BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 1905/19

Nichtannahmebeschluss: Zur Zurückweisung von Beweisanträgen im Strafprozess gem § 244 Abs 6 S 5 StPO nF - Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gegenüber der Glaubhaftmachung gem § 244 Abs 6 S 4 StPO aF bzw § 244 Abs 6 S 5 StPO nF, gegenüber dem Zwischenrechtsbehelf gem § 238 Abs 2 StPO sowie gegenüber dem Anhörungsrügeverfahren gem § 356a S 1 StPO

Gesetze: Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 90 Abs 2 BVerfGG, § 238 Abs 1 StPO, § 244 Abs 6 S 4 StPO vom , § 244 Abs 6 S 5 StPO vom , § 356 S 1 StPO

Instanzenzug: Az: 2 StR 144/19 Beschlussvorgehend LG Hanau Az: 1 Ks - 3325 Js 15156/13 Urteil

Gründe

1Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie mangels Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG) unzulässig ist.

2Zwar erscheint es zweifelhaft, ob die Auslegung des § 244 Abs. 6 StPO in den angegriffenen Entscheidungen, wonach eine Frist zum Stellen von Beweisanträgen wirksam bleibt, wenn das Gericht - wie im vorliegenden Fall - nach der Fristsetzung erneut in die Beweisaufnahme eintritt, dem Anspruch auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) genügt (vgl. auch BTDrucks 18/11277, S. 35; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 244 Rn. 99; Krehl, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 244 Rn. 87e; Börner, JZ 2018, S. 232 <239>).

3Jedoch hätte die Beschwerdeführerin im Wege der Glaubhaftmachung nach § 244 Abs. 6 Satz 4 StPO a.F. (§ 244 Abs. 6 Satz 5 StPO n.F.) vorbringen können und müssen, dass zum einen die Stellung des Beweisantrags vom vor der Fristsetzung vom nicht möglich war, weil er sich auf die Einlassung des Mitangeklagten in den Hauptverhandlungsterminen vom Mai 2018 bezog, und dass zum anderen die Fristsetzung mit dem Wiedereintritt in die Beweisaufnahme gegenstandlos geworden ist. Hierdurch hätte eine Zurückweisung des Beweisantrags erst im Urteil möglicherweise verhindert werden können.

4Darüber hinaus hätte die Beschwerdeführerin die dargelegte Verletzung ihres Rechts auf ein faires und rechtstaatliches Verfahren mit der Einlegung des Zwischenrechtsbehelfs nach § 238 Abs. 2 StPO gegen das Unterlassen der Bescheidung des Beweisantrages im Hauptverhandlungstermin vom verhindern können (vgl. Schneider, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 238 Rn. 12; Becker, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2020, § 238 Rn. 18, jeweils m.w.N.).

5Schließlich hat es die Beschwerdeführerin versäumt, das Anhörungsrügeverfahren nach § 356a Satz 1 StPO durchzuführen, soweit der Bundesgerichtshof - insoweit dem Generalbundesanwalt folgend - angenommen hat, die Beschwerdeführerin hätte mit dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO bereits gegen die Fristsetzung vom vorgehen müssen. Eine solche Anhörungsrüge wäre nicht offensichtlich aussichtslos gewesen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>; BVerfGK 11, 390 <393>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1569/12 -, Rn. 9 f.).

6Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2020:rk20200508.2bvr190519

Fundstelle(n):
AO-StB 2021 S. 24 Nr. 1
FAAAH-49174