BGH Beschluss v. - 5 StR 578/19

Unerlaubter Waffenbesitz: Konkurrenzverhältnis bei gleichzeitiger Aufbewahrung zweier Schlagringe an verschiedenen Orten

Leitsatz

Der gleichzeitige Besitz zweier Schlagringe stellt auch dann einen tateinheitlich begangenen Verstoß gegen das Waffengesetz i.S.d. § 53 Abs. 3 Nr. 1 WaffG in zwei Fällen dar, wenn die Waffen an unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden.

Gesetze: § 52 Abs 3 Nr 1 WaffG, § 52 StGB

Instanzenzug: Az: 510 Js 73305/17 - 6 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Besitzes eines Schlagringes in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Führen eines Schlagringes, zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 8 € verurteilt. Ihre gegen das Urteil gerichtete Revision führt mit der allgemeinen Sachrüge zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuld- und Strafausspruchs sowie zu einer Ergänzung um eine Kompensation für einen Konventionsverstoß gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen bewahrte die Angeklagte am einen Schlagring in ihrer Wohnung auf, der bei deren Durchsuchung sichergestellt wurde. Am führte sie bei einer polizeilichen Fahrzeugkontrolle versteckt im Futter ihrer Handtasche einen weiteren Schlagring bei sich. Sie hatte ihn möglicherweise einige Zeit zuvor von einem Bekannten bekommen und seither in ihrer Tasche verwahrt.

32. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung des Besitzes der beiden Schlagringe als tatmehrheitlich begangene selbständige Taten nach § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat bei der Bewertung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den genannten Taten nicht bedacht, dass durch die gleichzeitige Ausübung der tatsächlichen Gewalt über mehrere Waffen alle in Bezug auf diese Waffen in der Besitzphase begangenen Verstöße gegen das Waffengesetz zu Tateinheit verbunden werden (, NStZ-RR 2014, 291 mwN; MüKo/StGB-Heinrich, 3. Aufl., § 52 WaffG Rn. 165 mwN). Dies gilt selbst dann, wenn die Waffen an unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden (BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 574/10, StraFo 2011, 61; vom - 4 StR 473/14, NStZ-RR 2015, 188 mwN).

4Hier hat es das Landgericht für möglich gehalten, dass die Angeklagte den zuletzt sichergestellten Schlagring, den sie ihrer Einlassung zufolge schon „seit Monaten“ in ihrer Handtasche versteckt verwahrte (UA S. 4), seit einiger Zeit in ihrem Besitz hatte. Dann besaß sie diese Waffe jedoch naheliegenderweise auch schon bei der Sicherstellung des ersten Schlagringes im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung am (vgl. zum Zweifelssatz bei partieller Gleichzeitigkeit des Besitzes mehrerer Waffen: , StV 1999, 645 mwN). Der gleichzeitige Besitz der beiden Schlagringe hat mithin zur Folge, dass die am und am begangenen waffenrechtlichen Verstöße in Tateinheit gemäß § 52 StGB zueinanderstehen (vgl. zum Verhältnis des Führens und des Besitzens einer Waffe BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 226/09, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 2, und vom - 5 StR 197/15, NStZ 2015, 529 mwN).

53. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert; § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die geständige Angeklagte bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

6Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung der verhängten Einzelstrafen nach sich. Der Senat kann indessen die vom Landgericht verhängte Gesamtfreiheitsstrafe in entsprechender Anwendung der Regelung des § 354 Abs. 1 StPO als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund einer abweichenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses eine mildere Strafe verhängt hätte, zumal der Unrechts- und Schuldgehalt einer Tat durch eine bloße Änderung der Konkurrenzen nicht berührt wird.

74. Zu der nach Erlass des angefochtenen Urteils vom eingetretenen Verfahrensverzögerung hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:

„Die Revision ist am rechtzeitig eingelegt worden. Die Zustellung des Urteils ist jedoch erst am verfügt und daraufhin das Urteil am dem Verteidiger zugestellt worden. Zudem hat das Landgericht nach Eingang der Revisionsbegründung am erst am die Akten mit Empfangsbekenntnis des Verteidigers der Staatsanwaltschaft übersandt, von der sie am an den Generalbundesanwalt übersandt worden sind.

Das Abwarten des Ausgangs sowohl des erstinstanzlichen als auch des Revisionsverfahrens gegen einen Mitangeklagten ist kein sachlicher Grund für die Behandlung des Rechtsmittels der Angeklagten gewesen; es hätten im erforderlichen - geringen - Umfang Doppelakten angelegt werden müssen (vgl. ‚ NStZ-RR 2008, 208). Auch unter Berücksichtigung des nicht übermäßig langen Zeitraums seit Kenntnis von den Vorwürfen am bzw. und des geringen Gewichts der Vorwürfe ist noch von einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung auszugehen.“

8Zur Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung genügt hier deren Feststellung. Die Angeklagte ist zu keiner Zeit in Haft gewesen. Eine sie etwa belastende Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens (vgl. ) hat sich aufgrund ihrer geständigen Einlassung allein auf die Höhe der vom Landgericht erkannten Geldstrafe beziehen können.

9Diese Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst aussprechen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 376/07, NStZ-RR 2008, 208, 209; vom - 2 StR 302/11, NStZ 2012, 320, 321, und vom - 1 StR 617/16 mwN).

105. Da die gegen ihre Verurteilung insgesamt gerichtete Revision nur einen geringen Teilerfolg hat, ist es nicht unbillig, die Beschwerdeführerin mit den gesamten Kosten und Auslagen ihres Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:101219B5STR578.19.0

Fundstelle(n):
SAAAH-50612