BMF - IV B 3 - S 1301-NDL/20/10004 :001 BStBl 2020 I S. 477

Konsultationsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande vom ;

Besteuerung von Grenzpendlern

Im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von Grenzpendlern wurde mit dem Königreich der Niederlande am die in der Anlage beigefügte Konsultationsvereinbarung zum Abkommen vom zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen unterzeichnet.

Die Konsultationsvereinbarung ist am in Kraft getreten und findet auf Arbeitstage im Zeitraum vom bis zum Anwendung. Die Konsultationsvereinbarung verlängert sich nach dem automatisch vom Ende eines Kalendermonats zum Ende des nächsten Kalendermonats, sofern sie nicht von der zuständigen Behörde eines der Vertragsstaaten mindestens eine Woche vor Beginn des jeweils folgenden Kalendermonats durch schriftliche Erklärung an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats gekündigt wird.

Konsultationsvereinbarung zwischen den zuständigen Behörden Deutschlands und der Niederlande nach Artikel 25 Absatz 3 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom in der durch das Protokoll vom geänderten Fassung

VEREINBARUNG ZWISCHEN DEN ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDEN

1. Einführung

Gestützt auf Artikel 25 Absatz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom in der durch das Protokoll vom geänderten Fassung („Abkommen”) werden sich die zuständigen Behörden Deutschlands und der Niederlande bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens durch Verständigung zu beseitigen.

Da die Coronavirus-Pandemie („COVID-19-Pandemie”) als ein Fall höherer Gewalt zu betrachten ist und in der Erwägung, dass die zur Bekämpfung der Pandemie getroffenen Maßnahmen zu beträchtlicher Unsicherheit hinsichtlich der steuerlichen Situation von grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen führen können, teilen die zuständigen Behörden die Auffassung, dass eine Verständigung im Sinne des Artikels 25 Absatz 3 Satz 1 des Abkommens gerechtfertigt ist.

In diesem Zusammenhang haben die zuständigen Behörden Deutschlands und der Niederlande eine Einigung über die Anwendung beziehungsweise Auslegung des Artikels 14 des Abkommens in Fällen erzielt, in denen grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer*innen aufgrund von COVID-19 oder von Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 ihre Tätigkeit im Homeoffice ausüben oder Tage, die normalerweise Arbeitstage wären, untätig zu Hause verbringen (d. h. ohne ihre Tätigkeit auszuüben).

2. Arbeitstage im Homeoffice

Im Sinne des Artikels 14 Absatz 1 des Abkommens (Einkünfte aus unselbständiger Arbeit) können Arbeitstage, für die Arbeitslohn bezogen wurde und an denen die unselbständige Arbeit nur aufgrund der Maßnahmen, die die deutsche oder die niederländische Regierung oder ihre Gebietskörperschaften zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie getroffen haben, im Homeoffice ausgeübt wird (Homeoffice-Tage), als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten, in dem die grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen ihre unselbständige Arbeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausgeübt hätten. Für Arbeitstage, die unabhängig von diesen Maßnahmen im Homeoffice oder in einem Drittstaat verbracht worden wären, gilt diese Tatsachenfiktion nicht. Insbesondere gilt sie nicht, wenn grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer*innen laut arbeitsvertraglicher Regelungen grundsätzlich im Homeoffice tätig sind.

Die grenzüberschreitende Arbeitnehmer*innen, die Gebrauch von dieser Tatsachenfiktion machen, sind verpflichtet, diese Tatsachenfiktion in beiden Vertragsstaaten einheitlich anzuwenden und geeignete Aufzeichnungen zu führen (d. h. eine Bescheinigung des Arbeitgebers über diejenigen Homeoffice-Tage, die ausschließlich auf die Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19- Pandemie zurückzuführen sind). Diese Tatsachenfiktion gilt nur, soweit der jeweilige Arbeitslohn, der auf die Arbeitstage im Homeoffice entfällt, von dem Vertragsstaat, in dem die grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen ihre unselbständige Arbeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausgeübt hätten, tatsächlich besteuert wird. Die grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen erklären sich dementsprechend damit einverstanden, dass die jeweiligen Einkünfte in dem Vertragsstaat, in dem sie die unselbständige Arbeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausgeübt hätten, tatsächlich besteuert werden. Diese Einkünfte gelten als „tatsächlich besteuert”, wenn sie in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden, anhand derer die Steuer berechnet wird.

3. Bei Bezug von Gehalt untätig zu Hause verbrachte Tage

Die zuständigen Behörden Deutschlands und der Niederlande einigen sich auf die nachstehende Auslegung des Artikels 14 des Abkommens (Einkünfte aus unselbständiger Arbeit) in Fällen, in denen eine in einem der beiden Staaten ansässige Person, die normalerweise in dem anderen Staat arbeitet, einen Tag, der normalerweise ein Arbeitstag wäre, untätig zu Hause verbringt (d. h. ohne ihre Tätigkeit auszuüben).

Für Zwecke des Artikels 14 des Abkommens gilt die Maßgabe, dass dasselbe Tätigkeitsmuster (d. h. Anteil der Tage, an denen die Tätigkeit im Tätigkeitsstaat ausgeübt wurde, an den Tätigkeitstagen insgesamt) zugrunde gelegt wird, als hätten die jeweiligen Arbeitnehmer*innen ihre Tätigkeit weiterhin ausgeübt, wenn

  • die Arbeitnehmer*innen einen oder mehr Tage, die normalerweise Arbeitstage wären, untätig zu Hause verbringen (d. h. ohne ihre Tätigkeit auszuüben) und

  • die Arbeitnehmer*innen weiterhin Gehalt vom Arbeitgeber beziehen.

Zwischen den zuständigen Behörden besteht Einigkeit, dass sich diese Behandlung aus dem OECD-Kommentar zum OECD-Musterabkommen ergibt. [1]

4. Bei Bezug von Leistungen aus der deutschen Sozialversicherung untätig zu Hause verbrachte Tage

In den Niederlande ansässige Personen, die normalerweise in Deutschland arbeiten und ihre Zeit nun aufgrund von Maßnahmen gegen COVID-19 untätig zu Hause verbringen, können anstelle ihres regulären Gehalts deutsches Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld oder Insolvenzgeld beziehen. Wenn der Gesamtbruttobetrag dieser (und anderer) aus der deutschen Sozialversicherung bezogenen Leistungen die Summe von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht übersteigt, liegt das Besteuerungsrecht für diese Sozialversicherungsleistungen nach Artikel 17 des Abkommens bei den Niederlanden.

In der Erwägung, dass die vorgenannten deutschen Sozialversicherungsleistungen netto gezahlt werden, und um Übereinstimmung mit der Anwendung des Abkommens bei Tagen herzustellen, die bei Bezug von Gehalt untätig zu Hause verbracht werden, treffen die Niederlande eine einseitige Maßnahme, um diese aufgrund von COVID-19 und unter bestimmten Bedingungen bezogenen Sozialversicherungsleistungen von der Steuer zu befreien. Diese einseitige Maßnahme wird von den Niederlanden gesondert veröffentlicht.

5. Dauer

Diese Vereinbarung findet bezüglich der Nummern 2 und 4 im Zeitraum vom bis zum Anwendung. Sie verlängert sich nach dem 30. April automatisch vom Ende eines Kalendermonats zum Ende des nächsten Kalendermonats, sofern sie nicht von der zuständigen Behörde eines der Vertragsstaaten mindestens eine Woche vor Beginn des jeweils folgenden Kalendermonats gegenüber der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaats schriftlich gekündigt wird.

Hinsichtlich der Nummer 3 präzisiert diese Vereinbarung die gegenwärtigen Auffassungen der beiden zuständigen Behörden über die Anwendung des Artikels 14 des Abkommens auf Tage, die bei Bezug von Gehalt untätig zu Hause verbracht werden. Daher kommen die zuständigen Behörden überein, dass weder ein festes Anfangsdatum noch eine zeitliche Begrenzung Anwendung finden.

Diese Vereinbarung tritt am Tag nach ihrer Unterzeichnung durch die beiden zuständigen Behörden in Kraft. Sie kann einseitig von der zuständigen Behörde eines Vertragsstaats gegenüber der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaats schriftlich gekündigt werden.

Diese Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden wird im Bundessteuerblatt und im niederländischen Staatsanzeiger („Staatscourant‟) veröffentlicht.

Vereinbart zwischen den unterzeichneten zuständigen Behörden:

Für die zuständige Behörde Deutschlands
S. Bruns

Referatsleiterin, Bundesministerium der Finanzen, Deutschland

Für die zuständige Behörde der Niederlande
R. Janssen
Stellvertretender Leiter Ausländische Steuern und Verbrauchssteuer, Ministerium der Finanzen, Niederlande

BMF v. - IV B 3 - S 1301-NDL/20/10004 :001


Fundstelle(n):
BStBl 2020 I Seite 477
BB 2020 S. 921 Nr. 17
DB 2020 S. 814 Nr. 16
EStB 2020 S. 131 Nr. 4
FR 2020 S. 479 Nr. 10
GmbH-StB 2020 S. 140 Nr. 5
IStR 2020 S. 395 Nr. 10
BAAAH-46300

1Absätze 2.6 und 2.16 des OECD-Kommentars zu Artikel 15 des OECD-Musterabkommens in der Fassung bei Abschlusses dieser Vereinbarung.
Aus niederländischer Sicht entspricht diese Behandlung untätig zu Hause verbrachter Tage außerdem dem niederländischen Konzept der Behandlung krankheitsbedingter Fehlzeiten nach niederländischer Rechtsprechung.