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Online-Nachricht - Donnerstag, 27.02.2020

Einkommensteuer | Zuflussbesteuerung bei Veräußerungszeitrenten (BFH)

Der Zinsanteil einer Zeitrente aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs ist im Fall der Wahl der Zuflussbesteuerung als nachträgliche Betriebseinnahme gemäß § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Wahlrecht zwischen Sofortbesteuerung und Zuflussbesteuerung

Bei der Veräußerung eines Gewerbebetriebs gegen wiederkehrende Bezüge steht dem Veräußerer ein Wahlrecht zu. Er kann den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern (Sofortbesteuerung). In diesem Fall sind die Begünstigungsvorschriften der §§ 16, 34 EStG anwendbar. Veräußerungsgewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem nach den Vorschriften des BewG ermittelten Barwert der Rente abzüglich des Buchwerts des steuerlichen Kapitalkontos und etwaigen Veräußerungskosten. Alternativ zur Sofortbesteuerung kann der Veräußerer die Rentenzahlung als nachträgliche Betriebseinnahmen i. S. des § 24 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 EStG behandeln (R 16 Abs. 11 EStR). In diesem Fall entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn, wenn der Kapitalanteil der wiederkehrenden Bezüge das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zzgl. etwaiger Veräußerungskosten übersteigt. Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Est-Kommentar: KKB/Franz/Handwerker, § 16 EStG, 5. Aufl., Stand: 1.1.2020.

Sachverhalt: Die Kläger wurden im Streitjahr 2011 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war bis zum Jahr 2009 Gesellschafter einer KG. Die KG veräußerte in jenem Jahr ein Grundstück zum Preis von 1.500.000 €. In Bezug auf den auf den Kläger entfallenden Gewinnanteil wurde die Verrentung des Kaufpreises in Form von 123 monatlichen Zahlungen mit einem Zinssatz von 5 % p.a. vereinbart. Diese dienten laut Kaufvertrag vom der Altersversorgung des Klägers. Im Streitjahr betrugen die Zinsen 59.655 €.

Die Kläger wählten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2009 die Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach dem Zuflussprinzip. Das FA veranlagte entsprechend.

Im Einspruchsverfahren haben die Kläger (erstmals) beantragt, den in den Zahlungen enthaltenen Zinsanteil nicht mehr als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu behandeln. Das FA hatte den Gesamtbetrag als nachträgliche Betriebseinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers berücksichtigt. Einspruch und Klage sind erfolglos geblieben ().

Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück:

  • Dem Kläger sind die vereinbarten Zinsen im Streitjahr als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG zugeflossen.

  • Die zugunsten des Klägers vereinbarten Kaufpreiszahlungen sind als wiederkehrende Leistungen zu behandeln für die die Zuflussbesteuerung gewählt wurde.

    • Bei Betriebsveräußerungen gegen langfristig wiederkehrende Bezüge hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der Sofortbesteuerung und der Zuflussbesteuerung. Trifft der Steuerpflichtige keine Wahl ist stets von der Sofortbesteuerung auszugehen.

    • Im Streitfall waren die Voraussetzungen für die Wahl der Zuflussbesteuerung erfüllt, denn es lag eine Betriebsveräußerung vor und es wurde eine Zeitrente mit einer Laufzeit von mehr als 10 Jahren zur Versorgung des Klägers vereinbart. Die erforderlich Wahlentscheidung wurde von den Klägern ebenfalls wirksam getroffen.

  • Die als Teil dieser Zeitrente dem Kläger im Streitjahr zufließenden Zinsen sind wie die Tilgungsanteile nachträgliche Betriebseinnahmen gemäß § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Forderung des Klägers auf Zahlung der Zeitrente bleibt nämlich bei Wahl der Zuflussbesteuerung eines Veräußerungsgewinns auch nach dem Ende der gewerblichen Tätigkeit weiterhin Teil des (Rest-)Betriebsvermögens.

    • Wählt der Steuerpflichtige die Zuflussbesteuerung des Veräußerungsgewinns, kommt es - anders als im Fall der Sofortversteuerung - nicht zur Besteuerung der stillen Reserven im Veräußerungszeitpunkt. Es kommt vielmehr zu einer ratierlichen Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven, sobald das Kapitalkonto überschritten wurde.

    • Diese Betrachtung zwingt zu der Annahme, dass die Kaufpreisforderung des Veräußerers, die ja auch die stillen Reserven des Unternehmens umfasst, weiterhin (Rest )Betriebsvermögen bzw. betrieblich verhaftet bleiben muss. Sie wird (allein) aufgrund der Veräußerung des Betriebs im Ganzen nicht in das Privatvermögen überführt.

    • Daher kann der Zufluss des in den Kaufpreisanteilen enthaltenen Zinsanteils nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Dies verbietet die Subsidiarität dieser Einkünfte (vgl. § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG).

    • Der BFH hat offengelassen, ob eine Trennung der Zahlungen in einen Zins- und Tilgungsanteil nötig ist.

Anmerkung von Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker, Richter im X. Senat des BFH:

Die Veräußerung eines Betriebs (§ 16 Abs. 1 EStG) gegen wiederkehrende Bezüge, neben Leibrenten auch Zeitrenten über mehr als 10 Jahre, ist steuerlich begünstigt. Wählt der Verkäufer die sog. Zuflussbesteuerung, so hat er aus Billigkeitsgründen (, BStBl II 2013, 883, unter II.1) erst die einzelnen Raten als nachträgliche Betriebseinnahmen (§ 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu versteuern. Allerdings bleibt die verrentete Kaufpreiszahlung Rest-Betriebsvermögen. Anders als bei der sog. Sofortbesteuerung des Veräußerungsgewinns fehlt es an der Aufdeckung der stillen Reserven. Folglich kann der Zinsanteil schon gemäß § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer unterliegen.

Im Fall der Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (§ 17 Abs. 1 EStG) gegen wiederkehrende Bezüge gilt für den Zinsanteil dagegen das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 EStG (, BStBl II 2015, 526, Rz. 23).

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
OAAAH-43225