Bekämpfung von Umsatzsteuerkarussellen
Erneut sorgt die Problematik der Umsatzsteuerkarusselle für Kopfschmerzen. Wie der Deutsche Bundestag am 15.1.2020 bekannt gab, beklagen die Strafverfolgungsbehörden eine zu lange Reaktionszeit der Banken auf Auskunftsersuchen. Innerhalb Deutschlands dauere es im Regelfall 4 bis 16 Wochen, um Auskünfte zu erhalten. In der EU erhalte man Kontoauskünfte in der Regel innerhalb von 16 Wochen, von Drittstaaten frühestens nach einem Jahr, teilweise aber überhaupt nicht. Oberstaatsanwalt Marcus Paintinger empfahl eine generelle Frist von 2 Wochen gesetzlich festzulegen, um die Reaktionszeiten der deutschen Banken auf Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaften zu verringern. Außerdem sprach er sich dafür aus, die Befreiung von Existenzgründern von der monatlichen Umsatzsteuer-Erklärungspflicht einzuschränken.
Die BStBK verwies auf die Gefahr, dass steuerehrliche Unternehmer durch die Karussellgeschäfte über Niedrigpreise vom Markt verdrängt werden könnten. Gleichzeitig sei aber festzustellen, dass gesetzliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Umsatzsteuerhinterziehung auch die ehrlichen Unternehmen stark belasten würden. Durch überzogenen Formalismus würden systematisch nicht zu rechtfertigende Steuerbelastungen entstehen. Nach Ansicht von Professor Roland Ismer (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) gibt es Möglichkeiten, den Umfang des Karussellbetrugs zu reduzieren, wenn die Empfänger der Waren Steuerschuldner wären. Zu den weiteren Möglichkeiten zählte Ismer Echtzeit-Verpflichtungen zur Meldung von Umsätzen, was im Zeitalter der Digitalisierung möglich sei.
In einem aktuellen Urteil des FG Berlin-Brandenburg ging es ebenfalls um einen Umsatzsteuerbetrug und um die Frage, wann von einem „Kennen-Müssen“ um die Einbindung in ein Betrugssystem auszugehen ist. Wie komplex diese Fragestellung ist, erläutert Dr. Matthias Gehm in seinem in dieser Ausgabe.
Mit besten Grüßen
Christian Rohde
Fundstelle(n):
USt direkt digital 3 / 2020 Seite 1
NWB CAAAH-41862