Merkblatt über die steuerlichen Beistandspflichten der Notarinnen und Notare auf den Gebieten der Grunderwerbsteuer, der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) und der Ertragsteuern
Bezug: BStBl 1994 II S. 866
Stand: Mai 2020
Merkblatt über die steuerlichen Beistandspflichten der Notarinnen und Notare auf den Gebieten der Grunderwerbsteuer, der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) und der Ertragsteuern
Vorbemerkungen
Aus Gründen der Übersichtlichkeit berücksichtigt dieses Merkblatt nur die wesentlichen gesetzlichen Regelungen.
Die örtlich zuständigen Finanzämter können auf den Internetseiten des Bundeszentralamtes für Steuern (www.bzst.bund.de → Finanzamtsuche) abgefragt werden. Hier steht eine Suchfunktion zur Verfügung, mit der neben dem örtlich zuständigen Finanzamt weitere Angaben, wie z.B. abgegebene Aufgaben einzelner Finanzämter und besondere Zuständigkeitsregelungen, ermittelt werden können.
Außerdem stehen unter www.finanzamt.de Verweise zu den Finanzamtsverzeichnissen der einzelnen Bundesländer zur Verfügung.
Teil A: Grunderwerbsteuer
1. Maßgebende Vorschriften
Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notarinnen und Notare ergeben sich aus folgenden Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung:
§§
18,
20 und
21 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG);
§ 102 Abs. 4 der
Abgabenordnung (AO).
2. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge
Die Anzeigepflicht betrifft alle Rechtsvorgänge, die unmittelbar oder mittelbar ein inländisches Grundstück (Tz. 2.4) betreffen.
Notarinnen und Notare haben dem zuständigen Finanzamt Anzeige über folgende Rechtsvorgänge zu erstatten, die sie beurkundet oder über die er eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt haben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrEStG):
Grundstückskaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründen (z.B. Tauschverträge, Einbringungsverträge, Übergabeverträge, Auseinandersetzungsverträge, Annahme von Kauf- und Verkaufsangeboten, Ausübung von Optionen bzw. Vor- und Wiederkaufsrechten);
Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz, sofern dadurch Grundstückseigentum auf eine andere Rechtsträgerin bzw. einen anderen Rechtsträger übergeht;
Auflassungen, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründen;
Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot begründen. Einem Kaufangebot steht ein Angebot zum Abschluss eines anderen Vertrages gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann;
Abtretungen der unter Tz. 2.1.4 und 2.1.5 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet;
Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten (z.B. Begründung und Auflösung eines Treuhandverhältnisses, Wechsel der Treugeberin bzw. des Treugebers, Auftrag oder Geschäftsbesorgungsauftrag zum Auftragserwerb, Erteilung einer Verkaufsvollmacht);
Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung eines, mehrerer oder aller Anteile einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört;
Übertragungen von unter Tz. 2.1.8 bezeichneten Gesellschaftsanteilen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übertragung begründet;
Vorverträge, Optionsverträge sowie Kauf- und Verkaufsangebote. Die Einräumung eines Vorkaufsrechts ist nicht anzeigepflichtig;
Übertragungen von Anteilen an einem Nachlass (Erbteilsübertragungen), zu dem ein Grundstück oder ein Anteil an einem anderen Nachlass gehört, der ein Grundstück enthält;
Bei einheitlichen Vertragswerken erfasst die Anzeigepflicht neben dem Grundstücksveräußerungsvertrag auch die in derselben Niederschrift oder einer anderen Niederschrift beurkundeten Verträge (z. B. Treuhandvertrag, Baubetreuungsvertrag, Generalunternehmervertrag, Bauvertrag), die mit dem Grundstücksveräußerungsvertrag eine rechtliche Einheit bilden. Anzeigepflichtig sind auch solche Verträge, die in sonstiger Hinsicht mit dem Grundstücksveräußerungsvertrag im Wege einer Verknüpfungsabrede rechtlich verbunden sind, es sei denn, die grunderwerbsteuerliche Relevanz des weiteren Vertrages kann mit Gewissheit ausgeschlossen werden.
Notarinnen und Notare haben auch Anzeige zu erstatten über:
Anträge auf Berichtigung des Grundbuchs, die sie beurkundet oder über die er eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt haben, wenn der Antrag darauf gestützt wird, dass Grundstückseigentum auf eine andere Person bzw. Gesellschaft übergegangen ist (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GrEStG) oder wenn eine Änderung im Gesellschafterbestand eingetragen werden soll (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG);
nachträgliche Änderungen oder Berichtigungen der in Tz. 2.1.1 bis 2.2.1 aufgeführten Vorgänge (§ 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrEStG). Änderung in diesem Sinne ist auch die Vertragsaufhebung bzw. Ausübung eines Rücktrittsrechts durch eine Vertragspartei.
Die Anzeigen sind auch dann zu erstatten, wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt (§ 18 Abs. 3 S. 1 GrEStG), wenn der Rechtsvorgang von der Besteuerung ausgenommen ist (§ 18 Abs. 3 Satz 2 GrEStG) bzw. nach den bestehenden Verwaltungsanweisungen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 22 GrEStG nicht zu erteilen ist.
In den Fällen der Übertragung von Gesellschaftsanteilen (Tz. 2.1.8 und 2.1.9) ist die Urkundsperson der Verpflichtung enthoben, im Einzelfall zu ermitteln, ob ein Steuertatbestand erfüllt ist.
Grundstücke im Sinne des GrEStG sind inländische Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts einschließlich noch nicht vermessener Teilflächen, Miteigentumsanteile, Wohnungseigentum und Teileigentum (§ 2 Abs. 1 GrEStG).
Erbbaurechte, Gebäude auf fremdem Boden und dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte i.S. des § 15 des Wohnungseigentumsgesetzes und des § 1010 des Bürgerlichen Gesetzbuchs stehen den Grundstücken gleich (§ 2 Abs. 2 GrEStG). Die Anzeigepflicht bezieht sich daher auch auf Vorgänge, die ein Erbbaurecht, ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden oder ein dinglich gesichertes Sondernutzungsrecht betreffen (§ 18 Abs. 2 Satz 1 GrEStG).
3. Zuständiges Finanzamt
Die Anzeigen sind an das für die Besteuerung - in den Fällen des § 17 Abs. 2 und 3 GrEStG an das für die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen - zuständige Finanzamt zu richten (§ 18 Abs. 5 GrEStG).
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Für die Besteuerung ist vorbehaltlich der folgenden Tz. das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück oder der wertvollste Teil des Grundstücks liegt.
Liegt das Grundstück in den Bezirken von Finanzämtern verschiedener Länder, ist jedes dieser Finanzämter für die Besteuerung des Erwerbs insoweit zuständig, als der Grundstücksteil in seinem Bezirk liegt (§ 17 Abs. 1 GrEStG). In diesen Fällen, sowie in Fällen, in denen sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht, die in den Bezirken verschiedener Finanzämter liegen, stellt das Finanzamt, in dessen Bezirk der wertvollste Grundstücksteil oder das wertvollste Grundstück oder der wertvollste Bestand an Grundstücksteilen oder Grundstücken liegt, die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest (§ 17 Abs. 2 GrEStG). An dieses Finanzamt ist auch die Anzeige zu erstatten.
Im Fall eines Grundstückstausches ist zu beachten, dass dieser grunderwerbsteuerrechtlich in zwei Erwerbsvorgänge zerfällt. Somit ist ein Tauschvertrag, durch den ein Grundstück gegen ein im Bezirk eines anderen Finanzamts belegenes Grundstück getauscht wird, jedem beteiligten Finanzamt anzuzeigen.
Bei Grundstückserwerben durch Umwandlungen auf Grund eines Bundes- oder Landesgesetzes ist für die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der erwerbenden Person/Gesellschaft befindet, wenn
ein außerhalb des Bezirks dieses Finanzamts liegendes Grundstück
oder
ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieses Finanzamts liegenden Grundstücks betroffen wird (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG).
Für Rechtsvorgänge, in denen der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft mit inländischem Grundbesitz unmittelbar oder mittelbar in der Weise geändert wird, dass mindestens 95 v.H. der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a GrEStG), ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, bei der sich der Gesellschafterwechsel vollzieht, wenn
ein außerhalb des Bezirks dieses Finanzamts liegendes Grundstück
oder
ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieses Finanzamts liegenden Grundstücks betroffen wird (§ 17 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG).
In den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG, in denen mindestens 95 v.H. der Anteile an einer Gesellschaft mit inländischem Grundbesitz unmittelbar oder mittelbar in einer Hand vereinigt oder übertragen werden oder eine solche Vereinigung bzw. Übertragung durch entsprechende schuldrechtliche Rechtsgeschäfte vereinbart wird, ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, deren Anteile vereinigt oder übertragen werden, wenn
ein außerhalb des Bezirks dieses Finanzamts liegendes Grundstück
oder
ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieses Finanzamts liegenden Grundstücks betroffen wird (§ 17 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG).
Entsprechendes gilt in den Fällen des § 1 Abs. 3a GrEStG, in denen als Rechtsvorgang i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG ein solcher gilt, aufgrund dessen eine Rechtsträgerin bzw. ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 95 v.H. an einer Gesellschaft mit inländischem Grundbesitz innehat (§ 17 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG).
Befindet sich in den Fällen der Tz. 3.1.4 bis 3.1.7 die Geschäftsleitung der erwerbenden Person bzw. der Gesellschaft nicht im Geltungsbereich des GrEStG und werden in verschiedenen Finanzamtsbezirken liegende Grundstücke oder in verschiedenen Ländern liegende Grundstücksteile betroffen, ist für die gesonderte Feststellung das unter Tz. 3.1.2 genannte Finanzamt zuständig (§ 17 Abs. 3 Satz 2 GrEStG). Ansonsten gilt die Grundregel der Tz. 3.1.1.
Anzeigen von Vorgängen i.S. der Tz. 2.1.2, 2.1.8, 2.1.9, 2.2.1 (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GrEStG) (und nachträgliche Änderungen oder Berichtigungen hinsichtlich dieser Vorgänge), für deren Bearbeitung gem. Tz. 3.1.4 – 3.1.8 ein Finanzamt in Baden-Württemberg zuständig ist, sind an die
Landeszentralstelle für gesellschaftsrechtliche Grunderwerbsteuerfälle (LZgG) beim Finanzamt Schwetzingen
zu richten.
Finanzamt
Schwetzingen
Landeszentralstelle für gesellschaftsrechtliche
Grunderwerbsteuerfälle Schloss, nördl. Flügel
68723
Schwetzingen
Die Zuständigkeit der LZgG beim FA Schwetzingen ergibt sich aus § 1 Nr. 15 a der Finanzämter-Zuständigkeitsverordnung - FAZuVO - vom in der Fassung vom .
Zur Ermittlung der weiteren für die Verwaltung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzämter des Landes Baden-Württemberg vgl. Vorbemerkungen Tz. 2.
4. Form und Inhalt der Anzeige
Die Anzeige ist schriftlich nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten. Diese Vordrucke stehen als ausfüllbare PDF-Dokumente zum Herunterladen auf den Internetseiten der baden-württembergischen Finanzämter (dort unter Services - Formulare - Grunderwerbsteuer) zur Verfügung. Dort sind auch Hinweise zur Nutzung der Vordrucke zu finden. Die Vordrucke sind jeweils vollständig auszufüllen und beidseitig auszudrucken.
Anstelle der Möglichkeit, die Anzeigenformulare von den o.g. Internetseiten abzurufen, können die Anzeigen auch EDV-unterstützt mittels der entsprechend genutzten Notariatssoftware erzeugt werden. Diese Anzeigen müssen allerdings im Wortlaut, im Druckbild, im Format, im Aufbau und in der Anzahl der Blätter dem eingeführten amtlichen Muster in der jeweils geltenden Fassung entsprechen und auch die jeweiligen Rückseiten (Verfügungsteile für interne dienstliche Zwecke) enthalten. Die Hinweise zur Nutzung der Vordrucke auf o.g. Internetseiten gelten hier ebenso.
Der Veräußerungsanzeige ist eine Abschrift der Urkunde über den Rechtsvorgang oder den Antrag beizufügen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 GrEStG).
Eine elektronische Übermittlung der Anzeige ist derzeit noch nicht zulässig (§ 22a Satz 3 GrEStG).
Die Anzeige ist auch dann zu erstatten, wenn der Rechtsvorgang von der Besteuerung ausgenommen ist (§ 18 Abs. 3 Satz 2 GrEStG).
Die Anzeige muss enthalten (§ 20 Abs. 1 GrEStG):
Vorname, Zuname, Anschrift sowie die steuerliche Identifikationsnummer gem. § 139b AO oder die Wirtschafts-Identifikationsnummer gem. § 139c AO der veräußernden und der erwerbenden Person, ggf. auch, ob und um welche begünstigte Person im Sinne des § 3 Nrn. 3 bis 7 GrEStG es sich bei der erwerbenden Person handelt;
die Bezeichnung des Grundstücks nach Grundbuch, Kataster, Straße und Hausnummer;
die Größe des Grundstücks und bei bebauten Grundstücken die Art der Bebauung;
die Bezeichnung des anzeigepflichtigen Vorgangs und den Tag der Beurkundung. Bei einem Vorgang, der einer Genehmigung bedarf, auch die Bezeichnung derjenigen Person, deren Genehmigung erforderlich ist;
den Kaufpreis oder die sonstige Gegenleistung (§ 9 GrEStG);
den Namen der Urkundsperson.
Anzeigen, die sich auf Anteile an einer Gesellschaft beziehen, müssen außerdem enthalten (§ 20 Abs. 2 GrEStG):
die Firma und den Ort der Geschäftsführung sowie die Wirtschafts-Identifikationsnummer der Gesellschaft gem. § 139c AO und
die Bezeichnung des Gesellschaftsanteils oder der Gesellschaftsanteile;
bei mehreren Beteiligten eine Beteiligungsübersicht.
5. Anzeigefrist
Die Anzeigen sind innerhalb von zwei Wochen nach der Beurkundung oder der Unterschriftsbeglaubigung zu erstatten, und zwar auch dann, wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt (§ 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG).
6. Absendevermerk der Notarin / des Notars
Die Absendung der Anzeige ist auf der Urschrift der Urkunde, in den Fällen, in denen eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt worden ist, auf der zurückbehaltenen beglaubigten Abschrift zu vermerken (§ 18 Abs. 4 GrEStG).
Eine Empfangsbestätigung des Finanzamts erfolgt nicht.
7. Bedeutung der Anzeigen
Urkunden, Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften, die einen anzeigepflichtigen Vorgang betreffen, dürfen den Beteiligten erst ausgehändigt bzw. erteilt werden, wenn die Anzeige in allen Teilen vollständig (§§ 18 und 20) an das Finanzamt abgesandt worden ist (§ 21 GrEStG).
Zu einer vollständigen Anzeige gehören auch die steuerliche Identifikationsnummern gem. § 139b AO der veräußernden und der erwerbenden Personen (vgl. auch Rundschreiben der Bundesnotarkammer Nr. 6 /2017 vom ).
Die Anzeigepflicht nach § 18 GrEStG führt zu keiner Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ( BStBl II 1994 S. 866). Bei Nichterfüllung der Anzeigepflicht kann der Steueranspruch verjähren.
Die Vorschriften des § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG gelten nicht, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a, 3 und 3a GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt (§§ 18 - 20) war (§ 16 Abs. 5 GrEStG).
Da ein Blatt des Vordrucks „Veräußerungsanzeige“ als Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 22 GrEStG Verwendung findet, ist ein sorgfältiges Ausfüllen des Vordrucks unerlässlich. Bei mangelhaft ausgefüllten Anzeigen können sich die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung und damit die Eintragung der erwerbenden Person in das Grundbuch verzögern.
Teil B: Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer)
1. Maßgebende Vorschriften
Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notare ergeben sich aus folgenden Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung:
§ 34 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG)
§§ 7 und 8 der Erbschaftsteuerdurchführungsverordnung (ErbStDV) und Muster 5 zu § 7 ErbStDV sowie Muster 6 zu § 8 ErbStDV
2. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge
Die Notarinnen und Notare haben dem fürdie Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt diejenigen Beurkundungen, Zeugnisse und Anordnungen anzuzeigen, die für die Festsetzung einer Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) von Bedeutung sein können (§ 34 ErbStG).
Es sind insbesondere anzuzeigen:
Schenkungen und Schenkungsversprechen,
Erbauseinandersetzungen,
Zweckzuwendungen,
Rechtsgeschäfte, die zum Teil oder der Form nach entgeltlich sind, bei denen aber Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Schenkung oder Zweckzuwendung unter Lebenden vorliegt.
Um dem Finanzamt in jedem Fall die Prüfung der Steuerpflicht zu ermöglichen, sind Rechtsgeschäfte auch dann anzuzeigen, wenn nur eine Vermutung für eine freigebige Zuwendung besteht. Dies gilt insbesondere für:
Grundstücksüberlassungsverträge oder die Übertragung sonstiger Vermögensgegenstände zwischen Eheleuten, eingetragenen Lebenspartnern, Eltern und Kindern oder sonstigen nahen Angehörigen (in Frage kommen z.B. Teilschenkungen in der Form von Veräußerungsverträgen, wenn das Entgelt unter dem Verkehrswert des veräußerten Gegenstandes liegt oder als Gegenleistung ein Wohn- oder Verpflegungsrecht usw. eingeräumt wird);
Vereinbarungen zur Regelung güterrechtlicher Verhältnisse (Eheverträge § 1408 BGB, Lebenspartnerschaftsverträge § 7 LPartG), die eine Bereicherung eines Ehegatten/Lebenspartners bewirken (z.B. die Vereinbarung der Gütergemeinschaft);
vorgezogene Erbregelungen und Geschäfte, welche
die vorzeitige Befriedigung von Pflichtteilsansprüchen oder Anwartschaften auf eine Nacherbfolge,
die Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses oder für den Verzicht auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für einen Erbverzicht,
die entgeltliche Übertragung der Anwartschaftsrechte von Nacherben zum Gegenstand haben;
Zuwendungen unter Eheleuten/eingetragenen Lebenspartnern, wenn als Rechtsgrund auf die Ehe/Partnerschaft Bezug genommen wird (sog. unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen);
die Beteiligung naher Angehöriger an einem Unternehmen (Familiengesellschaft - OHG, KG usw.);
die Übertragung von GmbH-Anteilen oder anderen Anteilen an Kapitalgesellschaften, insbesondere unter nahen Angehörigen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein etwaiges Entgelt unter dem gemeinen Wert (Verkehrswert) des Gesellschaftsanteils liegt;
die Bestellung von Hypotheken oder sonstigen Grundpfandrechten und deren Abtretung zugunsten naher Angehöriger, falls der Schuldgrund nicht einwandfrei ersichtlich ist;
Zuwendungen und dgl. an Personen, die nach den Angaben der Beteiligten jahrelang im Geschäft oder im Haushalt ohne oder gegen zu geringes Entgelt Dienste geleistet haben;
Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften, insbesondere Familiengesellschaften, und Gesellschaftern (z.B. verdeckte Einlagen, Kapitalerhöhungen gegen zu geringes oder zu hohes Aufgeld).
Im Einzelnen ergeben sich die anzeigepflichtigen Rechtsvorgänge aus den §§ 1, 3, 4, 7, 8 und 34 ErbStG, die Anzeigepflichten aus §§ 7 und 8 ErbStDV. Zu beachten ist, dass nach § 7 Abs. 4 ErbStG die Steuerpflicht einer Schenkung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass sie zur Belohnung oder unter eine Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrages gekleidet worden ist.
Anzeigen sind auch dann zu erstatten, wenn der Vorgang von der Besteuerung ausgenommen ist.
Von Anzeigen kann abgesehen werden, wenn die Annahme berechtigt ist, dass außer Hausrat (einschließlich Wäsche und Kleidungsstücken) im Wert von höchstens 12.000 Euro nur noch anderes Vermögen im reinen Wert von höchstens 20.000 Euro vorhanden oder Gegenstand der freigebigen Zuwendung ist
3. Zuständiges Finanzamt
Die Anzeigen der unter das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz fallenden Rechtsvorgänge sind an das für die Verwaltung der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) zuständige Finanzamt zu richten. Zuständig ist das Finanzamt, in dessen Bezirk der Erblasser oder Schenker, hilfsweise der Erwerber, seinen (letzten) Wohnsitz oder (letzten) gewöhnlichen Aufenthalt hat (hatte) - § 35 ErbStG -.
Die Verwaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist in Baden- Württemberg zentralisiert und acht Finanzämtern übertragen worden. Zur Ermittlung der für die Verwaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzämter des Landes Baden-Württemberg vgl. Vorbemerkungen Tz. 2.
4. Form und Inhalt der Anzeigen
Erbschaft- und Schenkungsteuervorgänge werden mitgeteilt durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Urkunde, die die Notarin bzw. der Notar aufgenommen oder die sie bzw. er entworfen und auf der sie bzw. er eine Unterschrift beglaubigt hat. Die beglaubigten Abschriften der in § 7 Abs. 1 ErbStDV genannten Verfügungen und Schriftstücke sind jeweils mit einem Vordruck nach Muster 5 der ErbStDV und die in § 8 Abs. 1 und 2 ErbStDV genannten Urkunden über eine Schenkung oder eine Zweckzuwendung unter Lebenden jeweils mit einem Vordruck nach Muster 6 der ErbStDV dem zuständigen Finanzamt zu übersenden (§ 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 ErbStDV). Die genannten Vordrucke werden nicht von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt, sondern sind von den Anzeigepflichtigen selbst aufzulegen. Es ist darauf zu achten, dass bei der Übersendung der beglaubigten Abschriften gleichzeitig auch die für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) erheblichen Umstände, soweit sie sich nicht schon aus dem Inhalt der Beurkundungen ergeben, mitgeteilt werden, insbesondere:
Name, Identifikationsnummer, Geburtstag, letzte Anschrift, Todestag und Sterbeort des Erblassers, Standesamt und Nummer des Sterberegisters,
Name, Identifikationsnummer, Geburtstag und Anschrift des Schenkers,
Namen, Identifikationsnummern und Anschriften der Erwerber und der sonstigen Beteiligten,
das Verwandtschafts-bzw. das Schwägerschaftsverhältnis der einzelnen Erwerber zum Erblasser oder Schenker,
der Güterstand bei Verheirateten oder Lebenspartnern,
Zusammensetzung und Wert des Nachlasses oder der Zuwendung,
der Wert, der der Kostenberechnung zu Grunde gelegt wurde,
der letzte Einheitswert bei Grundbesitz.
Der Notar ist verpflichtet, die Beteiligten über diese Umstände zu befragen. Näheres über die mitzuteilenden Umstände ergibt sich aus §§ 7 und 8 ErbStDV sowie aus den Mustern 5 und 6.
Bei Erbauseinandersetzungen oder Grundstücksüberlassungsverträgen ist insbesondere dafür zu sorgen, dass sich aus der Beurkundung oder Mitteilung ergibt, auf wessen Namen die den Gegenstand der Auseinandersetzung oder Übertragung bildenden Grundstücke im Grundbuch eingetragen sind und welchen Wert sie im Einzelnen haben. Bei Bezugnahme auf frühere Erbfälle genügt es nicht, nur die Angabe des Datums und des Geschäftszeichens des Erbscheines anzugeben oder mitzuteilen, sondern darüber hinaus sind in der Urkunde auch noch aufzunehmen: der Todestag, der letzte Wohnsitz und Sterbeort des Erblassers, sowie die Namen seiner Erben und die auf diese nach dem Erbschein entfallenden Erbteile.
Eine elektronische Übermittlung der Anzeige ist noch ausgeschlossen
5. Frist für die Anzeigen, steuerfreie Rechtsvorgänge
Die Anzeigen sind unverzüglich nach der Beurkundung oder der Unterschriftsbeglaubigung zu erstatten, und zwar auch dann, wenn die Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt.
Die Anzeige ist auch dann zu erstatten, wenn der Vorgang von der Besteuerung ausgenommen ist.
6. Absendevermerk der Notarin / des Notars
Bei Absendung der Anzeige ist auf der Urschrift der Mitteilung oder Anzeige bzw. der Urschrift der Urkunde zu vermerken:
der Absendetag,
das Finanzamt (die Finanzämter), an welches (welche) die Anzeige(n) erfolgt ist (sind.
Eine Empfangsbestätigung des Finanzamts über den Erhalt der Urkunde ergeht nicht.
Teil C: Ertragsteuern
1. Maßgebende Vorschrift
Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notarinnen und Notare ergeben sich aus § 54 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in der jeweils gültigen Fassung.
2. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge
Dem zuständigen Finanzamt (§ 20 AO) ist Anzeige über alle aufgrund gesetzlicher Vorschrift aufgenommenen oder beglaubigten Urkunden zu erstatten, die die Gründung, Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Umwandlung oder Auflösung von Kapitalgesellschaften oder die Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften zum Gegenstand haben. Verfügungen über Anteile an Kapitalgesellschaften durch Anteilseigerinnen bzw. Anteilseigner, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und deshalb nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, sind darüber hinaus auch dem Finanzamt anzuzeigen, das bei Beendigung einer zuvor bestehenden unbeschränkten Einkommensteuerpflicht der Anteilseignerin bzw. des Anteilseigners oder bei unentgeltlichem Erwerb dessen Rechtsvorgängers nach § 19 AO (Wohnsitzfinanzamt) zuständig war. Der Mitteilungspflicht unterliegen neben den Verfügungsgeschäften auch Verpflichtungsgeschäfte, soweit die Verpflichtung eine Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften zum Gegenstand hat. Des Weiteren sind auch aufschiebend bedingte Verfügungen, Treuhandverträge über Anteile an Kapitalgesellschaften sowie Abtretungen derartiger Anteile mitzuteilen. Die Verpfändung von Anteilen an Kapitalgesellschaften fällt nicht unter § 54 EStDV. Zwar ist die Verpfändung eine Verfügung im zivilrechtlichen Sinne. Diese Verfügung ist aber nicht auf einen Wechsel der Rechtsinhaberschaft gerichtet. Nicht anzeigepflichtig sind die Fälle der Beglaubigung einer Abschrift (§ 39 BeurkG) oder der Beglaubigung einer Unterschrift (§ 40 BeurkG).
Mitteilungspflichtig ist auch die Anmeldung einer inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft zum Handelsregister. Dazu sind die beim Handelsregister einzureichenden Dokumente dem zuständigen Finanzamt zu übersenden.
3. Zuständiges Finanzamt
Die unter § 54 EStDV fallenden Urkunden sind dem Finanzamt zu übersenden, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung oder der Sitz der Kapitalgesellschaft befindet, an der die betreffenden Anteile bestehen.
Zur Ermittlung der für die Besteuerung von Kapitalgesellschaften zuständigen Finanzämter sowie der Anschriften der Finanzämter des Landes Baden-Württemberg vgl. Vorbemerkungen Tz. 2.
4. Form und Inhalt der Anzeige
Anzeigepflichtige Vorgänge werden mitgeteilt durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Urkunde, die die Notarin bzw. der Notar aufgenommen oder beglaubigt hat. Die Steuernummer, unter der die Kapitalgesellschaft beim Finanzamt geführt wird, soll auf der Abschrift vermerkt werden (§ 54 Abs. 2 Satz 2 EStDV).
5. Frist für die Anzeige
Die Anzeigen sind binnen zwei Wochen, von der Aufnahme oder Beglaubigung der Urkunde ab gerechnet, zu erstatten, und zwar auch dann, wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt.
Die Anzeige ist auch dann zu erstatten, wenn der Vorgang von der Besteuerung ausgenommen ist.
6. Absendevermerk der Notarin / des Notars
Bei Absendung der Anzeige ist auf der zurückbehaltenen Urschrift der Urkunde - bzw. auf einer zurückbehaltenen Abschrift – zu vermerken:
der Absendetag,
das Finanzamt (die Finanzämter), an welches (welche) die Anzeige(n) erfolgt ist (sind) - § 54 Abs. 2 Satz 3 EStDV.
Urkunden, Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften, die einen anzeigepflichtigen Rechtsvorgang betreffen, dürfen den Beteiligten erst ausgehändigt werden, wenn die Anzeige (die Abschrift der Urkunde) an das Finanzamt abgesandt worden ist (§ 54 Abs. 3 EStDV).
Eine Empfangsbestätigung des Finanzamts über den Erhalt der Urkunde erfolgt nicht.
Teil D: Mehrfache Anzeigepflicht bei mehrfacher Steuerpflicht
Ein und derselbe Rechtsvorgang kann ggf. mehrere steuerliche Anzeigepflichten auslösen, z.B.
Erbauseinandersetzung über Grundstücke und Vermögensübergang von Grundstücken:
für die Grunderwerbsteuer und die Erbschaftsteuer(Schenkungsteuer);
Grundstücksschenkung unter einer Auflage und gemischte Grundstücksschenkung:
für die Grunderwerbsteuer und die Schenkungsteuer;
Umwandlung einer Kapitalgesellschaft:
für die Grunderwerbsteuer und die Ertragsteuern;
Kapitalerhöhung oder -herabsetzung:
für die Grunderwerbsteuer und die Ertragsteuern;
Kapitalerhöhung gegen ein zu hohes oder zu geringes Aufgeld:
für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) und die Ertragsteuern;
Unentgeltliche oder teilweise unentgeltliche Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften:
für die Schenkungsteuer, die Ertragsteuern und ggf. Grunderwerbsteuer;
Entgeltliche Übertragung von Anteilen anKapitalgesellschaften:
für die Ertragsteuern und ggf. Grunderwerbsteuer.
In Fällen, in denen eine mehrfache steuerliche Anzeigepflicht besteht, ist der Rechtsvorgang jedem Finanzamt anzuzeigen, das für eine der in Betracht kommenden Steuern zuständig ist. Sind mehrere Stellen desselben Finanzamts zuständig, so ist diesem Finanzamt für jede Stelle gesondert jeweils die für diese vorgesehene Anzeige zu erstatten. Es wird gebeten, die zuständige Stelle auf der Anzeige zu bezeichnen.
OFD Karlsruhe v. - S 4540/22 - St 345
Fundstelle(n):
FAAAH-51393