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Abschlussprüfung in Zeiten der Coronavirus-Pandemie
Auswirkungen auf die Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht bei Non-PIE
Das neuartige Coronavirus sorgt mit seiner gegenwärtigen pandemischen Ausbreitung weltweit für bislang noch nie dagewesene Einschränkungen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben. Das stellt Unternehmen nicht nur bei Erstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie Abschlussprüfer bei deren Prüfung vor bisher nicht bekannte Herausforderungen. Infolge angeordneter Reise- und Kontaktbeschränkungen, um die Ausbreitung des Virus zeitlich zu verzögern, sind zuvor eher seltene „Homeoffice“-Tätigkeiten und der verstärkte Einsatz digitaler Anwendungen und Technologien u. a. zur Kommunikation nunmehr Normalität. Daraus ergeben sich dem Inhalt und dem Umfang nach auch erhebliche Auswirkungen auf die Abschlussprüfung. Auf der Grundlage von fachlichen Hinweisen des IDW sowie Fragen und Antworten der WPK, stellt der vorliegende Beitrag diese Auswirkungen für die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts bei Unternehmen außerhalb des § 319a HGB (Non-PIE) orientiert am typischen Ablauf einer Abschlussprüfung für alle Phasen im Prüfungsverlauf zusammenfassend dar.
Imberg/Potthoff, Auswirkungen der Corona-Krise auf Steuern, Rechnungslegung und Recht – ein Überblick NWB JAAAH-45039
Die weltweit pandemische Ausbreitung des neuartigen Coronavirus und die zu dessen Eindämmung durch staatliche bzw. politische Akteure getroffenen Maßnahmen können die Abschlussprüfung in allen Phasen des Prüfungsprozesses beeinflussen. Der prüferische Umgang damit erfordert aber keine neuen, sondern die situativ sachgerechte Anwendung bestehender Grundsätze und Regelungen.
Verstärkte „Homeoffice“-Tätigkeit beim zu prüfenden Unternehmen, erhöhte Unsicherheiten bei der Bewertung von Vermögensgegenständen oder Reise- und Kontaktbeschränkungen begründen ein Überdenken bisheriger Risikobeurteilungen und prüferischer Reaktionen darauf bis hin zum verstärkten Einsatz digitaler Technik oder digitaler Methoden sowie Nutzung elektronischer Unterlagen. Um die Verlässlichkeit der so erlangten Prüfungsnachweise zu sichern, sind darauf ggf. gesonderte Prüfungshandlungen zu richten.
Infolge Pandemie-bedingter wirtschaftlicher Schwierigkeiten werden nicht selten auch bedeutsame Zweifel an der Fortführung des zu prüfenden Unternehmens gegeben sein. Zur Sicherung der Unternehmensfortführung kommen auch bereitgestellte staatliche Stützungsmaßnahmen in Betracht. Darauf gerichtet ist u. a. zu prüfen, ob die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt und die Stützungsmaßnahmen auch beantragt worden sind.
I. Aktualität und Bedeutung des Themas
Ende Dezember 2019 wurden erste Meldungen publik, nach denen in China zu diesem Zeitpunkt noch wenige Menschen und beschränkt auf die Stadt Wuhan mit Symptomen wie bei einer Lungenentzündung erkrankt seien; erste Fälle seien danach schon Anfang Dezember 2019 eingetreten. Anfang Januar 2020 nannten chinesische Stellen ein neues Coronavirus (SARS-CoV-2 oder Covid-19) als Auslöser dieser Krankheit. Begünstigt u. a. durch das chinesische Neujahrsfest, breitete sich die Krankheit in China und auch international sehr schnell aus. Mitte März 2020 wurden nach offiziellen Statistiken weltweit über 150.000 bestätigte Erkrankungen und rd. 6.000 krankheitsbedingte Todesfälle gezählt. Einen Monat später waren es mit rd. 2 Mio. bestätigten Erkrankungen und deutlich über 100.000 krankheitsbedingten Todesfällen bereits ein Vielfaches davon; Experten vermuten zudem eine weit höhere „Dunkelziffer“.
Angesichts der Ausbreitungsdynamik, der Schwierigkeit, sich vor einer Übertragung zu schützen und der Gefährlichkeit der Krankheit, ergriffen und ergreifen Regierungen und nationale Behörden Maßnahmen, die das öffentliche Leben stark einschränken und auch die internationale Wirtschaft stark S. 126negativ beeinträchtigen. Meldungen über (vorübergehende) Ein- und Ausreisestopps, Schließungen von Landesgrenzen, Häfen, öffentlichen Einrichtungen aller Art oder gastronomischen Betrieben u. a., Absage von Messen und Veranstaltungen aller Art sowie sportlichen Wettbewerben (im hochbezahlten Profi- sowie im Amateur- und Breitensport), Ausdünnung des Flug- und Bahnverkehrs usw. bestimmen die täglichen Nachrichten. In der Zeit von Mitte Februar bis Mitte März 2020 verlor der Leitindex der größten deutschen börsennotierten Unternehmen DAX rd. 35 % seines Wertes. Ein Ende der beschriebenen Entwicklungen ist aktuell nicht absehbar.
Am veröffentlichte das IDW einen ersten fachlichen Hinweis „Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung zum Stichtag und deren Prüfung.“
Dem folgte am ein zweiter fachlicher Hinweis „Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung (Teil 2)“. Darin werden u. a. auch die Auswirkungen auf Abschlüsse und Lageberichte für nach dem endende Berichtsperioden behandelt und ausführlichere Hilfestellungen zum Prüfungsprozess als im ersten fachlichen Hinweis des IDW dazu vom gegeben.
Am ließ das IDW die Veröffentlichung von „Zweifelsfragen zu den Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung (Teil 3)“ folgen. Darin werden u. a. die Auswirkungen von Heimarbeit („Homeoffice“) beim zu prüfenden Unternehmen oder der Einsatz von Videotechnologie zur Erlangung von Prüfungsnachweisen über Beobachtungen thematisiert.
Darüber hinaus veröffentlicht die WPK eine fortlaufend aktualisierte Zusammenstellung „Coronavirus – Fragen und Antworten“. Darin bündelt die WPK zahlreiche Informationen zu den Auswirkungen dieser Pandemie auf die Berufsausübung, u. a. auch Antworten auf Anfragen aus dem Mitgliederkreis.
Der vorliegende Beitrag greift die genannten Hinweise auf und betrachtet ihre wesentlichen Aspekte konsolidiert. Dabei fokussiert sich der Beitrag auf die Prüfung von Jahresabschlüssen und Lageberichten über zum oder später endende Geschäftsjahre bzw. Rumpfgeschäftsjahre bei Unternehmen, die keine Unternehmen von öffentlichem Interesse sind (sog. Non-PIE). Die dazu behandelten Aspekte werden orientiert am typischen Ablauf einer Abschlussprüfung erörtert und thematisieren somit nacheinander die Pandemie-bedingten Auswirkungen auf den Prüfungsauftrag (Abschnitt II.), auf die Prüfungsplanung (Abschnitt III.), auf die Prüfungsdurchführung (Abschnitt IV.) sowie auf die Kommunikation und Berichterstattung (Abschnitt V.) und Pflichten nach Erteilung des Bestätigungsvermerks (Abschnitt VI). Ergänzend zu beachtende Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse werden in diesem Beitrag nicht behandelt. Gleiches gilt für Auswirkungen dieser Pandemie auf die Konzernabschlussprüfung.