Online-Nachricht - Montag, 03.08.2020

Grunderwerbsteuer | Wegfall der Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG (FG)

Gesamthandsgemeinschaften werden im Grunderwerbsteuerrecht zwar materiell als selbständige Rechtsträger behandelt. Gleichwohl bleibt bei ihnen die bürgerlich-rechtliche Vorgegebenheit, dass das Eigentum dieser Gemeinschaften Eigentum der Gesellschafter ist, wenn auch in gesamthänderischer Verbundenheit. Diesem Umstand tragen die §§ 5 und 6 GrEStG Rechnung, wonach der Übergang eines Grundstücks auf eine Personengesellschaft insoweit steuerfrei bleibt, als die erwerbenden oder veräußernden Personen an der Personengesellschaft beteiligt sind oder waren (; Revision anhängig).

Sachverhalt: Die Klägerin (Erwerber-KG) erwarb diverse Grundstücke von insgesamt zehn Kommanditgesellschaften (Veräußerer-KG‘s). Der Kauf erfolgte u.a. durch Übernahme der Darlehensvaluten der einzelnen Grundstücke. Nach dem Kaufvertrag sollte sich der Kaufpreis ändern, wenn die übernommene Schuld höher oder niedriger sein sollte als die von den Beteiligten angenommene Schuld. Betroffen waren Grundstücke, die in Bezirken verschiedener Finanzämter liegen.

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war Z als Kommanditist mit einem Anteil von 100 % am Vermögen der Klägerin beteiligt. Die Kommanditanteile der Veräußerer KG‘s wurden von Z1, Z2 sowie Z3 gehalten. Es handelt sich hierbei um die leiblichen Kinder des Z. Die Veräußerer KG’s hatten den Grundbesitz zuvor von Seiten der Z4 Kommanditgesellschaft sowie der Bauherrengemeinschaft der Z und Z4 erworben. Z4 ist der leibliche Vater von Z. Diese hielten wiederum den Grundbesitz über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren. Der Erwerbsvorgang wurde durch das zuständige Feststellungsfinanzamt unter Hinweis auf § 3 Nr. 6 i.V.m. § 6 Abs. 3 GrEStG als steuerfrei behandelt.

Eine Betriebsprüferin kam zum Ergebnis, dass die zunächst gewährte Steuerbefreiung rückwirkend gem. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG zu versagen sei. Ausschlaggebend sei, dass Z 94 % seiner Kommanditanteile (nur wenige Wochen nach Erwerb der Grundstücke) an E veräußert habe. Somit handele es sich um einen sukzessiven Gesellschafterwechsel. Zudem sei eine wirtschaftliche Betrachtung geboten. Z habe einen Tag nach Verkauf der Anteile von 94 % seine Gewinn- und Verlustbeteiligung für die verbliebenen 6 % an E abgetreten. Im Ergebnis würden unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO E 100 % der Anteile zugerechnet. Da die wirtschaftliche Übertragung der Anteile innerhalb der Sperrfrist von fünf Jahren erfolgt sei, sei die zunächst gewährte Steuerbefreiung insoweit gem. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG zu versagen.

Das FG führte aus:

  • Den Bescheid hat das FA zu Recht geändert. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG entfällt die Vergünstigung beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand, wenn und soweit sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks von der einen auf die andere Gesamthand vermindert. Der Anteil des Z an der Klägerin hat sich innerhalb dieser sog. fünfjährigen Nachbehaltensfrist um 100 % verringert.

  • Die Klägerin war zur Anzeige gem. § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG verpflichtet. Da sie die Anzeige unterließ, begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, also am und endete am . Der Änderungsbescheid konnte mithin am noch ergehen.

  • Begründet ist die Klage jedoch insoweit, dass in dem geänderten Bescheid nicht die zutreffende Bemessungsgrundlage angesetzt wurde. Das FA hatte im BP-Bericht festgestellt, dass der Darlehensstand bei Übernahme der Darlehen (nur) X-Mio. € betragen hat. Die Bemessungsgrundlage beträgt daher den vom FA geringeren festgestellten Wert.

Hinweis:

Beim BFH ist die Revision unter dem Az. II R 4/20 anhängig.

Rechtsfrage: Ist § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG einschränkend dahingehend auszulegen, dass - trotz der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders innerhalb der Fünfjahresfrist - die Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG nicht entfällt, wenn der grundstückseinbringende Gesamthänder seine gesamthänderische Mitberechtigung durch einen einheitlichen Rechtsakt verliert oder mindert, der seinerseits nach § 1 Abs. 2a GrEStG grunderwerbsteuerbar ist und somit die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung objektiv ausscheidet?

Das vollständige Urteil finden Sie auf der Homepage des FG Köln. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Köln (JT)

Fundstelle(n):
HAAAH-54946