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NWB Nr. 15 vom Seite 1075

Gestaltungsrisiko bei Anteilsübertragungen zu nicht wertadäquaten Kaufpreisen

Steuerliche Beurteilung unterschiedlicher Fallgruppen zu § 17 EStG

André Deutschländer

[i]Deutschländer, Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG, Grundlagen, NWB JAAAG-42489 Im Rahmen von § 17 EStG kommt es maßgeblich darauf an, ob die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird. Denn eine Veräußerung i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG setzt eine entgeltliche Übertragung voraus, bei der die Leistung sowie die Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind. Zur Bemessung des Kaufpreises spielen bei Anteilsübertragungen i. S. des § 17 EStG zwischen den Vertragsparteien oft nicht nur objektive, sondern auch subjektive Faktoren eine wesentliche Rolle. Daher werden im täglichen Geschäftsleben nicht selten Anteile i. S. des § 17 EStG zu nicht wertadäquaten Kaufpreisen übertragen und als Folge steuermindernde Verluste generiert. Vor diesem Hintergrund hat sich der BFH nun mit seinen Urteilen v.  - IX R 23/15 (NWB JAAAF-89554) sowie v.  - IX R 1/16 (BStBl 2018 II S. 94) zur Abgrenzung von entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Hinblick auf § 17 EStG positioniert und in diesem Zusammenhang zwischen der Veräußerung bei fremden Personen einerseits sowie der Veräußerung bei nahestehenden Personen andererseits differenziert. Anhand von anonymisierten Echtfällen aus der Praxis zeigt der nachfolgende Beitrag im Wege einer fallgruppenbezogenen Betrachtungsweise anschaulich die steuerlichen Konsequenzen für ein in der Praxis verbreitetes Gestaltungsmodell zur Verlustnutzung auf.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

S. 1076

I. Anteilsübertragungen zwischen einander nahestehenden Personen (Fallgruppe 1)

1. Beispielsfall

Die steuerlichen Folgen der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung zwischen einander nahestehenden Personen sollen an folgendem Sachverhalt dargestellt werden:

Beispiel 1:

Mutter M ist alleinige Gründungsgesellschafterin der M-GmbH. Das voll eingezahlte Stammkapital beläuft sich insgesamt auf nominell 102.300 €. Zum Zwecke der anschließenden Übertragung und Abtretung teilt M mit notarieller Urkunde vom zunächst ihren 100 %igen Geschäftsanteil in einen Geschäftsanteil Nr. 1 in Höhe von nominell 61.380 € (60 %) und einen Geschäftsanteil Nr. 2 in Höhe von nominell 40.920 € (40 %). Anschließend veräußert M ihren Geschäftsanteil Nr. 2 und tritt diesen mit Wirkung zum an ihren Sohn S ab. Der Kaufpreis für den Geschäftsanteil Nr. 2 beträgt 120.000 €. Die Anschaffungskosten für diesen Anteil betragen unstrittig insgesamt 200.920 €, welche sich aus dem anteiligen Stammkapital sowie aus nachträglich geleisteten Einlagen zusammensetzen. Infolge dessen erklärt M im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 einen Verlust i. S. des § 17 Abs. 1 und 2 EStG in Höhe von 48.552 € (= 80.920 € • 60 % Teileinkünfteverfahren). Die Notarkosten der Anteilsübertragung wurden von S getragen.

Im Rahmen einer durchgeführten Unternehmensbewertung auf Basis des vereinfachten Ertragswertverfahrens (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 i. V. mit §§ 199 bis 203 BewG) stellt das Finanzamt im Zuge der Veranlagung jedoch fest, dass der Unternehmenswert (= gemeiner Wert) der gesamten Anteile (100 %) 993.604 € beträgt.

2. Hintergrund

[i]Veräußerung = Übertragung von Anteilen gegen eine wertadäquate GegenleistungEine Veräußerung i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gegen Entgelt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. , NWB FAAAE-67434, m. w. N.). Entgeltlich ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen nur, wenn ihr eine wertadäquate Gegenleistung gegenübersteht (vgl. , BStBl 1991 II S. 630, sowie v.  - VIII R 4/92, NWB GAAAB-38413; BStBl 1993 I S. 80, unter Berücksichtigung der Änderungen durch das BStBl 2007 I S. 269). Das Gegenstück zur entgeltlichen Veräußerung ist die unentgeltliche Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen (s. § 17 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 5 und 6 Buchst. a EStG), die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Übertragende dem Empfänger eine freigiebige Zuwendung machen will (, BStBl 2018 II S. 94). Daher überprüft das Finanzamt bei einer Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zwischen einander nahestehenden Personen unabhängig von der vereinbarten Kaufpreishöhe, ob der von den Vertragsparteien gewählte und letztendlich vereinbarte Kaufpreis auch dem tatsächlichen Wert der Anteile entspricht und somit im Ergebnis ein vollentgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt oder ob es sich um eine „in einen Kaufvertrag gekleidete (Teil-)Schenkung“ und damit nur um ein teilentgeltliches Rechtsgeschäft handelt.

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