Online-Nachricht - Montag, 27.07.2020

Einkommensteuer | Kindergeld bei Familienwohnsitz in China (FG)

Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinanderfolgenden kurzen Zeiträume zu Erholungszwecken macht eine Wohnung nicht zum Wohnsitz im Sinne des § 8 AO. Zum Innehaben einer Wohnung ist es erforderlich, dass über die Wohnung ständig verfügt werden kann; dabei ist die Zahlung von Miete für die tatsächliche Verfügungsbefugnis über die Wohnung nicht notwendig ().

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in einem Zeitraum, in dem sie sich mit ihrer Familie überwiegend in China aufhält, zusammen mit ihren Kindern noch einen inländischen Wohnsitz unterhält und in der Konsequenz einen deutschen Kindergeldanspruch hat.

Der Ehemann der Klägerin wurde für drei Jahre nach China entsandt. Die Klägerin und die Kinder folgten ihm dorthin und verbrachten die meiste Zeit des Jahres in China. Die Klägerin möchte mit ihrer Familie die Sommerferien (ca. zwei Monate) und teilweise auch einige Wochen im Frühjahr in Deutschland verbringen. Dabei soll das im Eigentum der D GmbH (Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Ehemann) stehende Haus in Hessen zu Wohnzwecken genutzt werden. Eine Nutzung des Hauses durch andere Personen als die Klägerin und ihre Familienangehörigen soll nicht erfolgen. Die D GmbH und der Ehemann der Klägerin schlossen einen Nachtrag zum Geschäftsführervertrag, in dem unter § 4 (Miete) geregelt wird, dass der Geschäftsführer mit seinen Familienangehörigen während seines jährlichen Aufenthalts in Deutschland in seiner bisherigen Wohnung wohnt und er während dieser Zeit die bisherige Miete zahlt. Des Weiteren wird darin geregelt, dass ihm (und seinen Familienangehörigen) nach Beendigung der Entsendung diese Wohnung wieder dauerhaft und uneingeschränkt zur Verfügung steht.

Die Familienkasse versagte den Kindergeldbezug, da sie die Auffassung vertritt, dass das Mietverhältnis lediglich für die Urlaubszeiträume bestehe und das Haus im Umkehrschluss für den restlichen Zeitraum der Familie nicht zur Verfügung stehe.

Das FG entschied zugunsten der Klägerin und führte aus:

  • Ein Wohnsitz liegt vor, wenn die Wohnung dadurch als Bleibe dient, dass sie ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit benutzt wird. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinanderfolgender kurzer Zeitraume zu Erholungszwecken macht eine Wohnung nicht zum Wohnsitz im Sinne des § 8 AO.

  • Die Wohnung im Inland muss nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen bilden, es reicht jedoch nicht aus, dass jemand, der dauert und langfristig mit seiner Familie im Ausland wohnt sich nur gelegentlich im Urlaub in der Wohnung aufhält, die ihm unentgeltlich von Dritten zur Verfügung gestellt wird. In einem solchen Fall dienen die zur Verfügung gestellten Räume nicht als Bleibe und begründen damit keinen Wohnsitz.

  • Bei einem ins Ausland versetzten Arbeitnehmer begründet das Beibehalten einer eingerichteten Wohnung im Inland eine vom Umfang der tatsächlichen Nutzung unabhängige Vermutung für eine fortdauernde Nutzungsabsicht.

  • Der Umstand, dass die Wohnung untervermietet wird, schließt dagegen eine künftige regelmäßige Benutzung aus.

  • Zum Innehaben einer Wohnung ist es erforderlich, dass über die Wohnung ständig verfügt werden kann; dabei ist die Zahlung von Miete für die tatsächliche Verfügungsbefugnis über die Wohnung nicht notwendig.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB PAAAH-54268