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Transparente und intransparente Trusts in der Ertrags- und Unternehmensnachfolgebesteuerung
Berücksichtigung jüngerer Rechtsprechungsentwicklungen
Konnte der angloamerikanische Trust vor zwei Dekaden noch als „unbekanntes Wesen“ im deutschen Steuerrecht bezeichnet werden, sind mittlerweile einige, aber beileibe nicht sämtliche Zweifelsfragen geklärt. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Figur des Trusts werden grundsätzliche Rechtsprechungs- sowie Verwaltungsentwicklungen aufgezeigt. Ein Ausblick vor dem Hintergrund aktueller Problemfelder runden die Ausführungen ab.
Der Abgrenzung transparenter von intransparenten Trusts des angloamerikanischen Rechtskreises kann für die Besteuerungsfolgen im Inland unbeschränkt steuerpflichtiger Destinatäre höchste Bedeutung zukommen.
Im Kern vollzieht sich diese Abgrenzung anhand eines Typenvergleichs auf der Basis der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien sowie der von der Finanzverwaltung entwickelten Prüfpunkte.
Angesichts der weitgehenden Kasuistik in Bezug auf die Unterscheidung von transparenten und intransparenten Trusts muss die Rechtsentwicklung anhängiger Verfahren sorgfältig beobachtet werden.
I. Einleitung
Das üblicherweise als Stiftungsboom bezeichnete Vordringen des Rechtsinstituts der (Familien-)Stiftung umschließt auch den Trust angloamerikanischer Prägung. Kein „Family Office“, aber auch keine anspruchsvolle Gestaltungsberatung kann dieses Instrument aus dem Blick nehmen. Wenn auch für die deutsche Besteuerung ein vergleichsweise hoher Erkenntnisstand zu konstatieren ist, kann gleichwohl nicht davon ausgegangen werden, dass alle Verästelungen im Detail einer Klärung zugeführt wären.
Trusts weisen im Bereich der Ertragsteuerplanung und der Nachfolgekonzeption im Zusammenhang mit unternehmerischen Vermögensübertragungen innerhalb, aber auch außerhalb von Familienstrukturen eine in jüngerer Zeit stetig zunehmende Bedeutung auf. Aus diesem Grunde analysieren die nachfolgenden Ausführungen die diesbezüglich relevante Rechtsprechung, zeigen partiell deren Konsequenzen auf und zeichnen die wesentlichen Grundlinien der Praxis der Finanzverwaltung nach.
II. Typologie ausländischer Trusts: Transparenz versus Intransparenz
1. Die Bedeutung der typologischen Einordnung
Nach ausländischem Recht errichtete Trusts lassen sich strukturell in zwei Typen unterscheiden. Die beiden relevanten Fallkonstellationen unterscheiden sich dadurch, dass ein nach ausländischem Recht errichteter Trust entweder als selbständiges Gebilde oder als unselbständiges Gebilde zu beurteilen ist. Der nach seiner Wesensart selbständige Trust wird auch als intransparent bezeichnet, der unselbständige Trust als transparent.
Im Schrifttum (vgl. Werder/Wystrcil, BB 2015 S. 412; Zeller-Müller, EFG 2019 S. 1235) wird immer wieder auf die Bedeutung der Abgrenzung transparenter von intransparenten Trusts hingewiesen. Mitunter werden Analysen (vgl. Schienke-Ohletz/Kühn, ZEV 2015 S. 150) auch gezielt auf den Typus intransparenter Trust beschränkt. Entsprechende Abgrenzungsexerzitien transparenter von intransparenten Trusts sind notwendig, um die Besteuerungskonsequenzen im Inland zutreffend abzuleiten. Denn wie die nachfolgend dargestellten Steuerrechtsmechanismen belegen werden, ist maßgeblich für die deutsche Besteuerung, ob der Trust transparent oder intransparent ist (vgl. Zeller-Müller, EFG 2019 S. 1235).
Diese Erkenntnis gilt sowohl für die ertragsteuerliche als auch für die erbschaft- und schenkungsteuerliche Behandlung. Beispielsweise können bei einem transparenten Trust – je nach Zurechnung des Trustvermögens – die Trusterrichtung, die Zuwendungen aus dem Trust oder die Trustbeendigung der deutschen Schenkungsteuer unterliegen (vgl. Werder/Wystrcil, BB 2015 S. 412; Zeller-Müller, EFG 2019 S. 1235). Im Fall des intransparenten Trusts hingegen gelangen die S. 239steuerlichen Mechanismen zur Anwendung, die üblicherweise im Kontext sogenannter intransparenter Gebilde Geltung beanspruchen. Deshalb stellt sich die steuerliche Behandlung grundlegend anders dar. Demgemäß liegen bei einem intransparenten Trust bei der Trusterrichtung, bei den Zuwendungen aus dem Trust und bei Trustbeendigung auch aus steuerlicher Sicht Leistungen an den Trust oder Leistungen des Trust vor (vgl. Werder/Wystrcil, BB 2015 S. 412, 417). Die eigentliche Intransparenz wird aber im Regelfall ertragsteuerlich aufgrund der Zurechnungsbesteuerung nach § 15 AStG wieder aufgehoben. Im Kontext der Nachfolgebesteuerung verdient hier nur der kursorische Hinweis Erwähnung, dass bei einem transparenten Trust, wenn das Trustvermögen also weder dem Settlor (Errichter und Gründer) noch dem Beneficiary (Begünstigter) zuzurechnen ist, alle Leistungen, die der Beneficiary vom Trust erhält, als Erwerb durch Zwischenberechtigte der Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG unterliegen (vgl. , BStBl 2013 II S. 84).
2. Trusts und ihre Strukturelemente
In kontinentaleuropäischen Rechtssystemen sind Trusts nicht verwurzelt, wohingegen ihnen im anglo-amerikanischen Rechtskreis eine lange Tradition zukommt. Auch im deutschen Recht sind sie als Institut nicht verankert. Unbekannt (vgl. geringfügig anders akzentuiert Zeller-Müller, EFG 2019 S. 1235) sind sie gleichwohl nicht, beschäftigen sie die Finanzrechtsprechung doch immerhin schon seit bald acht Jahrzehnten (vgl. , RStBl 1935 S. 1366; Habammer, DStR 2002 S. 425).
Konstruktiv basiert der Trust auf einem typischen rechtlichen Dreiecksverhältnis (vgl. Auswahl: Werder/Wystrcil, BB 2015 S. 412; Habammer, DStR 2002 S. 425; Verstl, Der internationale Trust als Instrument der Vermögensnachfolge, 2000, S. 18), in personeller Hinsicht bestehend aus Errichter und Gründer ( Settlor), Vermögensverwalter ( Trustee) und Begünstigten ( Beneficiaries). Strukturell erinnert dieses Konstruktionsprinzip an die Stiftung mit Errichter, Stiftungsvorstand und Begünstigten. In der trust deed (Trusturkunde) wird typischerweise bestimmt, dass der Errichter und Gründer eines Trusts Teile seines Vermögensstammes auf einen Vermögensverwalter ( Trustee) überträgt. Letzterer ist als Inhaber des Trustvermögens aktiv- und passivlegitimiert (vgl. Habammer, DStR 2002 S. 425; Otto, RIW 1982 S. 491, 492). Das dem Trust vom Übertragenden bzw. Errichter zugewendete Vermögen, mithin die auf den oder die Trustees übertragenen Vermögenswerte, obliegt der Verwaltung, man könnte auch sagen dem Trust-Management, durch den oder die Trustees. Das Eigentum am Trustvermögen erwirbt nicht der Trust als solcher, sondern der oder die Trustees. Die Verwaltung des Trustvermögens hat zugunsten des oder der Begünstigten zu erfolgen, wobei der Errichter/Gründer sich selbst als Begünstigten einsetzen kann. Die Detailregelungen derartiger Rechtsverhältnisse in der „trust deed“, also der Trusturkunde, entsprechend einem Stiftungsgeschäft oder den Beistatuten, sind auch für die Einordnung des Instruments „Trust“ in anderen Jurisdiktionen als der Errichtungsjurisdiktion von höchster Bedeutung.
Nach übereinstimmender Auffassung hat der Trust selbst keine eigene Rechtspersönlichkeit; ihm kommt, anders ausgedrückt, beispielsweise weder nach deutscher noch nach US-amerikanischer Einordnung Rechtsfähigkeit zu. Anders als etwa eine Stiftung qualifiziert der Trust nicht als juristische Person (vgl. Werder/Wystrcil, BB 2015 S. 412).
Aufgrund dieser hier nur kursorisch skizzierten typologischen Wesensmerkmale wird der Trust am ehesten als mit der deutschen Treuhand vergleichbar angesehen. Selbstverständlich kommt es im Rahmen eines solchen Vergleichs auf die Verhältnisse des Einzelfalls an, insbesondere das in der Trust Deed Ausbedungene ebenso wie das tatsächlich Gelebte und Durchgeführte. Dies bedeutet, dass auch Trust-Konstruktionen vorstellbar und gängig sind, die sich strukturell kaum vom Typus einer Stiftung unterscheiden.
3. Arten von Trusts
Die Kautelarpraxis hat über die Jahrzehnte vielfältige Ausgestaltungen von Trusts entwickelt, die sich zunächst im Hinblick auf die Widerruflichkeit oder die Unwiderruflichkeit der Übertragung des Trustvermögens ( revocable bzw. irrevocable) klassifizieren lassen. Daneben können sie im Hinblick auf den Umfang der Vorgaben an den Trustee und der Leistungsansprüche der Beneficiaries unterschieden werden. Im Standardfall ist diese Unterscheidung bereits in der trust deed oder auch in den begleitenden und ergänzenden Dokumenten geregelt. Unterschieden wird weiterhin zwischen „discretionary trusts“ und „non-discretionary trusts“, wobei bei ersteren die Entscheidungsbefugnisse des bzw. der „Trustees“ um vieles weitreichender sind als bei letzteren. Diese werden auch als „fixed interest trusts“ bezeichnet. Bei diesen Ausprägungen kommen dem oder den Trustees keine eigenen Entscheidungskompetenzen im Hinblick auf die Zuwendungen an die Begünstigten zu.