Änderung eines erst im
Rechtsbehelfsverfahren aufgrund einer Wahlrechtsausübung rechtswidrig
gewordenen Steuerbescheids nach § 174 Abs. 4 AO Auswirkungen von gewinnmindernden Teilwertabschreibungen
in 2001 und 2002 auf die Folgejahre
Leitsatz
1. a) Der
Begriff des "bestimmten Sachverhalts" ist nicht periodenbezogen
einschränkend auszulegen. Als "bestimmter Sachverhalt" i.S. des
§ 174 Abs. 4 AO ist daher auch das Halten einer Beteiligung und
die damit einhergehende Erzielung von Einnahmen über mehrere Jahre
anzusehen. Die "richtigen steuerlichen Folgerungen" sind dabei ohne
Rücksicht auf die Steuerart, den Steuerpflichtigen oder den Besteuerungszeitraum
zu ziehen.
b) Die Änderungen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen gem.
§ 174 Abs. 4 AO können nur Anpassungen erfassen, die sich aus dem
Sachverhalt, nicht aber aus den steuerlichen Folgen dieses Sachverhalts
ergeben. Das setzt objektiv, eine unzutreffende rechtliche Würdigung
des in Frage stehenden Tatsachenkomplexes durch die für den Erlass des
inzwischen korrigierten Steuerbescheids zuständige Finanzbehörde
voraus.
c) Nach dem Sinn und Zweck des § 174 Abs. 4 AO ist das
Finanzamt nicht nur dann zum Erlass eines Änderungsbescheids berechtigt,
wenn ein Steuerbescheid aufgrund eines materiellen Rechtsfehlers
von Anfang an rechtswidrig war, sondern auch dann, wenn er erst
im Rechtsbehelfsverfahren aufgrund einer Wahlrechtsausübung rechtswidrig
wurde.
2. a) § 43 Abs. 18 KAGG i.d.F.
des Korb II-Gesetzes vom entfaltet keine verfassungsrechtlich
unzulässige Rückwirkung, soweit er die Anwendung des § 40a Abs.
1 Satz 2 KAGG i.d.F. des Korb II-Gesetzes für den VZ 2003 anordnet,
da der Veranlagungszeitraum 2003 im Zeitpunkt der Veröffentlichung
im Bundesgesetzblatt noch nicht abgelaufen war.
b) Für alle noch nicht bestandkräftigen Veranlagungen
vor dem VZ 2003 entfaltet die Anwendungsregel des § 43 Abs. 18 KAGG
eine verfassungswidrige echte Rückwirkung, soweit die Vorschrift
Festsetzungen für diese Veranlagungszeiträume umfasst, die noch
nicht bestandskräftig sind (vgl. BVerfG 1 BvL 5/08 vom ).
3. Eine Hinzurechnung gem.
§ 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 und 3 KStG im Jahr 2003
darf nicht vorgenommen werden, wenn die Gewinnminderung aufgrund eines
niedrigeren Teilwertansatzes nicht auf die Wertentwicklung der Beteiligung
des Spezialfonds an Kapitalgesellschaften zurückgeht, deren Leistungen
beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
gehören.
4. a) Die Hinzurechnungen im
Jahr 2004 gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind materiell rechtswidrig
erfolgt, weil das Finanzamt den negativen Anleger-Aktiengewinn berücksichtigt
hat, ohne die auf die Jahre 2001 und 2002 entfallenden negativen
Aktiengewinne durch einen entsprechenden Korrekturposten zu korrigieren
(wird näher ausgeführt).
b) § 8 Abs. 3 Satz 4 InvStG kann nicht dahingehend ausgelegt
werden, dass die Berichtigung nicht nur hinsichtlich des vorangegangenen
Wirtschaftsjahrs zu erfolgen hat, soweit sich der Aktiengewinn auf
den Bilanzansatz ausgewirkt hat, sondern auch hinsichtlich der Jahre
2001 und 2002, in denen das KAGG noch keine Hinzurechnung vorsah.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): KAAAH-56497
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Online-Dokument
Finanzgericht
Nürnberg
, Urteil v. 05.11.2019 - 1 K 1550/17
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