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Risiko der Scheinselbständigkeit bei freien Mitarbeitern
Gestaltungsempfehlungen zur Vermeidung von Ermittlungen durch DRV und Zoll
[i]Romanowski, Das Kriterium der hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, BBK 14/2019 S. 674 NWB NAAAH-22365 In der betrieblichen Praxis werden von vielen Unternehmen u. a. gern freie Mitarbeiter eingesetzt. Dabei ist sich wahrscheinlich nicht jeder Unternehmer der Gefahr einer möglichen Scheinselbständigkeit seiner freien Mitarbeiter und der daraus resultierenden Konsequenzen und Risiken bewusst. Der Beitrag soll die auftraggebenden Unternehmen diesbezüglich sensibilisieren und zeigt auch Lösungsansätze auf.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Abgrenzung Arbeitnehmer – Selbständiger
1. Merkmale der Sozialversicherungspflicht
[i]Meier, Sozialversicherungspflicht, infoCenter NWB YAAAB-41368 Die Frage, ob für einen Beschäftigten Sozialversicherungspflicht vorliegt, ist für die Kranken-, Pflege- sowie Renten- und Arbeitslosenversicherung grundsätzlich getrennt zu prüfen. Da die gesetzlichen Vorschriften in den einzelnen Versicherungszweigen der Sozialversicherung vielfach jedoch übereinstimmen, hat die Entscheidung zur Versicherungspflicht in einem Versicherungszweig regelmäßig auch das Vorliegen von Versicherungspflicht in allen anderen Versicherungszweigen zur Folge.
Voraussetzungen für die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern in der Sozialversicherung sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV einerseits der Bezug von Arbeitsentgelt und andererseits das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses:
Arbeitsentgelt [i]Arbeitsentgeltsind nach § 14 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Beschäftigung [i]Beschäftigung ist nach § 7 SGB IV die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Diese Merkmale sind nicht zwingend kumulativ für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich, sie sind lediglich als Anhaltspunkte erwähnt, ohne eine abschließende Bewertung vorzunehmen. So kann das Weisungsrecht – vornehmlich S. 827bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert“ sein.
2. Kriterien zur Tätigkeitsbeurteilung
[i]Wenning, Scheinselbständigkeit, infoCenter NWB HAAAA-41718 Ein Scheinselbständiger ist eine Erwerbsperson, die die Pflichten eines Arbeitnehmers mit den Risiken eines Unternehmers in sich vereinigt. Der Handlungsspielraum eines Scheinselbständigen bei der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit ist – anders als bei „echten“ Selbständigen – vertraglich oder tatsächlich wie bei einem Arbeitnehmer eingeschränkt.
Die steuerrechtliche Beurteilung kann allenfalls ein Indiz sein, ist aber für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung nicht entscheidend.
Die vertraglichen Vereinbarungen, die Bezeichnung oder die Rechtsform des vertraglichen Verhältnisses sind nicht entscheidend. Vielmehr kommt es immer auf die tatsächlichen Verhältnisse an, wenn diese so auch rechtlich zulässig sind.
[i]BeurteilungskriterienFolgende Kriterien sind für die Beurteilung einer Beschäftigung entscheidend: die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers, seine Eingliederung in den Betrieb und die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber.
Ein starres Schema für die Beurteilung gibt es nicht. Vielfach werden sowohl Kriterien vorliegen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, als auch solche, die eine selbständige Tätigkeit vermuten lassen. In diesen Fällen ist eine sorgfältige Abwägung erforderlich. Entscheidend ist immer das Gesamtbild der Tätigkeit.
Im [i]Geißler, Selbständige Arbeit, infoCenter NWB MAAAB-36694 Allgemeinen ist derjenige selbständig, wer unternehmerische Entscheidungsfreiheit genießt, ein unternehmerisches Risiko trägt sowie unternehmerische Chancen wahrnehmen und hierfür Eigenwerbung betreiben kann. Typische Merkmale unternehmerischen Handelns sind u. a., dass Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, statt im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers erbracht werden, sowie die eigenständige Entscheidung über Einkaufs- und Verkaufspreise, Warenbezug, Einstellung von Personal, Einsatz von Kapital und Maschinen, die Zahlungsweise der Kunden (z. B. sofortige Barzahlung, Stundungsmöglichkeit, Einräumung von Rabatten), Art und Umfang der Kundenakquisition, Art und Umfang von Werbemaßnahmen für das eigene Unternehmen (z. B. Benutzung eigener Briefköpfe).
II. Prüfungsschwerpunkte von DRV und Zoll
1. Fehlendes Unternehmerrisiko beim Auftragnehmer
[i]Checkliste, Merkmale einer Scheinselbständigkeit, Arbeitshilfe NWB FAAAE-35338 Das Fehlen eines Unternehmerrisikos ist ein entscheidender Punkt in der Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft.
Schwierigkeiten bereitet in der betrieblichen Praxis immer wieder die Frage, wann ein Unternehmerrisiko als Indiz für die Selbständigkeit vorliegt und welche Bedeutung diesem Kriterium bei der Würdigung des Gesamtbildes zukommt.