Verfahrenskostenhilfe: Bayerisches Familiengeld als einzusetzendes Einkommen
Leitsatz
Das Bayerische Familiengeld unterfällt als vergleichbare Landesleistung im Sinne des § 10 Abs. 1 BEEG dieser Regelung und bleibt deshalb als einzusetzendes Einkommen im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe unberücksichtigt, soweit es zusammen mit den weiteren in dieser Vorschrift genannten Leistungen monatlich 300 € nicht übersteigt.
Gesetze: § 115 Abs 1 ZPO, § 15 Abs 2 ZPO, § 2 BEEG, § 10 Abs 1 BEEG, Art 1 FamGG BY, Art 2 Abs 1 S 1 FamGG BY, Art 3 FamGG BY
Instanzenzug: OLG Bamberg Az: 7 WF 253/19 Beschlussvorgehend AG Würzburg Az: 5 F 1193/19
Gründe
A.
1Die Antragstellerin begehrt für ein Verfahren, das auf Zahlung von Trennungsunterhalt sowie Unterhalt für ihre vier in ihrem Haushalt lebenden, 2012, 2014 und (Zwillinge) im Mai 2017 geborenen Kinder gerichtet ist, ratenfreie Verfahrenskostenhilfe.
2Das Amtsgericht hat ihr Verfahrenskostenhilfe unter Anordnung der Zahlung von Monatsraten in Höhe von 103 € bewilligt. Dabei hat es neben dem der Antragstellerin gezahlten Kindergeld auch das ihr für die Zwillinge insgesamt monatlich gewährte Bayerische Familiengeld von 600 € als Einkünfte berücksichtigt. Nach Abzug des Freibetrags für die Antragstellerin, eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende und der um die Eigeneinnahmen reduzierten Kinderfreibeträge ist es zu einem einzusetzenden Einkommen von 207,48 € und auf dieser Grundlage zur Ratenhöhe gelangt.
3Auf die gegen die Ratenzahlungsanordnung gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht die Ratenhöhe auf 85 € reduziert. Es hat als weiteres Einkommen die der Antragstellerin zwischenzeitlich bewilligte Hilfe zum Lebensunterhalt einbezogen, die Freibeträge leicht reduziert angesetzt, das Bayerische Familiengeld aber nur in Höhe von monatlich 300 € als Einkommen behandelt. Daraus hat es ein einzusetzendes Einkommen von monatlich 171,52 € und die genannte Rate errechnet.
4Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Antragstellerin den Wegfall der Ratenzahlungsanordnung erreichen.
B.
5Die gemäß § 113 Abs. 1 FamFG iVm §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
I.
6Das Oberlandesgericht hat seine in juris veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
7Zum gemäß § 76 Abs. 1 FamFG, § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu bestimmenden Einkommen gehörten grundsätzlich auch Einkünfte aus zweckgerichteten öffentlich-rechtlichen Zuwendungen und damit auch diejenigen auf der Grundlage des Bayerischen Familiengeldgesetzes. Die Zweckbestimmung des Familiengelds stehe einer Einstufung als Einkommen bei der nicht existenzsichernden Sozialleistung der Verfahrenskostenhilfe nicht generell entgegen. Eine Einschränkung der Anrechenbarkeit ergebe sich jedoch aus § 10 Abs. 1 BEEG, weil die Verfahrenskostenhilfe eine Sozialleistung im Sinne dieser Bestimmung sei. Das Familiengeld sei dem Bundeselterngeld zwar nicht gleichzusetzen, weil es keine Lohnersatzfunktion habe. Bis zu seinem Mindestbetrag von 300 € sei das Bundeselterngeld jedoch eine Zusatzleistung und nur darüber hinausgehend eine Entgeltersatzleistung. Mit dieser Funktion sei das Familiengeld vergleichbar. Folglich sei ein Sockelbetrag von 300 € des Familiengelds bei der Einkommensberechnung gemäß § 115 ZPO anrechnungsfrei.
II.
8Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
9Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht angenommen, dass zu dem nach § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO (dessen entsprechende Anwendung hier aus § 113 Abs. 1 FamFG, nicht aus § 76 FamFG folgt) für die Deckung der Verfahrenskosten einzusetzenden Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert gehören. Damit sind grundsätzlich auch Einkünfte, die aus zweckgerichteten öffentlich-rechtlichen Zuwendungen stammen, Einkommen im verfahrenskostenhilferechtlichen Sinne (MünchKommZPO/Wache 5. Aufl. § 115 Rn. 16; vgl. auch Senatsbeschluss vom - XII ZB 65/10 - FamRZ 2010, 1324 Rn. 14; BT-Drucks. 17/11472 S. 30). Das von der Antragstellerin für die Zwillinge bezogene Bayerische Familiengeld ist jedoch aufgrund spezialgesetzlicher Regelung insgesamt kein nach § 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO einzusetzendes Einkommen.
101. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Familiengeldgesetzes vom (GVBl. S. 613; BayFamGG) hat Anspruch auf Familiengeld, wer seine Hauptwohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Freistaat Bayern hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt und dieses Kind selbst erzieht und für eine förderliche frühkindliche Betreuung des Kindes sorgt. Die Leistung wird allen Familien gewährt, unabhängig vom Einkommen oder einer Erwerbstätigkeit und daher auch unbeschadet dessen, ob das Kind eine Krippe besucht oder in der Familie betreut wird (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn. 119a). Das Bayerische Familiengeld ersetzt sowohl das Bayerische Landeserziehungsgeld als auch das Bayerische Betreuungsgeld (vgl. zur Übergangsregelung Art. 9 a BayFamGG). Es beträgt nach Art. 3 Abs. 1 BayFamGG für das erste und zweite Kind des Berechtigten jeweils 250 € pro Monat, für das dritte und jedes weitere Kind des Berechtigten jeweils 300 € pro Monat, und kann gemäß Art. 3 Abs. 3 BayFamGG in der Zeit vom ersten Tag des 13. Lebensmonats bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes bezogen werden.
11Zur Zweckbestimmung des Bayerischen Familiengelds führt Art. 1 BayFamGG aus, dass Eltern in Weiterentwicklung des Bayerischen Landeserziehungsgelds eine vom gewählten Lebensmodell der Familie unabhängige, gesonderte Anerkennung ihrer Erziehungsleistung und zugleich den nötigen Gestaltungsspielraum erhalten sollen, frühe Erziehung und Bildung der Kinder einschließlich gesundheitsförderlicher Maßnahmen in der jeweils von ihnen gewählten Form zu ermöglichen, zu fördern und insbesondere auch entsprechend qualitativ zu gestalten. Es diene damit nicht der Existenzsicherung und solle auf existenzsichernde Sozialleistungen nicht angerechnet werden.
122. Es bedarf keiner Entscheidung der - vom Oberlandesgericht verneinten - Frage, ob es sich bei der Verfahrenskostenhilfe um eine existenzsichernde Sozialleistung im Sinne von Art. 1 Satz 4 BayFamGG handelt, auf die nach dem Willen des bayerischen Gesetzgebers eine Anrechnung nicht stattfinden soll, sowie der Frage, ob der bayerische Gesetzgeber insoweit über die Gesetzgebungskompetenz verfügt (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 8 Rn. 39). Denn wie das Oberlandesgericht im Grundsatz zutreffend angenommen hat, ist das Bayerische Familiengeld im vorliegenden Fall gemäß § 10 Abs. 1 BEEG nicht als verfahrenskostenhilferechtliches Einkommen zu berücksichtigen.
13a) Nach § 10 Abs. 1 des am in Kraft getretenen Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG; BGBl. I 2006 S. 2748, neugefasst durch Bekanntmachung vom , BGBl. I S. 33) in seiner aktuellen Fassung bleiben unter anderem das Elterngeld, das Betreuungsgeld und jeweils vergleichbare Leistungen der Länder bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, bis zu einer Höhe von insgesamt 300 € im Monat als Einkommen unberücksichtigt.
14Zu den § 10 Abs. 1 BEEG unterfallenden einkommensabhängigen Sozialleistungen, auf die eine Anrechnung unterbleibt, gehört nach allgemeiner Meinung auch die von den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen des Berechtigten abhängige Verfahrenskostenhilfe (vgl. etwa OLG Frankfurt Beschluss vom - 4 WF 98/18 - juris Rn. 4; - juris Rn. 23; BayVGH Beschluss vom - 5 C 10.2551 - juris Rn. 3; BeckOK ZPO/Reichling [Stand: ] § 115 Rn. 18; Buchner/Becker MSchG und BEEG 8. Aufl. § 10 BEEG Rn. 24 mwN; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies Kommentar zum Sozialrecht 6. Aufl. § 10 BEEG Rn. 2; MünchKommZPO/Wache 5. Aufl. § 115 Rn. 18; Musielak/Voit/Fischer ZPO 17. Aufl. § 115 Rn. 6; Thomas/Putzo/Seiler ZPO 41. Aufl. § 115 Rn. 2, 3; Zöller/Schultzky ZPO 33. Aufl. § 115 Rn. 21).
15b) Das Bayerische Familiengeld ist eine der von § 10 Abs. 1 BEEG erfassten vergleichbaren Leistungen der Länder.
16aa) Die Formulierung „vergleichbare Leistungen der Länder“ hat der Gesetzgeber aus der Regelung des § 8 BErzGG - deren Fortgeltung § 27 Abs. 2 BEEG für bestimmte Fallkonstellationen anordnet - übernommen, nach der das im dritten Lebensjahr gezahlte Landeserziehungsgeld ebenso wie das Bundeserziehungsgeld als Einkommen bei einkommensabhängigen Sozialleistungen unberücksichtigt blieb (vgl. Rancke/Lenz Mutterschutz-Elterngeld-Elternzeit-Betreuungsgeld 5. Aufl. § 10 BEEG Rn. 2). Auch unter Geltung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes sollten solche Leistungen der Länder den Eltern im Grundsatz in gleicher Weise wie das Elterngeld verbleiben, die mit gleicher Zielrichtung wie das Elterngeld gewährt werden und dieses gerade in zeitlicher Hinsicht ergänzen. Mit dem Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes vom (Betreuungsgeldgesetz; BGBl. I S. 254) ist das Betreuungsgeld mit Wirkung zum in §§ 4 a ff. BEEG geregelt und in § 10 Abs. 1 BEEG aufgenommen worden. Es wird seitdem von der durch diese Vorschrift bestimmten Anrechnungsfreiheit erfasst und ist als Leistung benannt, zu der eine Vergleichbarkeit einer Landesleistung bestehen kann.
17bb) Dafür, dass das Bayerische Familiengeld - wie es das Oberlandesgericht angenommen hat - mit dem Elterngeld in der von § 10 Abs. 1 BEEG geforderten Weise vergleichbar ist, lassen sich ebenso Gesichtspunkte anführen wie gegen eine Vergleichbarkeit.
18Anders als beim Bayerischen Familiengeld scheidet der Anspruch auf Elterngeld nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BEEG - von den Ausnahmen des § 1 Abs. 6 BEEG abgesehen - bei voller Erwerbstätigkeit der Eltern nach der Geburt des Kindes aus. Im Unterschied zum Bayerischen Familiengeld wird das Elterngeld zudem gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 BEEG als Entgeltersatzleistung abhängig vom vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommen gewährt. Letzteres gilt jedoch nicht für den von § 10 Abs. 1 BEEG abgedeckten Mindestelterngeldsatz von 300 €, der gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 BEEG ebenso einkommensunabhängig ist wie das Bayerische Familiengeld. Das Mindestelterngeld und das Bayerische Familiengeld sollen gleichermaßen den Eltern, die Sozialleistungen beziehen, zusätzlich verbleiben und eine Anerkennung für die im jeweiligen Gewährungszeitraum erbrachten elterlichen Leistungen darstellen (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 26 einerseits und Art. 1 Satz 2 bis 4 BayFamGG andererseits).
19Mit dieser Freibetragsregelung wollte der Bundesgesetzgeber sicherstellen, dass das Elterngeld dem Berechtigten in Höhe von mindestens 300 € unabhängig vom Vorliegen eines nachgeburtlichen Einkommensrückgangs als Ausgleich für finanzielle Einschränkungen in den ersten zwölf oder 14 Lebensmonaten des Kindes belassen wird und der Anerkennung der Betreuungsleistung dient (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 26; Buchner/Becker MSchG und BEEG 8. Aufl. § 10 BEEG Rn. 5; vgl. auch BVerwG NJW 2013, 2457, 2458). Dies spricht für eine Doppelfunktion des Elterngelds der Gestalt, dass es bis zum Mindestbetrag von 300 € eine Zusatzleistung und erst im über diesen Betrag hinausgehenden Umfang eine Entgeltersatzleistung im engeren Sinn darstellt (vgl. Buchner/Becker MSchG und BEEG 8. Aufl. § 10 BEEG Rn. 8). An dieser grundlegenden gesetzgeberischen Zielsetzung hat sich auch durch die mit Artikel 14 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 vom (BGBl. I S. 1885) erfolgte Anfügung von § 10 Abs. 5 BEEG nichts geändert, wonach § 10 Abs. 1 bis 4 BEEG bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und § 6 a BKGG unanwendbar ist und für diese Leistungen eine Anrechnungsfreiheit nur nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 Satz 2 BEEG bei einem nachgeburtlichen Einkommensrückgang besteht.
20cc) Ob das Bayerische Familiengeld dem Elterngeld vergleichbar ist, bedarf aber keiner abschließenden Klärung, weil jedenfalls eine für die Anwendung des § 10 Abs. 1 BEEG ausreichende Vergleichbarkeit mit dem Betreuungsgeld gegeben ist.
21(1) Das Betreuungsgeld war nicht als Einkommensersatzleistung konzipiert und wurde unabhängig vom Umfang der Erwerbstätigkeit der Eltern nach Geburt des Kindes gewährt. Es war - anders als das Bayerische Familiengeld - an die Voraussetzung geknüpft, dass für das Kind keine Leistungen der Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege im Sinne der §§ 22 ff. SGB VIII in Anspruch genommen wurden. Der regelmäßige Bezugszeitraum des sich zuletzt auf monatlich 150 € belaufenden Betreuungsgelds erstreckte sich vom 15. bis zum 36. Lebensmonat des Kindes. Der Gesetzgeber verband mit der Regelung den Zweck der Anerkennung und Unterstützung der Erziehungsleistung von Eltern mit Kleinkindern und wollte größere ökonomische Gestaltungsfreiräume für die familiäre Kinderbetreuung schaffen (vgl. BT-Drucks. 17/9917 S. 1, 7 f.).
22(2) Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit des Bayerischen Familiengelds mit dem Betreuungsgeld ist unerheblich, dass das Bundesverfassungsgericht die in §§ 4 a bis 4 d BEEG enthaltenen Regelungen zum Betreuungsgeld mit Urteil vom (BVerfGE 140, 65 = FamRZ 2015, 1459) mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers für mit Art. 72 Abs. 2 GG unvereinbar und nichtig erklärt hat. Denn § 10 Abs. 1 BEEG ist hiervon unberührt geblieben und führt das Betreuungsgeld weiterhin als Vergleichsmaßstab an.
23(3) Das Bayerische Familiengeld weist so weitgehende Parallelen zum Betreuungsgeld auf, dass eine Vergleichbarkeit im Sinne des § 10 Abs.1 BEEG zu bejahen ist. Beide Leistungen sind gänzlich einkommensunabhängig, schließen zeitlich an das Elterngeld an und decken sich im Wesentlichen in dem mit ihnen verfolgten gesetzgeberischen Zweck. Dass der Anspruch auf Bayerisches Familiengeld unabhängig von der für das Kind gewählten Betreuungsform besteht, bedeutet einen demgegenüber für die Frage der Vergleichbarkeit nicht ins Gewicht fallenden Unterschied.
24Für dieses Ergebnis spricht zudem, dass mit dem Bayerischen Familiengeld das Landeserziehungsgeld und das Bayerische Betreuungsgeld - das der bayerische Gesetzgeber in der Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Bayerischen Betreuungsgeldgesetz vom (GVBl. 2016 S. 94) rückwirkend zum mit im Ergebnis inhaltsgleichen Regelungen für den Freistaat Bayern eingeführt hatte - ersetzt wurden. Denn diese beiden Leistungen blieben nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 BEEG bzw. nach § 27 Abs. 2 BEEG iVm § 8 Abs. 1 BErzGG bei Sozialleistungen wie der Verfahrenskostenhilfe unberücksichtigt (vgl. für das Bayerische Betreuungsgeld: Götsche in Rahm/Künkel Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht [Stand: April 2019] I 20 G Rn. 104 ff.; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/von Koppenfels-Spies Kommentar zum Sozialrecht 6. Aufl. § 10 BEEG Rn. 2; Rancke/Lenz Mutterschutz-Elterngeld-Elternzeit-Betreuungsgeld 5. Aufl. § 10 BEEG Rn. 2).
25c) Auch in seinem Höchstsatz kann das Bayerische Familiengeld den von § 10 Abs. 1 BEEG anrechnungsfrei gestellten Betrag nicht übersteigen. Soweit sich Überschneidungen von Elterngeld und Bayerischem Familiengeld ergeben können, ist die Anrechnungsfreiheit durch § 10 Abs. 1 BEEG, der lediglich einen Betrag von insgesamt 300 € pro Kind anrechnungsfrei stellt, begrenzt.
263. Rechtsfehlerhaft hat das Oberlandesgericht das von der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 600 € bezogene Bayerische Familiengeld zur Hälfte als Einkommen berücksichtigt. Gemäß § 10 Abs. 4 BEEG vervielfachen sich nämlich die nach Absatz 1 nicht zu berücksichtigenden Beträge bei Mehrlingsgeburten mit der Zahl der geborenen Kinder. Mithin beläuft sich der anrechnungsfreie Betrag des der Antragstellerin für die Zwillinge gewährten Bayerischen Familiengelds auf (300 € x 2 =) 600 €.
III.
27Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben, soweit das Oberlandesgericht zu einem gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO einzusetzenden Einkommen der Antragstellerin und darauf aufbauend zu einer Ratenzahlungsanordnung gelangt ist.
28Der Senat kann nach § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind. Ohne die vom Oberlandesgericht zu Unrecht als Einkommen berücksichtigten 300 € Bayerisches Familiengeld verfügt die Antragstellerin nicht über einzusetzendes Einkommen im Sinne des § 115 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO, so dass keine Monatsraten festzusetzen sind. Dies gilt selbst ohne Berücksichtigung des Umstands, dass das Oberlandesgericht den Beteiligten-Freibetrag (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 lit. a ZPO) und die Kinder-Freibeträge (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 lit. b ZPO) der durch die Zweite Bekanntmachung zu § 115 der Zivilprozessordnung vom (2. Prozesskostenhilfebekanntmachung 2019 - 2. PKHB 2019; BGBl. I S. 161) überholten Bekanntmachung zu § 115 der Zivilprozessordnung vom (Prozesskostenhilfebekanntmachung 2019 - PKHB 2019; BGBl. I S. 2707) und zudem den Freibetrag für das älteste Kind zu Unrecht nicht Ziffer 3 lit. c der Bekanntmachung, sondern Ziffer 3 lit. d entnommen hat, so dass es zu insgesamt um 75 € zu niedrigen Freibeträgen gelangt ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:200520BXIIZB537.19.0
Fundstelle(n):
NJW 2020 S. 10 Nr. 32
NJW-RR 2020 S. 882 Nr. 15
DAAAH-52182