Strafzumessung: Berücksichtigung einer freiwilligen Schadenswiedergutmachung
Gesetze: § 46 StGB, § 46a StGB
Instanzenzug: Az: 119 KLs 4/15
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, von denen drei Monate als vollstreckt gelten. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.044.440 € angeordnet. Die Revision des Angeklagten, die er mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
32. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch und zur Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgezeigt.
43. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben.
5a) Die Strafkammer hat die Einzelstrafen dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen. Dies ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie der Umstand, dass sie die Einzelstrafen nach den den Geschädigten zunächst jeweils entstandenen Schäden gestaffelt hat.
6b) Zutreffend geht die Strafkammer bei der konkreten Strafzumessung ferner davon aus, dass geleistete Rückzahlungen, die zu einer Schadenskompensation geführt haben, strafmildernd Berücksichtigung finden. Auch wenn die Voraussetzungen des § 46a StGB nicht vorliegen, hat eine freiwillige Schadenwiedergutmachung bestimmende Bedeutung für die Zumessung der Strafe (MüKo-StGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 259). Aber auch eine auf Zwangsvollstreckung beruhende Schadensbeseitigung oder -verringerung kann mit Blick auf den Erfolgsunwert der Tat für die Strafzumessung Bedeutung gewinnen (Schönke/Schröder/Kinzig, StGB, 30. Aufl., § 46 Rn. 40).
7c) Die Urteilsgründe lassen indes nicht erkennen, dass die Strafkammer eine erfolgte Schadenskompensation bei der Einzelstrafbemessung tatsächlich berücksichtigt hat. So beziffert sich der Schaden in den Fällen 41 und 42 (der Anklage) auf 100.000 bzw. auf 120.000 €, in den Fällen 31, 43 und 44 (der Anklage) ebenfalls auf jeweils 100.000 €. In allen Fällen hat die Strafkammer zwei Jahre und sechs Monate Einzelfreiheitsstrafe verhängt, obgleich der Angeklagte in den Fällen 41 und 42 (der Anklage) Rückzahlungen in Höhe von insgesamt 180.000 € geleistet hatte, während in den Fällen 31, 43 und 44 (der Anklage) keine Rückzahlungen festgestellt werden konnten. In Fall 1 (der Anklage) beträgt der festgestellte Schaden ebenso wie in weiteren Fällen 50.000 €. Die Strafkammer hat in all diesen Fällen Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten verhängt, so auch im Fall 1 (der Anklage), in dem der Geschädigte im Wege der Zwangsvollstreckung vollständige Befriedigung erlangen konnte. Die Urteilsgründe legen auch nicht dar, dass und warum - abweichend von den von der Strafkammer genannten Strafmilderungsgründen - im jeweiligen Einzelfall eine Schadenskompensation keine Berücksichtigung finden konnte oder weshalb gleichwohl die verhängte Einzelstrafe angemessen war.
8d) Der Senat hebt den Strafausspruch insgesamt mit den Feststellungen auf, auch um dem neuen Tatrichter eine eigenständige, widerspruchsfreie Einzelstrafbemessung zu ermöglichen. Dabei wird er auch bedenken müssen, dass - anders als in den Urteilsgründen ausgeführt - das Gewicht einer Schadenswiedergutmachung regelmäßig nicht dadurch gemindert wird, dass der Angeklagte sich dadurch Strafmilderung erhofft.
9Soweit die Strafkammer „zu den vereinzelten Rückzahlungen“ aufgrund der Einlassung des Angeklagten, den Angaben der Geschädigten und in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden bereits Feststellungen getroffen hat, sind diese vom Rechtsfehler nicht berührt und auch ansonsten rechtsfehlerfrei; diese Feststellungen haben Bestand. Der neue Tatrichter kann ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen (etwa dazu, worauf sich die Teilrückzahlungen in den Fällen 29 und 30 (der Anklage) und in den Fällen 41 und 42 (der Anklage) beziehen).
104. Soweit das Landgericht eine Kompensation wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gewährt hat, lässt dies für sich genommen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht erkennen. Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung nicht berührt; sie hat Bestand (vgl. , BGHSt 54, 135). Der neue Tatrichter wird allerdings, sofern hierzu Anlass besteht, zu prüfen und zu entscheiden haben, ob nach der Entscheidung des Revisionsgerichts eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten und zu kompensieren ist (BGH, aaO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:270520B2STR112.20.0
Fundstelle(n):
DAAAH-55591