 18/3121, aaO).

13cc) Ebenfalls rechtsfehlerfrei und von der Revision auch nicht angegriffen hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 834,43 € nebst Zinsen zuerkannt (§ 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1, §§ 257, 398 BGB, § 4 Abs. 5 RDGEG).

143. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:270520BVIIIZR73.19.0

Fundstelle(n):
NJW-RR 2020 S. 1212 Nr. 20
CAAAH-59005