BGH Beschluss v. - 2 StR 295/19

Schwere Brandstiftung: Brandlegung in einem vom Mieter allein genutzten Wohngebäude nach Räumung

Gesetze: § 306 Abs 1 Nr 1 StGB, § 306a Abs 1 Nr 1 StGB, § 306b Abs 2 Nr 2 StGB

Instanzenzug: LG Rostock Az: 12a KLs 74/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die nicht näher ausgeführte Sachrüge erhebt. Das Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg.

I.

2Nach den Feststellungen bewohnte der Angeklagte als einziger Mieter einen freistehenden Bungalow mit einer Wohnfläche von ca. 42 qm. Im Herbst 2015 fasste er den Entschluss, das Haus niederzubrennen, um zu einem späteren Zeitpunkt einen Versicherungsbetrug zu begehen.

3Zu diesem Zweck schloss er am im Internet eine Hausratversicherung über 50.000 Euro mit Wirkung zum ab und bezahlte sofort die erste Jahresprämie von 81,44 Euro.

4In der Nacht zum brannte er unter Verwendung von Brandbeschleuniger den Bungalow nieder, wobei er infolge einer Verpuffung schwerste Brandverletzungen erlitt. Der Sachschaden betrug ca. 20.000 Euro, andere Menschen kamen nicht zu Schaden. Eine am beantragte Schadensregulierung hat die Versicherung nach Einsicht in die Ermittlungsakte abgelehnt.

II.

5Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB verurteilt. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:

„1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB wird durch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht getragen. Danach fehlt es an einer Haupttat nach § 306a StGB, die von dem Qualifikationstatbestand des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB vorausgesetzt wird.

In Betracht kommt hier, wie das Landgericht zutreffend gesehen hat, allein eine Tat nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Tatvariante des Inbrandsetzens eines Gebäudes, das der Wohnung von Menschen dient. Eine solche Räumlichkeit stellte der von dem Angeklagten bewohnte Bungalow dar. Das Landgericht hat indes übersehen, dass die Zweckbestimmung des Gebäudes zu Wohnzwecken vor der Brandlegung von dem Angeklagten aufgegeben wurde (BGHSt 10, 215; 16, 396; 26, 122; , NStZ-RR 2005, 76, 77). Eine solche Aufgabe des Willens, das Gebäude weiter zu bewohnen, durch sämtliche Bewohner nimmt dem Tatobjekt auch dann die von § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorausgesetzte Zweckbestimmung, wenn die Bewohner wie hier nur allein berechtigte unmittelbare Fremdbesitzer sind (, MDR 1993, 421; , NStZ-RR 2005, 76, 77; Fischer StGB 66. Auflage § 306a Rn. 4a; LKStGB/Wolf § 306a Rn. 13; MüKOStGB/Radtke § 306a Rn. 18).

2. Die Feststellungen belegen die Beendigung der Wohnnutzung durch den Angeklagten. In diesem Fall wäre von einer Strafbarkeit des Angeklagten wegen Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB auszugehen. Der im Fehlen jeglicher Erörterung liegende sachlich-rechtliche Mangel führt indes zur umfassenden Aufhebung des angefochtenen Urteils; ausgenommen die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, die aufrechterhalten bleiben können. Das Revisionsgericht kann nicht sicher ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch abweichende Feststellungen getroffen werden können. Abgesehen davon bedarf das der Brandstiftung nachfolgende Geschehen (versuchter Versicherungsbetrug) nochmaliger Beurteilung.“

6Dem schließt sich der Senat an.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:290819B2STR295.19.0

Fundstelle(n):
NAAAH-53116