BGH Beschluss v. - 2 StR 395/22

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/08 KLs 2/22

Gründe

1Das Landgericht – Jugendkammer – hat die Angeklagten jeweils wegen „gewerbsmäßiger“ Geldwäsche in 44 Fällen schuldig gesprochen. Den Angeklagten B.   hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt, gegen die heranwachsende Angeklagte I.    hat es eine Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat das Landgericht gegen beide Angeklagte gesamtschuldnerisch haftend die Einziehung in Höhe von 212.850,35 Euro „als Wertersatz“ und gegen die Angeklagte I.    in Höhe von weiteren 11.202,65 Euro „als Wertersatz“ angeordnet. Hiergegen richten sich die nicht näher ausgeführten Sachrügen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

2Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

31. Der Angeklagte B.   stand in Kontakt zu einer unbekannt gebliebenen Tätergruppe, die gewerbsmäßig Betrugsdelikte nach dem modus operandi „love scam“ verübte. Dabei treten die Täter unter einem Pseudonym über Dating-Portale mit arglosen Personen in Kontakt und verwickeln diese in eine Scheinliebesbeziehung, um sie schließlich unter Vorspiegelung erfundener Sachverhalte zu Geldzahlungen zu veranlassen. Bereits mit war B.   deshalb wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.

4Im Zeitraum von Oktober 2019 bis August 2020 eröffnete die Angeklagte I.     in Absprache mit B.   mehrere Konten bei verschiedenen Banken, um darüber Zahlungen entgegenzunehmen und weiterzuleiten. Die Bankverbindungen stellte sie B.   zur Verfügung, der sie wiederum an seine Hintermänner weitergab. Diese veranlassten sodann in 44 Fällen die jeweiligen Geschädigten durch Vorspiegelung medizinischer bzw. wirtschaftlicher Notfälle und anderweitiger falscher Tatsachenbehauptungen dazu, vier- bis fünfstellige Geldbeträge – insgesamt rund 224.000 Euro – auf die verschiedenen Konten der I.    zu überweisen.

5Der Angeklagte B.   koordinierte die Geldeingänge gegen eine Provision von 5 % nicht nur hinsichtlich der Konten der I.    sondern auch hinsichtlich weiterer Überweisungen auf Konten unbekannt gebliebener Dritter. B.   wurde von den Hintermännern informiert, wann Gelder auf welche Konten eingehen würden und an wen sie jeweils – durch Überweisungen oder Barabhebungen – weiterzuleiten waren.

6Entsprechend instruierte er die Angeklagte I.   , die bei ihr eingegangenen Gelder abzüglich einer vereinbarten Provision von 5 % an ihn zwecks Abführung an die Hintermänner weiterzuleiten. Beide Angeklagte rechneten damit, dass die von ihnen in Empfang genommenen und weitergeleiteten Gelder aus gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten nach dem Muster „love scam“ stammten. Durch die Taten wollten sie sich eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen.

72. Das Landgericht hat den so festgestellten Sachverhalt als „gewerbsmäßige“ Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4a, Abs. 4 StGB in der vom bis zum geltenden Fassung gewertet. § 261 Abs. 5 StGB nF eröffnet den gleichen Strafrahmen und ist damit kein milderes Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB. Seine Einziehungsentscheidung hat es auf § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB gestützt.

II.

8Der Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangener Geldwäsche in 44 Fällen hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat sich nicht mit den Regelungen in § 261 Abs. 9 Satz 2 und 3 StGB aF auseinandergesetzt, obschon die Feststellungen hierzu drängen.

91. a) Die Angeklagte I.    leistete bereits durch die Eröffnung der Konten, die Weitergabe der Bankverbindungen über den Mitangeklagten B.   an dessen Hintermänner und die Zusage, eingehende Geldbeträge nach Provisionsabzug weiterzuleiten, wesentliche Beiträge zur Begehung der einzelnen Betrugstaten. Die Jugendkammer hätte, um ihrer Kognitionspflicht aus § 264 StPO zu genügen, erörtern müssen, ob sich die Angeklagte I.    wegen mittäterschaftlichen – möglicherweise banden- und gewerbsmäßigen Betrugs oder wegen Beihilfe hierzu strafbar gemacht hat (vgl. , juris, Rn. 7). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Angeklagte I.    nicht lediglich Weisungsempfängerin war, sondern sich konstruktiv eingebracht hat durch Vorschläge, wie und auf welche Konten Gelder am besten zu transferieren seien. Zudem hat sie ihre Cousine in Schweden zur Bereitstellung weiterer Konten für die Bande überredet.

10Folgerichtig hat das Landgericht auch nicht weitergehend in den Blick genommen und erörtert, ob für den Fall, dass eine Beteiligung der Angeklagten an den Betrugstaten gegeben wäre, eine Strafbarkeit wegen einer sogenannten Selbstgeldwäsche nach § 261 Abs. 9 Satz 3 StGB aF überhaupt möglich wäre. Nach dieser Vorschrift könnte sie nur dann bestraft werden, wenn sie die auf ihren Konten eingegangenen Geldbeträge in den Verkehr gebracht und deren rechtswidrige Herkunft verschleiert hätte. Eine bloße Verschiebung der Tatbeute zwischen mehreren Tatbeteiligten würde aber – wie vom Generalbundesanwalt ausführlich dargelegt – für sich genommen noch nicht das Merkmal der Herkunftsverschleierung erfüllen (vgl. , BGHSt 63, 268).

11b) Das zur Angeklagten I.    Ausgeführte gilt erst recht für den Angeklagten B.   , der noch im Jahr 2018 als Mitglied einer auf „love scam“ spezialisierten Bande verurteilt worden war. B.   hielt vorliegend den Kontakt zu den aktiv handelnden Hintermännern und koordinierte in großem Umfang die Geldflüsse der Bande, wobei er – ebenso wie die Angeklagte I.    – unter Verwendung von Tarnnamen konspirativ auch mit weiteren Kontenverwaltern kommunizierte.

122. Auch die – nicht näher begründete – konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten als 44 tatmehrheitlich begangene Fälle der Geldwäsche bedarf neuer Bewertung. Zwar sind in der Weiterleitung der auf den Konten der Angeklagten I.    eingegangenen Gelder an den Mitangeklagten B.   und in deren Weiterleitung an die Hintermänner grundsätzlich jeweils selbständige Taten der Geldwäsche zu sehen (vgl. , BGHSt 43, 149; Urteil vom – 5 StR 100/18, NZWiSt 2019, 148, 150 f.). Das Landgericht hat jedoch nicht bedacht, dass in einigen, vom Generalbundesanwalt im Einzelnen aufgelisteten Fällen, mehrere Überweisungen von Geschädigten an ein- und demselben Tag auf ein Konto der Angeklagten I.    eingegangenen und von dieser in einem einheitlichen Vorgang an den Mitangeklagten B.   in bar oder durch Überweisung transferiert worden waren. Vor diesem Hintergrund hätte das Landgericht erwägen müssen, ob angesichts des zeitlichen Zusammentreffens in einigen Fällen Tateinheit statt Tatmehrheit anzunehmen gewesen wäre.

133. Mit Aufhebung der Schuldsprüche wird auch den Straf- und Einziehungsaussprüchen die Grundlage entzogen. Gleichwohl weist der Senat auf Folgendes hin:

14a) Das Landgericht hat es versäumt für den Fall 19 eine Einzelstrafe zu verhängen.

15b) Die Summe der festgestellten Überweisungen der Geschädigten auf Konten der Angeklagten I.   beläuft sich nicht auf 224.053 Euro sondern auf 224.003 Euro.

16c) Die bisherigen Feststellungen dazu, in welcher Weise der Provisionsabzug erfolgt ist, sind widersprüchlich. Einerseits geht das Landgericht davon aus, der Angeklagte B.   habe die Gelder vollständig erhalten und hiervon die Provisionen für sich und die Angeklagte I.    von jeweils 5 % abgezogen, während es andererseits annimmt, die Angeklagte I.    habe ihre Provision selbst einbehalten und nur die Restbeträge an den Mitangeklagten B.   weitergeleitet.

17d) Die angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen aus Geldwäschetaten kann nicht auf § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB gestützt werden. Nach der zu den Tatzeiten geltenden und gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 5 StGB anwendbaren Fassung des § 261 Abs. 7 StGB – vor der Neufassung durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom (BGBl. I S. 327 ff.) – kann ein Geldwäscheobjekt grundsätzlich nur nach § 74 Abs. 2 StGB und im Falle einer Vereitelungshandlung der entsprechende Wert nach § 74c StGB eingezogen werden; hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. , NStZ-RR 2023, 8, 9; BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 234/18, NJW 2019, 533, 535 f.; vom – 2 StR 561/18, NJW 2019, 2182, 2183 f. jeweils mwN; zur Einziehung bei Anwendung des gegenüber der alten Gesetzesvorschrift milderen § 261 Abs. 1 StGB nF vgl. ). Die dafür erforderliche Vereitelung der Originaleinziehung durch eine der Tatbestandsverwirklichung nachfolgende, gesonderte Handlung der Angeklagten ist nicht festgestellt (vgl. , NJW 2019, 2182, 2184 mwN); zudem hätte die Jugendkammer das ihr in § 74c Abs. 1 StGB eingeräumte Ermessen ausüben müssen.

III.

18Der Senat verweist die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine Wirtschaftsstrafkammer zurück (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 185/20, wistra 2022, 247, 249). Mit Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom , gültig ab (BGBl. I S. 327), hat der Gesetzgeber die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer auf Straftaten der Geldwäsche erweitert, soweit zur Beurteilung des Falles – wie hier – besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind, § 74c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6. a) GVG. Der Vorrang der Wirtschaftsstrafkammer gegenüber der Jugendstrafkammer ergibt sich aus § 103 Abs. 2 Satz 2, § 112 JGG, wenn es sich – wie vorliegend – um ein verbundenes Verfahren gegen eine Heranwachsende und einen Erwachsenen handelt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:081222B2STR395.22.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-34671