Online-Nachricht - Donnerstag, 12.03.2020

Verfahrensrecht | Beginn des Laufs von Hinterziehungszinsen bei Schenkungsteuerhinterziehung (BFH)

Bei einer durch Unterlassen der Anzeige begangenen Hinterziehung von Schenkungsteuer beginnt der Lauf der Hinterziehungszinsen zu dem Zeitpunkt, zu dem das FA bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte. Der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs kann unter Berücksichtigung der beim zuständigen FA durchschnittlich erforderlichen Zeit für die Bearbeitung eingegangener Schenkungsteuererklärungen bestimmt werden (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute, denen die Mutter der Klägerin eine in der Schweiz belegene Immobilie sowie Guthaben auf Schweizer Konten geschenkt hatte. Da die Kläger die Schenkungen zunächst nicht beim FA angezeigt hatten, erfolgte die Festsetzung der Schenkungsteuer erst aufgrund einer mehrere Jahre später erfolgten Selbstanzeige. Das FA setzte ferner Hinterziehungszinsen fest, die es zunächst ab dem Ablauf des sechsten Monats nach den Schenkungen berechnete.

Im Klageverfahren änderte das FA die Zinsbescheide nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Gericht dahingehend, dass es von einem nunmehr erst nach elf Monaten beginnenden Zinslauf ausging. Hierbei berücksichtigte es die Anzeigefrist von drei Monaten und die sich aus dem Controlling-Bericht des FA ergebende durchschnittliche Bearbeitungszeit von acht Monaten. Den Beginn dieses Zinslaufs hielten die Kläger für zu früh und wiesen darauf hin, dass das FA mehr als drei Jahre für die Bearbeitung ihrer Schenkungsteuererklärungen benötigt habe. Auf die durchschnittliche Bearbeitungszeit dürfe nicht abgestellt werden.

Die Klage vor dem FG Münster hatte weitestgehend keinen Erfolgt (). Weitere Informationen zur Vorinstanz finden Sie in unserer Online Nachricht vom 15.2.2017.

Der BFH hat die Revision der Kläger als unbegründet abgewiesen:

  • Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass es für den Beginn des Zinslaufs auf die durchschnittliche Bearbeitungszeit im FA ankommt.

  • Gemäß § 235 Abs. 1 Satz 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. § 235 AO soll dem Nutznießer einer Steuerhinterziehung den durch die Tat erlangten Vorteil, dass er die gesetzlich entstandene Steuer erst zu einem späteren Zeitpunkt zahlen muss, wieder entziehen und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen.

  • Der Lauf der Hinterziehungszinsen beginnt grundsätzlich u.a. mit dem Eintritt der Verkürzung (§ 235 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 AO), also mit der Tatvollendung.

  • Für den Eintritt der Steuerverkürzung ist bei der Schenkungsteuer als stichtagsbezogener Steuer der Zeitpunkt maßgebend, zu dem das FA bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte. Dabei kann der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs unter Berücksichtigung der beim zuständigen FA durchschnittlich erforderlichen Zeit für die Bearbeitung eingegangener Schenkungsteuererklärungen bestimmt werden.

  • Anders als von der Klägerin und teilweise der Literatur ausgeführt wird, kann nicht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" auf den spätesten Zeitpunkt für den Zinsbeginn abgestellt werden.

  • Das FG ist daher rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zinslauf jedenfalls nicht später als zwölf Monate nach der jeweiligen Schenkung begonnen hat.

    • Für seine Berechnung hat das FG die Anzeigefrist beim FA gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG von drei Monaten, eine - nach § 31 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 7 ErbStG mindestens vom FA zu gewährende - Erklärungsfrist von einem Monat sowie die durchschnittliche Bearbeitungsdauer beim beklagten FA herangezogen.

    • Im Streitfall sind keine Umstände ersichtlich, die im konkreten Fall für eine längere Bearbeitungsdauer sprechen. Insbesondere, da die Klägerin die außergewöhnlich lange Bearbeitungsdauer in ihrem Fall durch das Strafverfahren selbst beeinflusst hat.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB XAAAH-44220