Lohnsteuer | Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer bei Handelsschiffen (BFH)
Eine Kürzung der einbehaltenen
Lohnsteuer nach § 41a Abs. 4 Sätze 1 und 2
EStG kommt nicht in
Betracht, wenn das Schiff im maßgebenden Lohnzahlungszeitraum nicht im
internationalen Verkehr betrieben wird. Ein qualifizierter Betrieb an wenigen
Tagen im Jahr reicht daher nicht aus, um die einbehaltene Lohnsteuer für das
gesamte Wirtschaftsjahr zu kürzen (;
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Lohnsteuerkürzung gem. § 41a Abs. 4 EStG
Diese seit dem geltende Subventionsnorm begünstigt Reeder gegenüber anderen Transportunternehmen. Sie begünstigt nur die im Gesetz bestimmten zum Lohnsteuerabzug verpflichteten Arbeitgeber, nicht hingegen die in Frage kommenden Arbeitnehmer.
Umfang der Begünstigung: Vom Gesamtbetrag der anzumeldenden und abzuführenden Lohnsteuer waren bis zum Lohnzahlungszeitraum Mai 2016 40 % der Lohnsteuer abzuziehen.
Voraussetzung für die Begünstigung war bis zum Lohnzahlungszeitraum Mai 2016 und ist ab dem Lohnzahlungszeitraum Juni 2021, dass das Besatzungsmitglied in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis von mehr als 183 Tagen beschäftigt wird, die Handelsschiffe in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind (= „qualifiziertes“ Schiff) und die deutsche Flagge führen sowie zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden. Ein Schiff, das für Zwecke des Fischfangs eingesetzt wird, hat seinen Hauptzweck nicht in der Beförderung von Gütern oder Personen und ist somit nicht nach § 41a Abs. 4 EStG begünstigt (KKB/Dietz, § 41a EStG Rz. 25 ff.).
Sachverhalt: Die Klägerin betrieb im Streitjahr (2010) u.a. das Frachtschiff MS X für den Transport schwerer und großvolumiger Güter. Das Schiff ist in das Seeschiffsregister eingetragen und führt die deutsche Flagge. Im Streitjahr war die MS X nur in den Monaten Mai und Juni an insgesamt fünf Tagen außerhalb deutscher Hoheitsgewässer tätig. Im Übrigen setzte die Klägerin die MS X im Inland ein.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Voraussetzungen des von der Klägerin in den monatlichen Lohnsteuer-Anmeldungen in Anspruch genommenen § 41a Abs. 4 EStG lägen nicht vor. Das FA erließ daher einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von Januar 2010 bis Dezember 2013. Das FA stützte die Haftung auf § 42d Abs. 1 EStG, weil die Lohnsteuer in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt worden sei. Zudem habe sich die Klägerin mit der Inanspruchnahme einverstanden erklärt.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb weitestgehend erfolglos und auch das FG wies die Klage ab ().
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück:
Subventionsgegenstand i.S.v. § 41a Abs. 4 Satz 2 EStG sind nur solche Schiffe, die dem Inland zuzurechnen sind und die den Verkehr zum Ausland sicherstellen. Ein Handelsschiff, das nur ausnahmsweise im internationalen Verkehr und ansonsten nicht qualifiziert i.S.v. § 41a Abs. 4 Satz 2 EStG betrieben wird, erfüllt für die Zeiten des nicht qualifizierten Betriebs daher nicht die Voraussetzungen für eine Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer.
Zwischen der nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG für einen Lohnzahlungszeitraum vom Arbeitgeber einzubehaltenden Lohnsteuer und der von ihm im Anschluss im Rahmen der Lohnsteuer-Anmeldung gem. § 41a Abs. 4 EStG erfolgenden Kürzung besteht ein Zusammenhang. Das Schiff muss deshalb im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum tatsächlich zu den im Gesetz genannten Zwecken eingesetzt worden sein, um die Kürzung vornehmen zu können.
Es widersprich ebenfalls dem Sinn und Zweck der Norm anzunehmen, dass ein nur vereinzeltes, sporadisches und kurzfristiges Betreiben im internationalen Verkehr die vom Gesetz vorgesehene Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer gleichwohl für ein komplettes Wirtschaftsjahr erlaubt. Denn die Vorschrift sollte die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Arbeitsplätze der deutschen Seeleute stärken.
Im Ergebnis kam eine Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer durch die Klägerin über die nicht im Streit stehenden Monate Mai und Juni 2010 hinaus daher nicht in Betracht, da die MS X außerhalb dieser Lohnzahlungszeiträume nicht i.S. von § 41a Abs. 4 Satz 2 EStG qualifiziert betrieben wurde.
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Bemessungsgrundlage für den Steuereinbehalt nach § 41a Abs. 4 EStG ist die Lohnsteuer, die für die Tätigkeit an Bord von Schiffen gezahlten Arbeitslohn entfällt, wenn der betreffende Arbeitnehmer –u.U. jahresübergreifend - mehr als 183 Tage bei dem betreffenden Reeder beschäftigt (und so der BFH zusammenhängend auf eigenen (im Schiffsregister eingetragenen) oder gecharterten Handelsschiffen des Arbeitgebers tätig; , BStBl II 2011, 986) ist. Der Lohnsteuereinbehalt durch den Reeder nach § 41a Abs. 4 EStG gilt für den Kapitän und alle Besatzungsmitglieder einschließlich des Servicepersonals, die über ein Seefahrtsbuch verfügen und deren Arbeitgeber er ist (R 41a.1 Abs. 5 LStH). Arbeitgeber i.S. des § 41a Abs. 4 EStG ist der zum Lohnsteuereinbehalt nach § 38 Abs. 3 EStG Verpflichtete. Dies ist regelmäßig der Vertragspartner des Arbeitnehmers aus dem Dienstvertrag (Heuerverhältnis). Die Beteiligten an einem Heuerverhältnis ergeben sich aus dem Heuerschein, weil dieser gemäß § 24 des Seemannsgesetzes alle wesentlichen Inhalte des Vertragsverhältnisses enthält (, BStBl II 2011, 986). Der Lohnsteuereinbehalt kann durch Korrespondent- oder Vertragsreeder nur vorgenommen werden, wenn diese mit der Bereederung des Schiffes in ihrer Eigenschaft als Mitgesellschafter an der Eigentümergesellschaft beauftragt sind. Bei Vertragsreedern ist dies regelmäßig nicht der Fall. Bei Korrespondentreedern ist der Lohnsteuereinbehalt nur für die Heuern der Seeleute zulässig, die auf den Schiffen tätig sind, bei denen der Korrespondentreeder auch Miteigentümer ist (R 41a.1 Abs. 5 LStH).
Achtung: Ab Juni 2016 beträgt der Abzug beträgt nicht mehr nur 40 % vom Gesamtbetrag der anzumeldenden und abzuführenden Lohnsteuer sondern 100 %. Auch die 183-Tage-Regelung ist entfallen (Urbahns NWB 16, 1578). Die Neuregelung gilt zeitlich befristet für die Dauer von 60 Monaten (BTDrucks. 18/7268, 5). Dies wurde im Gesetzgebungsverfahren damit begründet, dass bevorzugt eine europäische Lösung anzustreben sei und dass eine Evaluierung der Maßnahme rechtzeitig vor deren Auslaufen durchgeführt werden solle, um dem Gesetzgeber ggf. eine planungssichere Verlängerung der Maßnahme zu ermöglichen (BTDrucks. 18/7268, 5 f.). Ab dem Lohnzahlungszeitraum Juni 2021 kommt wieder die ursprüngliche Regelung zur Anwendung (Dietz in Kanzler/Kraft/Bäuml, § 41a Rz 26).
Die EU-Kommission hat die Neuregelung mit folgenden Einschränkungen genehmigt:
Bei Seeleuten, die auf Schiffen (einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen) arbeiten, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen der Gemeinschaft eingesetzt werden, darf die Lohnsteuer nach § 41a Absatz 4 EStG nur einbehalten werden, wenn die Seeleute Gemeinschafts/EWR-Bürger sind.
§ 41a Absatz 4 EStG gilt hinsichtlich der Seeschiffe, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, mit der Einschränkung, dass es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handeln muss sowie dass die Schiffe während mindestens 50 Prozent ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden.
Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)
Fundstelle(n):
MAAAH-44831