Online-Nachricht - Donnerstag, 09.07.2020

Einkommensteuer | Verwendung von Altersvorsorgevermögen zur Entschuldung einer selbstgenutzten Wohnung (BFH)

Die Einzahlung von gefördertem Altersvorsorgevermögen auf einen nicht zertifizierten Bausparvertrag stellt auch dann eine förderschädliche wohnungswirtschaftliche Verwendung gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG dar, wenn infolge der hierdurch ermöglichten früheren Zuteilung der Bausparsumme erreicht werden soll, ein Darlehen zur Immobilienfinanzierung zinsersparend früher abzulösen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG n.F. kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und nach § 10a EStG oder nach dem XI. Abschnitt des EStG geförderte Kapital in vollem Umfang oder unter bestimmten Voraussetzungen teilweise bis zum Beginn der Auszahlungsphase entweder unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer nach Satz 5 der Vorschrift begünstigten Wohnung oder nur dies kommt im Streitfall ernsthaft in Betracht zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden.

Sachverhalt: Streitig ist, ob der Kläger gefördertes Kapital aus einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag förderschädlich verwendet hat, indem er einen Teil hiervon zur Auffüllung eines noch nicht zuteilungsreifen Bausparvertrages verwendet hat, um damit ein weiteres Immobilien-Darlehen zu tilgen.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Für die Frage, welche Fassung der Vorschrift des § 92a EStG anzuwenden ist, ist auf den Zeitpunkt der wohnungswirtschaftlichen Verwendung und nicht auf den Antrag auf Entnahme eines Altersvorsorge-Eigenheimbetrags abzustellen.

  • Die "Tilgung" eines Darlehens i.S.d. Nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass durch eine Leistung des Schuldners der Rückzahlungsanspruch des Gläubigers ganz oder zumindest teilweise erlischt; das Darlehen muss "abgelöst" werden.

  • Im Streitfall hat der Kläger sein Altersvorsorgekapital zwar in der Absicht der Tilgung des Darlehens II seinem Bausparguthaben zugeführt. Allerdings verringerte diese Einzahlung noch nicht den Rückzahlungsanspruch der Sparkasse aus dem Darlehen II.

  • Die nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG n.F. erforderliche Tilgungswirkung konnte erst zum Zeitpunkt der Zuteilung der Bausparsumme eintreten, da erst dann das Darlehen II vereinbarungsgemäß zurückgeführt werden sollte

  • Die Deutsche Rentenversicherung Bund (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen) ist befugt, die Unwirksamkeit eines Bescheids über die Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags (§ 92b EStG) durch eigenständigen Verwaltungsakt festzustellen, sofern der Bescheid unter einer bestandskräftig gewordenen auflösenden Bedingung erlassen worden war und die Bedingung eingetreten ist.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker , Richter im X. Senat des BFH:

Das Altersvorsorgevermögen ("Riester-Rentenvermögen") kann gemäß § 92a EStG auch zur Entschuldung einer Wohnimmobilie genutzt werden. § 92b EStG regelt das Verfahren bei dieser Verwendung des sog. Altersvorsorge-Eigenheimbetrags und soll die wohnwirtschaftliche Verwendung sicherstellen.

Gemäß § 92b Abs. 1 Satz 2 EStG teilt die Deutsche Rentenversicherung Bund, Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen - ZfA - dem Zulagenberechtigten nach Antrag unter Beifügung entsprechender Nachweise mit, bis zu welcher Höhe aus dem Altersvorsorgevermögen zur Tilgung eines solchen Darlehens entnommen werden darf. Dieser Betrag wird nach entsprechender Tilgung auf dem Wohnförderkonto (§ 92a Abs. 2 Satz 1 EStG) erfasst, um die nachgelagerte Besteuerung ab Erreichen der sog. Auszahlungsphase zu gewährleiten.

Ergibt sich später, dass der Zulagenberechtigte den entnommenen Betrag nicht oder nicht vollständig diesem Darlehensvertrag rechtzeitig zugeführt hat, stellt die ZfA (bislang) die Unwirksamkeit des vorherigen (Entnahme-)Bescheides fest. Durch gesonderten Bescheid nach § 94 Abs. 2 EStG fordert die ZfA später die Zulagen zurück. Dieses komplexe System, bestehend aus bis zu drei Bescheiden, ist möglich. Dies betrifft auch den (Zwischen-)Bescheid, der die Unwirksamkeit des Entnahmebescheides feststellt. Trotz fehlender gesetzlicher Grundlage und massiven Zweifeln des BFH an dessen Notwendigkeit durfte die ZfA, ausgehend von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (, BVerwGE 72, 265), so handeln.

In der Sache stellte der BFH klar, dass eine wohnwirtschaftliche Verwendung im Zusammenhang mit Bausparverträgen deren Zertifizierung voraussetzt. § 82 Abs. 1 Satz 3 EStG fingiert Tilgungsleistungen bei solchen Kombi-Verträgen bestehend aus Darlehen und Bausparvertrag. Diese Leistungen werden gemäß § 92a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG dem Wohnförderkonto gutgeschrieben. Bei nichtzertifizierten Bausparverträgen ist dies nicht der Fall, weshalb eine Einzahlung in der Absicht einer späteren Tilgung i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG - wie hier - nicht ausreicht.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB GAAAH-53166