Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2226.2.1-5/14 St32

Umsatzsteuerzahlungen/-Erstattungen als regelmäßig, wiederkehrende Zahlungen (§ 11 EStG)

Bezug:

Es wird für den Zeitpunkt der Erfassung des Zu- bzw. Abflusses grundsätzlich auf die Erlangung bzw. den Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht abgestellt (vgl. H 11 „Allgemeines“ EStH).

Umsatzsteuervorauszahlungen und -erstattungen gelten hierbei als regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben (vgl. H 11 „Umsatzsteuervorauszahlungen/-erstattungen“ EStH). Dies hat zur Folge, dass die Grundsätze der wirtschaftlichen Zuordnung des § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG für Umsatzsteuerzahlungen innerhalb kurzer Zeit anzuwenden sind. Als kurze Zeit kann ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen angenommen werden.

1. Überweisung

Der Abfluss erfolgt spätestens im Zeitpunkt der Lastschrift. Der Abfluss kann aber auch bereits mit Eingang des Überweisungsauftrags bei der Überweisungsbank erfolgen, da der Zahlende ab diesem Zeitpunkt keine Verfügungsmacht mehr über den Verlauf der Überweisung hat. Voraussetzung ist allerdings, dass das Konto die nötige Deckung aufweist (vgl. H 11 „Überweisung“ EStH). Der Zufluss erfolgt im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Bankkonto, da der Zahlungsempfänger erst ab diesem Zeitpunkt über das Geld verfügen kann.

2. Scheck

Der Zeitpunkt des Abflusses erfolgt mit Hingabe des Schecks; der Zeitpunkt des Zuflusses mit Entgegennahme des Schecks. Voraussetzung ist lediglich, dass die Auszahlung bei sofortiger Vorlage des Schecks wegen fehlender Deckung des Kontos nicht verweigert werden kann und die Einlösung nicht durch eine zivilrechtliche Vereinbarung eingeschränkt ist (vgl. H 11 „Scheck“ EStH).

3. Lastschrifteinzugsverfahren

Ist vom Steuerpflichtigen eine Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt und wird die Umsatzsteuervoranmeldung fristgerecht eingereicht, gilt die Zahlung als bereits am Fälligkeitstag abgeflossen i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG. Voraussetzung ist jedoch, dass das Konto eine entsprechende Deckung aufweist. Eine tatsächlich spätere Abbuchung vom Konto ist ebenso unbeachtlich wie die Möglichkeit des Steuerpflichtigen, den Lastschrifteinzug zu widerrufen. Dies hat das , EFG 2015 S. 1264) bestätigt. Inzwischen hat der BFH die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom (VIII B 58/15, BFH/NV 2016 S. 1008) als unbegründet zurückgewiesen.

Im Erstattungsfall kommt es dennoch erst im Zeitpunkt der Gutschrift beim Steuerpflichtigen zu einem Zufluss, da er erst zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich über den Geldbetrag verfügen kann.

4. Umbuchung/Aufrechnung

Bei einer Umbuchung handelt es sich um eine Aufrechnung i. S. d. § 226 AO. Der Abfluss und Zufluss erfolgt mit dem Wirksamwerden der Aufrechnungserklärung gem. § 226 Abs. 1 AO i. V. m. § 388 BGB. Hierbei handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie in den Machtbereich des Empfängers (= Steuerpflichtiger) gelangt und nach den Umständen zu erwarten ist, dass er von ihr Kenntnis nimmt. Die zivilrechtliche Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auf den Aufrechnungszeitpunkt ist nicht maßgebend. Für den steuerlichen Zufluss ist rein der Zugang der Aufrechnungserklärung (= Umbuchungsmitteilung) beim Steuerpflichtigen entscheidend (vgl. , BStBl 1995 II S. 121).

5. Zustimmungsfälle

Nach § 220 Abs. 2 Satz 1 AO wird der Erstattungsanspruch grundsätzlich mit seiner Entstehung fällig. Ergibt sich der Anspruch aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt gem. § 220 Abs. 2 Satz 2 AO die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein. Dies bedeutet, dass ein angemeldeter zustimmungsbedürftiger Steuervergütungsanspruch erst mit Bekanntgabe der Zustimmung an den Steuerpflichtigen fällig wird. Dies erfolgt in der Regel konkludent durch die Gutschrift.

Wird die Fälligkeit durch die erst später erfolgte Bekanntgabe der Zustimmung auf ein Datum nach dem 10.01. verschoben, kann die Erstattung somit nicht mehr im VZ der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erfasst werden.

6. Fälle des § 108 Abs. 3 AO

Nach bisheriger Verwaltungsauffassung musste für die Anwendung der sog. 10-Tage-Regelung Zahlung und Fälligkeit innerhalb kurzer Zeit (10-Tageszeitraum) liegen (vgl. H 11 „Kurze Zeit“ EStH).

Der BFH hat bereits mit Urteil vom (VIII R 34/12, BStBl 2015 II S. 285) die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung dahingehend bestätigt, dass eine Verlängerung des 10-Tage-Zeitraums im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit nicht in Betracht kommt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (). In dem entschiedenen Fall lagen jedoch Zahlung (Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung) und Fälligkeit außerhalb des 10-Tage-Zeitraums.

Zwischenzeitlich hat der , BStBl II S. 781) entschieden, dass eine Umsatzsteuervorauszahlung, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt wird, auch dann im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abziehbar ist, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt. Zur Begründung führt der BFH an, dass es bei Ermittlung der (ggfs. erforderlichen) Fälligkeit für den 10-Tage-Zeitraum i. S. d. § 11 EStG allein auf die gesetzliche Fälligkeit ankommt. Eine evtl. Verlängerung nach § 108 Abs. 3 AO ist unbeachtlich. Der BFH widerspricht damit der bisherigen Verwaltungsauffassung. Durch die Veröffentlichung im BStBl II wendet die Finanzverwaltung das BFH-Urteil allgemein an. Die bisherige Auffassung (H 11 „Kurze Zeit“ EStH ) ist damit insoweit überholt.

Explizit offen gelassen hat der BFH allerdings die Frage, ob es bei der Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 EStG überhaupt auf die Fälligkeit ankommt. Von Bedeutung ist diese Frage u.a. noch in den Zustimmungsfällen. Hier wird die Fälligkeit aufgrund der Regelung des § 220 Abs. 2 Satz 2 AO verschoben. Ich bitte, in diesen Fällen an der bisherigen Auffassung festzuhalten, als dass auch die Fälligkeit innerhalb des 10-Tage-Zeitraums liegen muss.

7. Lohnsteuer

Die vorgenannten Grundsätze zur Behandlung vom Umsatzsteuervorauszahlungen gelten für Zahlungen aufgrund von Lohnsteueranmeldungen i. S. d. § 41a EStG entsprechend.

8. Umsatzsteuerjahreserklärung

Zahlungen und Erstattungen aufgrund der Umsatzsteuerjahreserklärung sind nicht als regelmäßig wiederkehrend i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG zu qualifizieren.

Der , BStBl 2008 II S. 282) entschieden, dass Zahlungen und Erstattungen aufgrund einer Umsatzsteuervoranmeldung als regelmäßig wiederkehrend zu qualifizieren sind. Grund für diese Aussage ist, dass Fälligkeit und Zahlung durch das Gesetz eindeutig festgelegt sind. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG muss eine Voranmeldung spätestens am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums abgegeben werden und nach § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG ist die Vorauszahlung immer am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig.

Für die Umsatzsteuerjahreserklärung fehlt es an einer solchen Regelung. Hierfür gelten nur die allgemeinen Fristen zur Abgabe einer Steuererklärung und dementsprechend die allgemein gehaltenen Regelungen zur Fälligkeit des § 18 Abs. 4 UStG. Angesichts einer fehlenden speziellen gesetzlichen Regelung für die Frist zur Abgabe der Jahreserklärung und zur Fälligkeit, kann insoweit keine regelmäßig wiederkehrende Zahlung i. S. d. § 11 EStG angenommen werden

9. Anwendung

Diese Verfügung ersetzt die Verfügung vom (S 2226.2.1-5/11 St32) und ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2226.2.1-5/14 St32

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:



Fundstelle(n):
CAAAH-43028