Online-Nachricht - Donnerstag, 03.09.2020

Schenkungsteuer | Vorbehalt eines nachrangigen Nießbrauchs (BFH)

Ein vom Schenker vorbehaltener lebenslanger Nießbrauch mindert den Erwerb des Bedachten auch dann, wenn an dem Zuwendungsgegenstand bereits ein lebenslanger Nießbrauch eines Dritten besteht. Der Nießbrauch des Schenkers erhält einen Rang nach dem Nießbrauch des Dritten. § 6 Abs. 1 BewG gilt nicht für einen am Stichtag entstandenen, aber nachrangigen Nießbrauch (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden nicht berücksichtigt (§ 6 Abs. 1 BewG). Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein (§ 158 Abs. 1 BGB).

Sachverhalt: Die Revisionsklägerin war Gesellschafterin einer GbR. Ihren Gesellschaftsanteil hatte sie schenkweise von ihrer Mutter (M) unter dem Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs erhalten. Mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag übertrug sie 2008 u.a. die Hälfte dieses Anteils schenkweise auf ihre Tochter S und behielt sich den lebenslangen Nießbrauch vor.

Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer ggü. der Klägerin brachte das FA lediglich den Nießbrauch der M, nicht aber den Nießbrauch der Klägerin zum Abzug. Zur Begründung führte das FA aus, beim Nießbrauch der Klägerin handele es sich um eine Last, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhänge. Solche Lasten würden gem. § 6 BewG nicht berücksichtigt.

Das ) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Nießbrauch der Klägerin und der Nießbrauch der M stünden in einem Stufenverhältnis dergestalt, dass Ersterer in seiner Ausübung und zwangsweisen Durchsetzung nachrangig ggü. Letzterem sei. Der nachrangige Nießbrauch stelle bis zum Erlöschen des vorrangigen Nießbrauchs keine tatsächliche Belastung für die Bedachte dar. Es könne nicht einmal mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass er jemals zum Tragen komme. Daher liege eine aufschiebende Bedingung i.S. des § 6 Abs. 1 BewG vor, mit der Folge, dass eine Steuerstundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG a.F. ausscheide.

Der BFH führte aus:

  • Hat sich der Zuwendende ein dingliches Nutzungsrecht (Nießbrauch, hier: § 1068 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 1030 ff. BGB) am Zuwendungsgegenstand vorbehalten, ist diese vorübergehende Einschränkung der Bereicherung durch Abzug der Last zu berücksichtigen, wenn ein gesetzliches Abzugsverbot nicht entgegensteht (vgl. und ).

  • Gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 1 BewG werden Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht berücksichtigt. Erst wenn die Bedingung eintritt, ist eine Schenkungsteuerfestsetzung auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen (§ 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 BewG).

  • Mit dem Ausdruck "Bedingung" knüpft § 6 Abs. 1 BewG an das bürgerliche Recht an (). Bedingung ist danach die einem Rechtsgeschäft beigefügte Bestimmung, dass die Wirkungen des Rechtsgeschäfts von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängen. Gem. § 158 Abs. 1 BGB tritt die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemachte Wirkung des Rechtsgeschäfts erst mit dem Eintritt der Bedingung ein. Solange die Bedingung nicht eingetreten ist, liegt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts im Ungewissen bzw. schwebt ().

  • Ein vom Schenker vorbehaltener lebenslanger Nießbrauch mindert den Erwerb des Bedachten danach grundsätzlich auch dann, wenn an dem Zuwendungsgegenstand bereits ein lebenslanger Nießbrauch eines Dritten besteht. Bei der Schenkungsteuerfestsetzung sind die Nutzungsrechte in der Weise zu berücksichtigen, dass der vorrangige und der nachrangige Nießbrauch (als einheitliche Last) nur einmal, aber mit dem höheren Vervielfältiger (§ 14 BewG) abgezogen werden.

  • Die bis zum geltende Regelung des § 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ErbStG a.F. untersagt den Abzug des vom Schenker vorbehaltenen, nachrangigen Nießbrauchs. Die auf diesen Nießbrauch entfallende Schenkungsteuer ist aber zu stunden.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB FAAAH-57394