BGH Beschluss v. - 1 StR 431/19

Abgrenzung Selbstgeldwäsche von Beteiligung am Betrug in Zusammenhang mit dem Handel von Bitcoins

Gesetze: § 261 Abs 9 S 2 StGB, § 261 Abs 9 S 3 StGB, § 263 StGB

Instanzenzug: LG München I Az: 316 Js 108366/18 - 12 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt sowie Einziehungs- und Adhäsionsentscheidungen getroffen. Die Revision, mit der der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3Der Angeklagte erklärte sich spätestens im November 2017 gegenüber den Brüdern S.     A.      und T.    A.      aus N.     zum Empfang und zur Weiterleitung betrügerisch erlangter Geldbeträge bereit. Er teilte S.     A.      die Daten verschiedener Konten mit und vereinbarte mit diesem, dass die betrügerisch erlangten Geldbeträge auf eines seiner Konten überwiesen werden und er diese sofort an die Firma G.                 GmbH, einen Stofflieferanten der Brüder A.      , mit Sitz in Österreich (im Folgenden: Firma G.     ) weiter überweist. Der bevorstehende Eingang der inkrimierten Gelder wurde dem Angeklagten jeweils per WhatsApp oder durch einen Anruf angekündigt. Der Angeklagte kannte die gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten der Hintermänner in ihren wesentlichen Grundzügen.

41. Der Geschädigte D.     , dem von unbekannten Tätern vorgespiegelt worden war, Bitcoins jeweils 2 % unter Marktpreis liefern zu können, kaufte acht Bitcoins zu einem Gesamtpreis von 43.296,08 €. Im Kaufvertrag war der Angeklagte mit einem Konto bei der B.      Bank als Zahlungsempfänger angegeben. Der Geschädigte überwies am den Betrag auf das Konto des Angeklagten, wo er am selben Tag gutgeschrieben wurde. Nach Rücksprache mit S.     A.      überwies der Angeklagte - nach Einbehalt einer Provision - einen Betrag von 48.000 US-$ (41.497,01 €) auf das Konto der Firma G.     (Fall II. 1 der Urteilsgründe).

52. Die Geschädigte Firma I.   SA mit Sitz in der Schweiz erhielt regelmäßig Rechnungen von der Firma E.       . Unbekannte Täter fingen eine elektronische Rechnung über 521.000 € an die Firma I.   SA ab und änderten diese dahingehend, dass sie als Empfängerkonto für die Zahlung ein Konto des Angeklagten bei der B.      Bank einfügten. Nach Überweisung des Betrages durch die Firma I.   SA wurde dieser dem Konto des Angeklagten am gutgeschrieben. Aus banktechnischen Gründen scheiterten sowohl ein Einziehungsversuch durch den Prokuristen der Firma G.     über einen Betrag von 575.000 US-$ als auch der Versuch des Angeklagten, der Firma G.     einen Betrag von 515.214,00 € zu überweisen (Fall II. 2 der Urteilsgründe).

II.

61. Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Geldwäsche hält in beiden Fällen sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat sich nicht mit den Regelungen in § 261 Abs. 9 Satz 2 und 3 StGB auseinandergesetzt, obschon die Feststellungen hierzu drängen.

7Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte in den wesentlichen Grundzügen Kenntnis von den Betrugstaten und stellte den Hintermännern seine Konten zur Verfügung, auf die die Geschädigten tatplankonform unmittelbar die Geldbeträge überwiesen. Vor diesem Hintergrund hätte das Landgericht mit Blick auf § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB beweiswürdigend erörtern müssen, ob der Angeklagte aufgrund seiner Zusage zur Mitwirkung an den geplanten Taten und der Benennung der Konten wegen Beihilfe zum Betrug oder wegen (mittäterschaftlichen) Betruges und nicht - wie geschehen - wegen Geldwäsche bestraft werden kann. Das Landgericht hat auch nicht weitergehend in den Blick genommen und erörtert, ob für den Fall, dass eine Beteiligung des Angeklagten an den Betrugstaten gegeben wäre, eine Strafbarkeit wegen einer sog. Selbstgeldwäsche nach § 261 Abs. 9 Satz 3 StGB überhaupt möglich wäre (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 234/18, BGHSt 63, 268 Rn. 10 ff. und vom - 2 StR 561/18 Rn. 13; Jahn, NJW 2019, 536; Teixeira, NStZ 2018, 634). Im Fall II. 2 der Urteilsgründe dürfte dies allerdings fernliegen, da der Angeklagte den erlangten Geldbetrag nicht in den Verkehr gebracht hat, da die beabsichtigte Einziehung des Geldbetrages durch den Empfänger, die Firma G.     , und die Überweisung durch den Angeklagten scheiterten.

82. Die Aufhebung der Verurteilung entzieht den Einziehungsentscheidungen die Grundlage. Allerdings weist der Senat darauf hin, dass bislang nicht hinsichtlich aller als Tatmittel im Sinne von § 74 Abs. 1 StGB eingezogenen Gegenstände durch Tatsachen belegt ist, dass diese tatsächlich zur Begehung oder Vorbereitung einer der Taten gebraucht wurden. Während die Strafkammer festgestellt hat, dass das Smartphone Microsoft Windows verfahrensrelevante Chatverläufe enthielt, fehlen Hinweise darauf, inwieweit auch das Smartphone Samsung (nebst SIM-Karte), die Scan-Disc 32 GB und der Laptop Acer 7750G im Rahmen der abgeurteilten Taten Verwendung fanden oder hätten finden sollen.

93. Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu umfassenden, in sich stimmigen Feststellungen zu geben.

104. Die Aufhebung des strafrechtlichen Teils des angefochtenen Urteils führt zur Aufhebung der zu Gunsten der I.   SA ergangenen Adhäsionsentscheidungen (vgl. Rn. 7 ff. mwN; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 406a Rn. 8).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:181219B1STR431.19.0

Fundstelle(n):
wistra 2020 S. 256 Nr. 6
KAAAH-51724