BVerwG Urteil v. - 5 C 10/18

Ausbildungsförderung nach einem Fächerwechsel in einem Mehrfächerstudium; unabweisbarer Grund; Anerkennungsentscheidung der zuständigen Stelle

Leitsatz

1. § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG setzt zwingend eine Anerkennungsentscheidung der hierfür zuständigen Stelle der Hochschule voraus. Diese Entscheidung kann nicht durch das Amt für Ausbildungsförderung oder - im Rechtsstreit über Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - das Verwaltungsgericht ersetzt werden.

2. Ein unabweisbarer Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG kann auch dann gegeben sein, wenn das bisherige Studium auf einen Beruf in einem kirchen- und verkündigungsnahen Bereich abzielt, dessen künftige Ausübung wegen einer geänderten religiösen Überzeugung unmöglich oder mit Blick auf die negative Glaubensfreiheit unzumutbar geworden ist, weil die Ausübung des Berufs als solche sich als religiöser Bekenntnisakt darstellt.

Gesetze: § 7 Abs 3 S 1 BAföG, § 7 Abs 3 S 4 BAföG, § 7 Abs 3 S 5 BAföG, § 15a Abs 2 S 3 BAföG

Instanzenzug: OVG Lüneburg Az: 4 LB 408/17 Beschlussvorgehend VG Osnabrück Az: 4 A 6/16 Urteil

Tatbestand

1Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Ausbildungsförderung nach einem Fächerwechsel in einem Mehrfächerstudium.

2Die Klägerin wurde im September 2013 von der Universität Vechta im Nachrückverfahren für den Studiengang "Bachelor Combined Studies" für den Teilstudiengang Sachunterricht (Biologie) mit dem Berufsziel Lehramt zugelassen. Ihre weitergehende Bewerbung um einen Studienplatz auch für den Teilstudiengang Germanistik wurde infolge insoweit bestehender Zulassungsbeschränkungen zunächst abgelehnt. Die Klägerin ließ sich daraufhin des Weiteren im (nicht zulassungsbeschränkten) Teilstudiengang Katholische Theologie immatrikulieren. Sie betrieb das Bachelorstudium in dieser Fächerkombination bis einschließlich Sommersemester 2015, also vier Semester lang. Für dieses Studium gewährte ihr das zuständige Studentenwerk der Beklagten Ausbildungsförderung.

3Im Mai 2015 beantragte die Klägerin die Weiterförderung ihres Studiums. Im September 2015 teilte sie der Beklagten mit, dass sie zum Wintersemester 2015/16 unter Beibehaltung des Teilstudiengangs Sachunterricht (Biologie) vom Teilstudiengang Katholische Theologie zum Teilstudiengang Germanistik gewechselt sei. Beigefügt war eine Immatrikulationsbescheinigung der Universität Vechta, ausweislich derer die Klägerin nunmehr im Fach Germanistik im ersten Fachsemester und im Fach Sachunterricht im fünften Fachsemester eingereiht war. Den Wechsel des Studienfaches begründete die Klägerin gegenüber der Beklagten im Wesentlichen damit, bei ihr seien im Laufe des Sommersemesters 2015 Zweifel aufgetreten, ob sie Katholische Theologie als Lehrerin wirklich unterrichten wolle. Die hierfür erforderliche Glaubensüberzeugung bringe sie inzwischen nicht mehr mit. Sie habe auch nicht vor, ihren Lebenswandel an den Pflichten der katholischen Religion auszurichten.

4Mit Bescheid vom lehnte die Beklagte den Antrag auf Weiterförderung ab. Bei dem Wechsel der Fächerkombination handele es sich um einen Fachrichtungswechsel im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG, der nach dem vierten Fachsemester erfolgt sei und daher nur dann einer Förderung nicht entgegenstehe, wenn dieser aus unabweisbarem Grund erfolgt sei. Die geltend gemachten Gründe könnten aber allenfalls als wichtiger Grund anzusehen sein.

5Dieser Auffassung hat sich das Verwaltungsgericht im Ergebnis angeschlossen und die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum Oktober 2015 bis September 2016 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Fachrichtungswechsel der Klägerin sei nicht förderungsschädlich, da dieser so zu behandeln sei, als sei er bis zum Beginn des zweiten Fachsemesters erfolgt, sodass auch nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG ein wichtiger Grund hierfür zu vermuten sei. Für den danach hier gegebenen Fall einer fehlenden Entscheidung der Ausbildungsstätte über die Anrechnung von Semestern enthalte § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG seinem Wortlaut nach keine Regelung. Diese Lücke sei im Wege einer analogen Anwendung des § 15a Abs. 2 Satz 3 BAföG zu schließen.

6Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Sie rügt eine Verletzung des § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG.

7Die Klägerin verteidigt den angefochtenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts.

Gründe

8Die Revision der Beklagten ist begründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht nicht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Er verletzt § 7 Abs. 3 Satz 5 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 1952), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch das Gesetz vom (BGBl. I S. 2475). Da der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden kann, ist die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Förderungsanspruch kommt allein § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG in Betracht. Danach wird Ausbildungsförderung auch für eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Auszubildende aus wichtigem oder unabweisbaren Grund - soweit hier von Interesse - die Fachrichtung gewechselt hat; Auszubildende, die - wie die Klägerin - an einer Hochschule studieren, können sich auf einen wichtigen Grund für den Fachrichtungswechsel nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters berufen. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, konzentriert sich der Streit der Beteiligten auf die Frage, ob der - von ihnen zu Recht nicht in Abrede gestellte - nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) erst nach dem Abschluss des vierten Fachsemesters vorgenommene Fachrichtungswechsel im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG gemäß § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG gleichwohl als rechtzeitig erfolgt anzusehen ist. Das ist zu verneinen (1.). Der Senat kann anhand der bisher festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin die Fachrichtung - was für eine Bewilligung von Ausbildungsförderung bei einem Fachrichtungswechsel nach Beginn des vierten Fachsemesters erforderlich ist - aus unabweisbarem Grund gewechselt hat (2.).

101. Die Klägerin hat die Fachrichtung nicht gemäß § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG bis zum Beginn des vierten Fachsemesters gewechselt.

11Nach dieser Vorschrift wird bei der Bestimmung des nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG maßgeblichen vierten Fachsemesters, bis zu dessen Beginn Studierende die Fachrichtung aus wichtigem Grund wechseln können, die Zahl der Semester abgezogen, die nach Entscheidung der Ausbildungsstätte aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang angerechnet werden. Mit der Entscheidung der Ausbildungsstätte im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG ist die hochschulrechtliche Anerkennungs- bzw. Anrechnungsentscheidung gemeint, die Voraussetzung für eine Einschreibung bzw. Einstufung in ein höheres Fachsemester der neuen anderen Ausbildung ist. Getroffen wird sie durch die hierzu berufenen Einrichtungen der Ausbildungsstätten, d.h. die nach dem jeweiligen Landeshochschulrecht für die Entscheidung über die Anerkennung bisheriger Studienzeiten, Studien- und Prüfungsleistungen als gleichwertig zuständigen Stellen der in § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 und Satz 4 Halbs. 2 BAföG genannten Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen. Insofern wird der Begriff der Ausbildungsstätte in § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG in einem anderen Sinne verwendet als der gleichlautende Begriff in § 2 BAföG (vgl. insoweit etwa 5 C 14.11 - BVerwGE 143, 314 Rn. 23 und vom - 5 C 8.17 - BVerwGE 163, 252 Rn. 8 f.). Für dieses Verständnis spricht vor allem der enge funktionale Zusammenhang mit § 15a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BAföG. Diese Vorschrift bindet die Anrechnung von Zeiten einer vorangegangenen Ausbildung, berufspraktischen Tätigkeit oder eines vorangegangenen Praktikums auf die Förderungshöchstdauer der zu fördernde Ausbildung ausdrücklich an eine entsprechende Anerkennungsentscheidung der "zuständigen Stelle", womit ebenfalls die nach dem jeweiligen Landeshochschulrecht für die Entscheidung über die Anerkennung von Studienzeiten, Studien- und Prüfungsleistungen zuständige Stelle der Ausbildungsstätte gemeint ist (vgl. Fischer, in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 15a Rn. 7.3 und Lackner, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15a Rn. 13). Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Prüfung der Einhaltung der zeitlichen Grenze für einen förderungsunschädlichen Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund andere Anforderungen stellen wollte. Insbesondere lässt sich § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG nicht dahingehend auslegen, dass eine fehlende Anerkennungsentscheidung der hierfür zuständigen Stelle der Hochschule ersetzbar ist (a). Auch eine richterliche Rechtsfortbildung im von der Vorinstanz dargelegten Sinne scheidet aus (b). Dieses Ergebnis bedarf keiner Korrektur aus verfassungsrechtlichen Gründen (c). An der erforderlichen Anrechnungsentscheidung der Ausbildungsstätte fehlt es im konkreten Fall (d).

12a) § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG setzt zwingend eine Anerkennungsentscheidung der hierfür zuständigen Stelle der Hochschule voraus. Der Wortlaut der Vorschrift sperrt eine Auslegung dahingehend, dass diese Entscheidung durch das Amt für Ausbildungsförderung oder - im Rechtsstreit über Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - das Verwaltungsgericht ersetzt werden kann.

13Der gewählten Formulierung "die nach Entscheidung der Ausbildungsstätte ... angerechnet werden" ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass bei der von den Ämtern für Ausbildungsförderung im Rahmen der Entscheidung über den Antrag auf Ausbildungsförderung vorzunehmenden Prüfung, ob die zeitliche Grenze der anspruchsbegründenden Norm des § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG aufgrund einer Anrechnung von Semestern aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung eingehalten ist, nur dann Semester abgezogen werden können, wenn die auf sie entfallenden Studienzeiten durch die Ausbildungsstätte tatsächlich für den neuen Studiengang angerechnet worden sind. Der Gesetzeswortlaut bietet keinen Anknüpfungspunkt für eine Deutung, es reiche aus, dass Semester von Rechts wegen hochschulrechtlich anzurechnen seien oder angerechnet werden könnten. Das schließt es aus, dass eine tatsächlich nicht getroffene hochschulrechtliche Anerkennungs- bzw. Anrechnungsentscheidung durch die hierfür zuständige Stelle der in § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 und Satz 4 Halbs. 2 BAföG genannten Ausbildungsstätten durch die Ämter für Ausbildungsförderung oder die Verwaltungsgerichte ersetzt werden kann.

14b) Die Ersetzbarkeit der geforderten Anrechnungsentscheidung ist auch nicht im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu begründen.

15Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten nur begrenzt zu. Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung setzt unabhängig von dem in Betracht kommenden methodischen Mittel (hier die Analogie) eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen. Ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (vgl. 5 C 10.17 - NVwZ-RR 2019, 420 Rn. 11 m.w.N). In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben lässt sich nicht feststellen, dass es der Gesetzgeber planwidrig unterlassen hat, das Amt für Ausbildungsförderung zu ermächtigen, im Falle einer fehlenden hochschulrechtlichen Anerkennungsentscheidung der hierfür zuständigen Stellen selbst über die nach Maßgabe des jeweiligen Landeshochschulrechts als gleichwertig anzuerkennenden Studienzeiten, Studien- und Prüfungsleistungen und damit die Zahl der nach § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG abzuziehenden Semester zu entscheiden.

16Dies erschließt sich bereits aus der Gesetzgebungsgeschichte und der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Intention. Aus der amtlichen Begründung zu Art. 1 Nr. 4 Buchst. b des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom (BGBl. I S. 3254), durch das der Satz 5 dem § 7 Abs. 3 BAföG angefügt worden ist, ergibt sich, dass nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers bei der Bestimmung des förderungsrechtlich unschädlichen Zeitpunkts eines Fachrichtungswechsels nur Semester Berücksichtigung finden sollen, die "nach einer Anrechnungsentscheidung der hierfür zuständigen Ausbildungsstätte" aus dem bisher verfolgten Studiengang auf den neu eingeschlagenen Studiengang angerechnet werden (BT-Drs. 16/5172 S. 18). Hieraus folgt, dass nach der gesetzgeberischen Vorstellung eine ausdrückliche hochschulrechtliche Anerkennungsentscheidung der hierfür zuständigen Stelle der Hochschule sowohl Voraussetzung als auch Maßstab eines Semesterabzugs im Rahmen der Fristbestimmung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG sein soll.

17Der sich aus den Gesetzesmaterialien ergebende Zweck der Gesetzesänderung bekräftigt diesen Befund. Die Einfügung des Satzes 5 soll danach die verfassungskonforme Auslegung, die § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG durch die Entscheidung des - (BVerfGK 6, 136) erfahren hat, klarstellend in das Gesetz übernehmen (BT-Drs. 16/5172 S. 18). Die danach beabsichtigte normative "eins-zu-eins"-Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Entscheidung erfordert keine Berücksichtigung der Fälle, in denen eine Anerkennungsentscheidung der Hochschule tatsächlich nicht ergangen ist. Denn eine derartige Fallkonstellation war nicht Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass die Hochschule in jenem Fall mehrere Semester und Kurse aus dem ursprünglich verfolgten Studiengang der Zahnmedizin für den sodann verfolgten Studiengang der Humanmedizin als erbracht anerkannt hat. Die durch das Bundesverfassungsgericht beanstandete Ungleichbehandlung betrifft mithin ausschließlich Studierende, die über eine studienzeitverkürzende Anerkennungsentscheidung der Hochschule verfügten, welche allerdings bei der Bestimmung des Zeitpunkts nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG unberücksichtigt blieb, wodurch diese wegen Nichteinhaltung der zeitlichen Grenze für einen förderungsunschädlichen Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund keine Ausbildungsförderung erhielten. Demgegenüber wurden Studierende, die unter Einhaltung der zeitlichen Grenze die Fachrichtung aus einem wichtigen Grund wechselten, gefördert, obgleich sie sich mangels anrechenbarer Leistungen in dem neuen Studium in das erste Fachsemester einzuschreiben hatten (vgl. - BVerfGK 6, 136 Rn. 31). Die bewusste Begrenzung der Gesetzesänderung auf diese vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Fallkonstellation steht der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke entgegen.

18Auch der systematische Abgleich mit § 15a Abs. 2 Satz 3 BAföG spricht gegen eine solche Lücke. Diese Vorschrift ermächtigt das Amt für Ausbildungsförderung die auf die Förderungshöchstdauer anzurechnenden (Vorausbildungs-)Zeiten unter Berücksichtigung der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnungen sowie der Umstände des Einzelfalles selbst festzulegen, wenn der Auszubildende eine Anerkennungsentscheidung der zuständigen Stelle nicht vorlegt. Das hätte es nahegelegt, eine entsprechende Ermächtigung des Amtes für Ausbildungsförderung auch in § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG aufzunehmen. Dass der Gesetzgeber dies nicht getan hat, lässt insbesondere vor dem Hintergrund von Gesetzgebungsgeschichte und Gesetzeszweck erkennen, dass es sich dabei nicht um ein Redaktionsversehen handelt.

19Das gilt umso mehr, als § 15a Abs. 2 Satz 3 BAföG eine andere Zielrichtung als § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG verfolgt. Die fiktive Vorverlagerung des Zeitpunktes des Fachrichtungswechsels in § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG dient - wie dargelegt - der Vermeidung eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses. Die Ermächtigung des Amtes für Ausbildungsförderung in § 15a Abs. 2 Satz 3 BAföG soll demgegenüber förderungsrechtlichen Missbrauchsfällen vorbeugen, welche sich daraus ergeben, dass Studierende, die innerhalb der Frist des § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG und damit ohne die Notwendigkeit einer Semesteranrechnung wechseln, eine hochschulrechtlich mögliche Anerkennung ihrer Studienzeiten und -leistungen aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung aus welchen Gründen auch immer nicht vornehmen lassen. Ohne die dem Amt für Ausbildungsförderung in § 15a Abs. 2 Satz 3 BAföG eingeräumte Befugnis, die auf die Förderungshöchstdauer anzurechnenden Zeiten festzusetzen, würden diese Studierenden in Bezug auf die Förderungshöchstdauer gegenüber Studierenden ungerechtfertigt privilegiert, die eine hochschulrechtliche Anerkennung mit der Wirkung des § 15a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BAföG vornehmen lassen. Denn Erstgenannte könnten mangels Anrechnung von Zeiten auf die Förderungshöchstdauer in der Regel für einen längeren Zeitraum Ausbildungsförderung in Form eines hälftigen Zuschusses und im Übrigen durch ein zinsfreies Darlehen (§ 17 Abs. 1 und 2 BAföG) erhalten. Insofern hat § 15a Abs. 2 Satz 3 BAföG einen spezifisch auf die Bestimmung der Förderungshöchstdauer bezogenen Charakter, der sich zudem für den betreffenden Studierenden regelmäßig belastend auswirkt. Das lässt darauf schließen, dass eine Ersetzung der hochschulrechtlichen Anerkennungsentscheidung durch das Amt für Ausbildungsförderung im Rahmen der Prüfung der Förderfähigkeit einer anderen Ausbildung dem Grunde nach vom Gesetzgeber nicht gewollt war.

20c) Die fehlende Ersetzbarkeit der hochschulrechtlichen Anerkennungsentscheidung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Darin liegt - entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts - kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

21Dieser gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit ist zudem zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt und größte Zurückhaltung geboten ist, dem Gesetzgeber über den Gleichheitssatz zusätzliche Leistungsverpflichtungen aufzuerlegen (vgl. 5 C 14.16 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 127 Rn. 35; BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 84/86 - BVerfGE 78, 104 <121> und vom - 1 BvL 14/07 - BVerfGE 130, 240 <254>, jeweils m.w.N.). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. In diesen Fällen liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz schon dann vor, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. zu Vorstehendem insgesamt etwa - BVerfGE 129, 49 <68 f.> und 5 C 57.15 - Buchholz 454.710 § 5 WoGG n.F. Nr. 1 Rn. 33 und 36 und vom - 5 C 14.16 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 127 Rn. 33, jeweils m.w.N.). Im Übrigen ist bei einer an Sachverhalten orientierten Ungleichbehandlung entscheidend, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung des Differenzierungsmerkmals zu beeinflussen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 15/87 - BVerfGE 97, 169 <181> und vom - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <69> m.w.N.). Nach diesen rechtlichen Maßstäben liegt hier zwar eine Ungleichbehandlung vor (aa). Diese ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt (bb).

22aa) Ungleich behandelt werden Studierende, die nach dem Beginn des vierten Fachsemesters die Fachrichtung wechseln und trotz hochschulrechtlich anerkennungsfähiger und damit anrechenbarer Studienzeiten und -leistungen über keine entsprechende hochschulrechtliche Anerkennungsentscheidung der hierfür zuständigen Stelle der Hochschule verfügen, gegenüber einerseits Studierenden, die ebenfalls nach diesem Zeitpunkt einen Fachrichtungswechsel vornehmen und eine entsprechende Entscheidung besitzen, und andererseits Studierenden, die innerhalb der Frist des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG die Fachrichtung wechseln und ebenso lang weiter gefördert werden. Die Ungleichbehandlung gegenüber den zuletzt genannten Studierenden besteht allerdings anders als vor der Beanstandung der früheren Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG durch das Bundesverfassungsgericht nicht mehr in einem Ausschluss von der Ausbildungsförderung bei einem Fachrichtungswechsel nach dem maßgeblichen Fachsemester schlechthin, sondern in der Bindung der weiteren Förderung an die zwingende Voraussetzung einer hochschulrechtlichen Anerkennungsentscheidung.

23bb) Gegen diese Unterscheidung bestehen selbst bei einer Bindung an den Verhältnismäßigkeitsmaßstab keine rechtlichen Bedenken. Denn sie wird nach Art und Ausmaß durch einen hinreichenden Sachgrund gerechtfertigt.

24Rechtfertigender Sachgrund für die Ungleichbehandlung ist die gesetzgeberische Wertung, die Entscheidung über die Anerkennung von Semestern der in Bezug auf das Hochschulrecht fachkundigen und sachnäheren zuständigen Stelle der Ausbildungsstätten vorzubehalten. Das ist sowohl § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG als auch § 15a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 4 BAföG zu entnehmen. Ausweislich der vorstehenden Ausführungen ist die Entscheidung über die Anerkennung von Studienzeiten aus der ursprünglich verfolgten Fachrichtung auf den neuen Studiengang nach § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG anspruchsbegründend und gemäß § 15a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BAföG bei der Bestimmung der Förderungshöchstdauer für das Amt für Ausbildungsförderung ausnahmslos bindend (vgl. Lackner, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15a Rn. 14). Durch diese Bindung wird das Amt für Ausbildungsförderung von aufwändigen Sachverhaltsermittlungen und von - wie der vorliegende Fall zeigt - unter Umständen sehr schwierigen rechtlichen Bewertungen unter Heranziehung der Studienordnungen befreit, die Angelegenheit der Hochschule sind (vgl. Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 15a Rn. 7.4 s. allgemein zum Entlastungsaspekt im Rahmen des BAföG 11 C 13.92 - FamRZ 1993, 1373 <1375>). Der Vorrang der hochschulrechtlichen Anerkennungsentscheidung im Rahmen der Bestimmung der Förderungshöchstdauer wird durch § 15a Abs. 2 Satz 4 BAföG unterstrichen. Danach ist das Amt für Ausbildungsförderung, nachdem es gemäß § 15a Abs. 2 Satz 3 BAföG die anzurechnenden Zeiten festgesetzt hat, grundsätzlich verpflichtet, eine später ergehende hochschulrechtliche Anerkennungsentscheidung zu übernehmen.

25Das Gewicht der Ungleichbehandlung wird dadurch gemindert, dass die von der Förderung ausgeschlossenen Studierenden, soweit die Anerkennung von Studienzeiten aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung nicht ohnehin von Amts wegen vorgenommen wird (vgl. etwa § 56 Abs. 1 Satz 1 BremHG), in zumutbarer Weise hierauf Einfluss nehmen können. Denn sie können im Regelfall - und wie das Oberverwaltungsgericht in bindender Auslegung von Landesrecht (§ 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 560 ZPO) festgestellt hat auch hier - mit Aussicht auf Erfolg - gegebenenfalls unter Beachtung etwaiger formeller Erfordernisse - bei der zuständigen Stelle der Hochschule einen entsprechenden Anerkennungsantrag stellen und so den Förderungsausschluss durch eigenes Verhalten abwenden. Das notwendige verfahrensrechtliche Interesse für einen solchen Antrag und dessen sachliche Bescheidung folgt aus § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG. Danach ist die hochschulrechtliche Anerkennung bzw. Anrechnung eine anspruchsbegründende Voraussetzung für die Bewilligung von Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BAföG. Lehnt die zuständige Stelle der Hochschule eine Anrechnung als solche oder in notwendigem Umfang ab, steht es den Betroffenen frei, Rechtsbehelfe hiergegen in Anspruch zu nehmen.

26d) Mit Rücksicht auf diese rechtlichen Vorgaben ist dahin zu erkennen, dass die von § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG geforderte Anrechnungsentscheidung der Ausbildungsstätte nicht vorliegt.

27Das Oberverwaltungsgericht hat zwar nicht geprüft, welche Einrichtung der Universität Vechta nach Maßgabe der einschlägigen landesrechtlichen und daher grundsätzlich irrevisiblen Regelungen als im oben genannten Sinne zuständige Stelle anzusehen ist und diese auch ansonsten nicht konkret benannt. Der Senat ist daher befugt, die insoweit einschlägigen landesrechtlichen Regelungen selbst auszulegen und anzuwenden (vgl. 5 CN 1.18 - NVwZ 2019, 1685 Rn. 20). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 der Rahmenprüfungsordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge an der Universität Vechta vom (RPO), welche nach § 32 Satz 2 RPO seit dem auch für den Studiengang Bachelor Combined Studies gilt, wird die Entscheidung über die Anerkennung von Studienzeiten in gleichen Studiengängen an einer deutschen Universität auf Antrag durch einen studiengangspezifischen Prüfungsausschuss getroffen. Gleiches gilt nach § 9 Abs. 2 Satz 1 RPO für die Anerkennung von Studienzeiten in anderen Studiengängen.

28Das Oberverwaltungsgericht hat jedoch ausgeführt, die Universität Vechta habe eine Anrechnungsentscheidung im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG nicht getroffen. Damit ist konkludent festgestellt, dass eine hochschulrechtliche Anerkennungsentscheidung des studiengangspezifischen Prüfungsausschusses nicht vorliegt. Die hiergegen von der Beklagten erhobene Rüge der Aktenwidrigkeit, die auf die Annahme zielt, das Oberverwaltungsgericht habe einen "falschen" Sachverhalt festgestellt, ist unbegründet.

29Von einer Aktenwidrigkeit der tatsächlichen Feststellungen ist auszugehen, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein Widerspruch besteht. Dieser Widerspruch muss zweifelsfrei und offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts nicht bedarf (stRspr, vgl. 5 C 19.16 - BVerwGE 160, 212 Rn. 58). Das angegriffene Urteil trifft keine Feststellung, die im Widerspruch zum unumstrittenen Akteninhalt steht. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis vielmehr im Einklang mit diesem angenommen, dass weder in der Immatrikulation der Klägerin in das erste Fachsemester im Teilstudiengang Germanistik bzw. der hierüber ausgestellten Immatrikulationsbescheinigung noch in dem im vorinstanzlichen Verfahren von der Beklagten vorgelegten Schreiben der Universität Vechta vom eine Entscheidung über die (Nicht-)Anrechnung von Studienzeiten und -leistungen im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG liegt.

30Für die Immatrikulation bzw. die hierüber ausgestellte Bescheinigung ergibt sich dies bereits daraus, dass diese - was von der Beklagten auch nicht bestritten wird - von dem mit dem studiengangspezifischen Prüfungsausschuss nicht identischen Immatrikulationsamt der Universität Vechta vorgenommen bzw. ausgestellt wird. Das folgt aus § 2 Abs. 4 Nr. 4 der Immatrikulationsordnung der Universität Vechta vom . Diese Vorschrift ordnet an, dass, wenn die Einschreibung für ein höheres Fachsemester aufgrund von gleichwertigen Leistungen beantragt wird, dem Antrag auf Immatrikulation der Anerkennungsbescheid des hierfür zuständigen Prüfungsausschusses beizufügen bzw. bei der Online-Einschreibung nachzureichen ist. Das zeigt, dass die Einschreibung in ein höheres Fachsemester selbst keine hochschulrechtliche Anerkennungsentscheidung zum Ausdruck bringt, sondern eine solche des zuständigen Prüfungsausschusses voraussetzt. Demgemäß kann aus der Einschreibung in ein höheres Fachsemester zwar grundsätzlich eine Indizwirkung des Inhalts abgeleitet werden, dass eine Anerkennungsentscheidung durch die zuständige Stelle getroffen worden ist (vgl. Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 15a Rn. 7.1). Umgekehrt lässt sich aus der Einschreibung in das erste Fachsemester - wie hier - aber nicht herleiten, dass der Prüfungsausschuss ausdrücklich über die Nichtanerkennung von Studienzeiten entschieden hätte. Denn dies kann seine Ursache ebenso gut darin haben, dass der Prüfungsausschuss mit einem solchen Anliegen überhaupt nicht befasst gewesen ist. So verhält es sich auch hier. Denn es ist weder festgestellt noch wird es von der Klägerin behauptet, dass sie beim Prüfungsausschuss einen Antrag auf Anrechnung von Studienzeiten und -leistungen gestellt hat. Vielmehr hat auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass dies nicht geschehen ist.

31Bereits mangels eines derartigen Antrags kann die erforderliche Anerkennungsentscheidung des studiengangspezifischen Prüfungsausschusses auch nicht in dem Schreiben der Leiterin des Dezernats 3 der Verwaltung der Universität Vechta vom , das von dem Oberverwaltungsgericht als gutachterliche Stellungnahme im Sinne des § 48 Abs. 5 BAföG gewertet worden ist, erblickt werden. Darüber hinaus enthält oder gibt dieses Schreiben auch nach den Feststellungen der Vorinstanz keine Erklärung des zuständigen Prüfungsausschusses wieder, sondern erläutert lediglich aus Sicht der Universitätsverwaltung, warum im vorliegenden Fall eine Anrechnung von Leistungen nicht statthaft sei. Abgesehen davon handelt es sich bei dem Schreiben auch nicht um eine gutachtliche Stellungnahme zur Frage der Anerkennung von Studienzeiten nach § 48 Abs. 5 BAföG, an die die Beklagte nach Maßgabe des § 48 Abs. 6 BAföG gebunden wäre. Denn eine nach § 48 Abs. 5 BAföG in den Fällen des § 7 Abs. 3 BAföG eingeholte gutachterliche Stellungnahme ist auf eine Auskunft zu den besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Förderung nach Aufnahme einer anderen Ausbildung gerichtet (vgl. Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 49). Tatbestandliche Voraussetzung in diesem Sinne ist im Fall des § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG allein, ob eine hochschulrechtliche Anerkennung durch die hierfür zuständige Stelle erfolgt ist und welchen Inhalt sie insbesondere bezogen auf die Anrechnung von Semestern aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang hat. Nur dies kann eine gutachterliche Stellungnahme der Ausbildungsstätte nach § 48 Abs. 5 BAföG zum Gegenstand haben. Die dem Amt für Ausbildungsförderung nach § 48 Abs. 6 BAföG eingeräumte Befugnis, von dieser Stellungnahme abzuweichen, reicht nicht weiter. Auch deshalb widerspricht das Schreiben vom nicht der Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, es fehle an einer Anerkennungsentscheidung des studiengangspezifischen Prüfungsausschusses.

322. Die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ermöglichen dem Senat im Fall der Klägerin keine abschließende Beurteilung, ob ihr der geltend gemachte Förderungsanspruch deshalb zusteht, weil sie aus einem unabweisbaren Grund die Fachrichtung gewechselt hat.

33Ein unabweisbarer Grund für einen Fachrichtungswechsel im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG liegt vor, wenn Umstände eintreten, die die Fortführung der bisherigen Ausbildung objektiv und subjektiv unmöglich machen. Die Umstände müssen dergestalt sein, dass sie die Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und dem Überwechseln in eine andere Fachrichtung nicht zulassen. Es können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die zu einem Wegfall der Eignung des Auszubildenden für die künftige Ausübung des bisher angestrebten Berufs und die dahin zielende noch zu absolvierende Ausbildung geführt haben. Demzufolge ist ein bloßer Neigungswandel unzureichend (vgl. 5 C 36.79 - BVerwGE 62, 174 <179> und vom - 5 C 6.03 - BVerwGE 120, 149 <150 f.> m.w.N.). Bei weltanschaulich gebundenen Berufen kann - anders als von der Beklagten in Anlehnung an Tz. 7.3.9 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG-VwV - i.d.F. vom (GMBl. S. 770), zuletzt geändert am (GMBl. S. 1094), angenommen - auch ein Wandel der Weltanschauung oder Konfession unter Umständen als ein solch unabweisbarer Grund anzusehen sein. Erforderlich ist insoweit, dass der Wandel der Weltanschauung oder Konfession zu einem Wegfall der Eignung für die Ausübung des angestrebten Berufs führt. Solches kann auch dann gegeben sein, wenn das bisherige Studium auf einen Beruf in einem kirchen- und verkündigungsnahen Bereich abzielt, dessen künftige Ausübung wegen einer geänderten religiösen Überzeugung unmöglich oder mit Blick auf die negative Glaubensfreiheit unzumutbar geworden ist, weil die Ausübung des Berufs als solche sich als religiöser Bekenntnisakt darstellt. In Betracht kommt dies etwa im Fall eines Kirchenaustritts bei einem Theologiestudium zur Vorbereitung auf das Pfarramt (vgl. Buter, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 7 Rn. 43). Nicht anders stellt es sich im Fall von Personen dar, die - wie die Klägerin - Katholische oder Evangelische Theologie mit dem Berufsziel Lehramt studieren, weil die Ausübung des Berufs des Religionslehrers die Erteilung einer kirchlichen Unterrichtserlaubnis (Missio canonica bzw. Vocatio) voraussetzt (vgl. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 GG; für den katholischen Religionsunterricht in Niedersachsen: Art. 7 Abs. 3 Satz 1 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhle und dem Lande Niedersachsen vom <Nds. GVBl. S. 191>). Diese wird nur dann gewährt, wenn der Betreffende die Bereitschaft zusichert, den Religionsunterricht in Übereinstimmung mit der Lehre der jeweiligen Kirche zu erteilen. Im Bereich der katholischen Kirche wird zudem erwartet, in der persönlichen Lebensführung die Grundsätze der Lehre der katholischen Kirche zu beachten (vgl. Deutsche Bischofskonferenz, Rahmenrichtlinien für die Erteilung der kirchlichen Unterrichtserlaubnis und der Missio canonica für Lehrkräfte mit der Fakultas "Katholische Religionslehre" vom , Nr. 7). Mit Blick darauf ist die Berufsausübung unmöglich, wenn ein Wandel der religiösen Überzeugung vorliegt, der die Übereinstimmung mit der kirchlichen Lehre entfallen lässt, weil dann bei einer wahrheitsgemäßen Erklärung hierüber keine Aussicht auf die Erteilung der kirchlichen Unterrichtserlaubnis mehr besteht. Jedenfalls wird sie in solchen Fällen angesichts der in den Erteilungsvoraussetzungen zum Ausdruck kommenden Teilhabe des Religionslehrerberufs am Bekenntnischarakter des Religionsunterrichts mit Blick auf die negative Religionsfreiheit unzumutbar, was ebenfalls als Wegfall der Eignung zu behandeln ist. Die betreffenden Umstände sind von dem Auszubildenden unverzüglich geltend zu machen, sobald er sich über sie Gewissheit verschafft hat bzw. im Klaren ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom - 12 ZB 12.2277 - juris Rn. 7).

34Die Feststellungen des angefochtenen Urteils erlauben dem Senat keine abschließende Beurteilung, ob bei der Klägerin - was hier allenfalls in Betracht zu ziehen ist - ein in diesem Sinne beachtlicher und auf einen unabweisbaren Grund nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG führender Wandel der Glaubensüberzeugung vorliegt. Die Sache ist deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Oberverwaltungsgerichts unter persönlicher Anhörung der Klägerin zu klären haben, ob bei der Klägerin - wie von ihr selbst vorgetragen - erst im Verlauf des Studiums der Katholischen Theologie ein relevanter Glaubenswandel stattgefunden und wann dieser sich vollzogen hat. Dabei wird das Oberverwaltungsgericht insbesondere die von ihm in Bezug genommene Erklärung der Eltern der Klägerin nicht außer Acht lassen können, wonach sich die Klägerin bereits im ersten Semester nicht mit den Lehren der katholischen Religion habe identifizieren können. Ebenso wird in den Blick zu nehmen sein, dass die Klägerin nach den bisherigen Feststellungen das Studium der Katholischen Theologie zu keinem Zeitpunkt tatsächlich betrieben hat.

353. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2020:060220U5C10.18.0

Fundstelle(n):
VAAAH-49053