Online-Nachricht - Dienstag, 19.05.2020

Verfahrensrecht | Herabsetzung eines Verspätungszuschlags im Klageverfahren erfordert erneute Ermessensausübung (FG)

Die aufgrund einer Minderung der Steuerfestsetzung erfolgte Herabsetzung eines Verspätungszuschlags im Klageverfahren ist rechtswidrig, wenn das Finanzamt hierzu keine erneuten Ermessenserwägungen anstellt (; Revision nicht zugelassen).

Hintergrund: Nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (§ 152 Abs. 1 Satz 2 AO).

Sachverhalt: Das FA setzte die Einkommensteuer des Klägers mangels Abgabe einer Steuererklärung aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen fest. Zugleich setzte es einen Verspätungszuschlag fest. Im Rahmen der Entscheidung über den hiergegen eingelegten Einspruch führte das FA aus, dass der Verspätungszuschlag lediglich 2,89 % der festgesetzten Steuer betrage. Ferner verwies es auf das Abgabeverhalten des Klägers in der Vergangenheit, auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die lange Dauer der Verspätung.

Nachdem der Kläger im laufenden Klageverfahren, das sich auch auf die Steuerfestsetzung bezog, eine Einkommensteuererklärung eingereicht hatte, setzte das FA die Einkommensteuer herab. Zugleich verminderte es auch den Verspätungszuschlag, ohne erneute Ermessenserwägungen darzulegen.

Das FG Münster hat der Klage stattgegeben:

  • Die Festsetzung des herabgesetzten Verspätungszuschlages ist zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

  • Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags liegen zwar weiterhin vor. Das FA hat jedoch bei der Herabsetzung das ihm durch § 152 Abs. 1 Satz 1 AO (a.F.) eingeräumte Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.

  • Wird die festgesetzte Steuer, auf die sich der Verspätungszuschlag bezieht, herabgesetzt, hat der Betroffene einen Rechtsanspruch auf eine wiederholte Prüfung und eine vollständig neue Ermessensentscheidung.

  • Die in der Einspruchsentscheidung enthaltenen Erwägungen beziehen sich lediglich auf die ursprüngliche Festsetzung des Verspätungszuschlags. In Bezug auf die Herabsetzung sind dagegen keine erneuten Ermessenserwägungen erkennbar.

Hinweis: Den Volltext der Entscheidung finden Sie auf der Homepage des FG Münster. Eine Aufnahme der Entscheidung in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: FG Münster Newsletter vom (RD)

Fundstelle(n):
NWB XAAAH-48828