IWB Nr. 13 vom Seite 1

Der Rückzug der USA aus dem Zweisäulen-Modell

Prof. Dr. Adrian Cloer | Mitglied des IWB-Fachbeirates

[i]BEPS 2.0 tritt in eine kritische PhaseSteuergerechtigkeit verlangt nicht nur, sie lautstark zu propagieren, sondern sie auch zu leben. Diese Erkenntnis eint im Rahmen des sog. Inklusivrahmens 137 Staaten, die sich auf ein Zweisäulen-Modell verständigen wollen. Säule 1 soll den sog. Marktstaaten ein Besteuerungsrecht auch ohne Betriebsstätte zugestehen und Säule 2 soll dem Steuerwettbewerb durch ein Mindestbesteuerungskonzept Einhalt gebieten.

Dem sog. BEPS 2.0-Projekt ging die erste BEPS-Phase voraus, die ihren Ausgang in besonders aggressiven Steuergestaltungen insbesondere US-amerikanischer Konzerne nahm. Steuern sind zwar bei Lichte betrachtet für ein Unternehmen nichts anderes als Kosten, die es zu minimieren gilt. Aber selbst wenn die Legitimität der Steuerersparnis außer Frage steht, verhält es sich bei den Gestaltungen, die im Fokus des BEPS-Projekts stehen, anders. Folglich war die Öffentlichkeit bei der Weigerung der USA, das Mehrseitige Übereinkommen mitzutragen, verstimmt.

[i]USA möchten die Verhandlungen zu Pillar 1 ruhen lassenDie anfängliche Zuversicht, bis Ende dieses Jahres einen weltweiten Konsens zu erreichen, weicht langsam einer Ernüchterung. Erste Wolken am BEPS-Himmel zeigten sich bereits am , als der US-Finanzminister Mnuchin dem „lieben Angel“ (gemeint war José Ángel Gurría, Generalsekretär der OECD) mitteilte, die USA unterstützten zwar das Vorhaben, aber es dürfe keine Änderung des bestehenden Steuersystems geben. Nun zogen die USA die Reißleine und kündigten am 12. Juni den Rückzug aus der ersten Säule an. Die Verhandlungen dazu sollten später ggf. wieder aufgenommen, über die Säule 2 solle weiterverhandelt werden.

Ob die USA sich mit dieser Entscheidung einen Gefallen getan haben, erscheint mehr als fraglich. Gerade die als Rechtfertigung bemühte Corona-Krise stärkte viele Digitalunternehmen und dürfte zur Aufgabe der bisherigen Zurückhaltung vieler Staaten bei der Einführung von Digitalsteuern führen. So verwundert auch nicht die wiederholte Warnung der USA, ggf. Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen.

[i]Es droht eine Welle unilateraler Aktionen und GegenmaßnahmenDiamanten entstehen bekanntlich unter Druck. Dieser ist nun bitter nötig, um alle Beteiligten zur Raison zu bringen. So sehr die nunmehrige unilaterale Einführung von Digitalsteuern nachvollziehbar erscheint, wäre sie nur Auftakt für Handelshemmnisse, in deren Folge alle Beteiligten verlieren. Zu hoffen bleibt auf den Zusammenhalt der Staaten im Inklusivrahmen und auf die Geduld, das Thema besonnen zu lösen. Hilfreich erscheint eine klare Antwort an die USA, dass nur abgestimmtes Verhalten zum Ziel führt.

Es grüßt Sie herzlich

Adrian Cloer

Fundstelle(n):
IWB 13 / 2020 Seite 1
NWB WAAAH-53246