NWB Nr. 24 vom Seite 1737

Gesetzgeber setzt auf Gütesiegel der Steuerberater

Dipl.-Ök. Prof. Dr. Hartmut Schwab | Steuerberater | Präsident der Bundessteuerberaterkammer und der Steuerberaterkammer München | Vorstandsmitglied der Münchner Steuerfachtagung

Die Corona-Krise: Herausforderung und Chance zugleich

Das am 3. Juni vorgestellte Konjunkturpaket der Bundesregierung sorgte landauf landab für große Furore. Vor allem die Mehrwertsteuersatzsenkung wird nach wie vor intensiv diskutiert. Auf unsere Mandanten und unseren Berufsstand kommt viel Bürokratie- und Umstellungsaufwand zu. Daher war diese Maßnahme für viele Kolleginnen und Kollegen und die Buchführungs- und Steuerabteilungen unserer Mandanten eine Hiobsbotschaft. Sie kommt zu einer Zeit, in der die Mandanten intensiver betreut werden müssen denn je und unser Berufsstand seit Monaten am Limit arbeitet. Ein immenser Aufwand, der im Einzelfall die positiven Effekte aus der Mehrwertsteuersatzsenkung relativieren oder sogar überkompensieren dürfte. Dass der Mehrwertsteuersatz gesenkt wird, ist von der Koalition beschlossen. Die Ausgestaltung gilt es nun zu justieren. Hier setzen wir uns für handhabbare Hilfestellungen für die Wirtschaft ein. Wir erhoffen uns ein pragmatisches BMF-Schreiben, das hoffentlich formale Klippen leichter zu bewältigen hilft, schließlich gilt die Steuersatzsenkung nur für ein halbes Jahr.

Das Konjunkturpaket beinhaltet aber auch eine neue Überbrückungshilfe für Corona-geschädigte Unternehmen bzw. Selbständige. Betroffene kleinere Unternehmen und Selbständige sollen für den Zeitraum Juni bis August 2020 einen nicht-rückzahlbaren Zuschuss zu den Fixkosten erhalten. Bedingung: ein Steuerberater bestätigt den entsprechenden Umsatzeinbruch sowie die förderfähigen Betriebskosten und beantragt den Zuschuss für seinen Mandanten. Um Missbrauchsfälle auszuschließen, setzt der Gesetzgeber bei der Bewilligung der Soforthilfen auf das Gütesiegel der Steuerberater. Ein großer Erfolg für den Berufsstand: unsere Rolle als wichtiges Scharnier zwischen Staat und Mandant wird gestärkt. Das sichert auch langfristig die Stellung unseres Berufsstands, gerade in Zeiten, in denen aus Europa diese besondere Rolle immer wieder infrage gestellt wird. Damit dieses Gütesiegel nicht weitere überbordende Bürokratieprozesse nach sich zieht, ist eine standardisierte und praxisnahe Regelung essentiell. Die Bundessteuerberaterkammer setzt sich für ein möglichst einfaches, automatisiertes und bundeseinheitliches Verfahren ein.

Auf das Gütesiegel gab es im Berufsstand viel positive Resonanz – es gab aber auch kritische Stimmen. Diesen Kollegen scheint die zusätzliche Aufgabe schlicht zu viel des Guten. Für sie ist die enorme Arbeitsbelastung seit Mitte März dieses Jahres sowieso kaum noch zu schaffen. Eine weitere Aufgabe wird daher fast als Bedrohung wahrgenommen. Hier kann ich nur appellieren: Denken Sie auch heute schon an morgen! Irgendwann werden wir diese Pandemie bezwungen haben. Dann kommt das Alltagsgeschäft zurück und der Wettlauf mit der fortschreitenden Automatisierung unseres Beratungs- und Deklarationsauftrags geht weiter. Dann können sich diejenigen Kollegen glücklich schätzen, die sich rechtzeitig zukunftsfest aufgestellt haben und von ihren Mandanten als unentbehrliche Lotsen durch unruhige Fahrwasser wahrgenommen werden.

Hartmut Schwab

Fundstelle(n):
NWB 2020 Seite 1737
NWB LAAAH-50448