Umsatzsteuer | EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug für eine Photovoltaikanlage (BFH)
Der BFH hat Zweifel, ob das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der im Falle eines sog. Zuordnungswahlrechtes beim Leistungsbezug der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem FA nicht getroffen wurde. Er hat den EuGH um Klärung gebeten (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Der Kläger hatte im Jahr 2014 eine Photovoltaikanlage erworben. Den erzeugten Strom nutzte er zum Teil selbst, zum Teil speiste er ihn bei einem Energieversorger ein. Am gab der Kläger die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2014 ab und machte Vorsteuerbeträge i. H. von 1496 € geltend. Vor der Abgabe seiner Umsatzsteuererklärung hatte der Kläger gegenüber dem FA keine Angaben zu der Photovoltaikanlage gemacht. Das FA versagte den Vorsteuerabzug aus der Rechnung über die Lieferung der Photovoltaikanlage, weil der Kläger die Zuordnungsentscheidung nicht rechtzeitig getroffen habe. Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab (). Weitere Informationen zur FG-Entscheidungen finden Sie in unserer Online-Nachricht v. 18.11.2019.
Der BFH ruft den EuGH zur unionsrechtskonformität einer Ausschlussfrist für die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmensvermögen an:
Der BFH vertritt im Vorlagebeschluss die Auffassung, dass nach den von ihm zur Zuordnungsentscheidung entwickelten Kriterien die Revision des Klägers gegen das klageabweisende Urteil mangels rechtzeitig gegenüber dem FA dokumentierter Zuordnung der Photovoltaikanlage unbegründet wäre.
Zweifelhaft sei jedoch, ob ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen dürfe. Zwar gehe das Unionsrecht in Art. 168a Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ausdrücklich von einer „Zuordnung“ von Gegenständen aus. Es enthalte jedoch keine näheren Regelungen hierzu.
Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll auch geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung hat. Sollte der EuGH die bisherige (nationale) Handhabung als zu restriktiv ansehen, würde das die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs bei unternehmerischer Tätigkeit und sog. gemischter Nutzung erleichtern.
In diesem Zusammenhang ist auch fraglich, wie die bisherige EuGH Rechtsprechung zu verstehen ist, wenn ein Steuerpflichtiger - wie im vorliegenden Fall - erstmalig wirtschaftlich tätig wird und nicht aus anderen Gründen bereits mehrwertsteuerliche registriert war.
In einem weiteren Verfahren, das die Zuordnung eines Arbeitszimmers in einem Einfamilienhaus betrifft, hat der BFH mit Beschluss vom selben Tage () ebenfalls den EuGH angerufen.
Anmerkung von Prof. Dr. Alois Th. Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:
Der BFH hat am zwei Vorlagebeschlüsse an den EuGH beschlossen, die inhaltlich die gleichen Fragen betreffen. Während das Parallelverfahren () das Zuordnungswahlrecht bzgl. eines Arbeitszimmers in einem neu errichteten Einfamilienhaus betrifft, geht es im vorliegenden Besprechungsfall um die Zuordnung einer Photovoltaikanlage. Diese wäre mit klar festgelegten Kriterien ohne weiteres wie auch in dem Verfahren zum Az. XI R 3/19 nach nationalem Recht zu treffen gewesen. Maßgeblich ist danach die Zuordnungsentscheidung zu unternehmerischen Zwecken der Photovoltaikanlage durch die Umsatzsteuervoranmeldung oder aus Gründen der Praktikabilität mögliche Zuordnung durch eine „zeitnah“ (= vor Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist) abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung. Voraussetzung für eine Zuordnung ist zweifelsohne, dass die unternehmerische Nutzung mindestens 10% beträgt. Im Besprechungsfall wäre danach keine rechtzeitige Zuordnung anzunehmen gewesen, da weder eine Zuordnung in der Voranmeldung erfolgte, noch eine rechtzeitige Jahreserklärung abgegeben worden war.
Insbesondere wegen der Entscheidung des EuGH in der Sache Gmina Ryjewo () bestehen Zweifel, ob eine solche nationale Regelung mit EU-Recht vereinbar ist. Durfte Deutschland danach für die Zuordnungsentscheidung des Steuerpflichtigen eine Ausschlussfrist (31.5. bzw. 31. 7. des Folgejahres) setzen? Daran bestehen Zweifel, weil die formellen Hürden für einen Vorsteuerabzug vom EuGH aufgeweicht wurden (s. z.B. „Senatex“). Die daran anknüpfende zweite Frage für den Fall, wenn diese Frist versäumt wurde, gibt dem EuGH Gelegenheit, die Konsequenzen einer Fristsetzung näher zu beleuchten. Für die Praxis ist daher zu empfehlen, die Verfahren, in denen es um eine rechtzeitige unternehmerische Zuordnung geht, bis zur Entscheidung des EuGH und ggf. bis zur anschließenden Umsetzung durch den BFH offen zu halten.
Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)
Fundstelle(n):
NWB DAAAH-41117