Online-Nachricht - Dienstag, 21.01.2020

Umsatzsteuer | Zuordnung zum Unternehmensvermögen von gemischt genutzten Gebäuden (FG)

Das FG Rheinland-Pfalz verneint die Übertragbarkeit der Grundsätze des "Gmina Ryjewo" zur Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes zur gemischten Nutzung, auf Unternehmer die keine Einrichtungen der öffentlichen Hand sind (, Revision eingelegt, BFH-Az. V R 4/20).

Hintergrund: "Gmina Ryjewo"

Der EuGH hatte u.a. zu entscheiden, ob es für den Vorsteuerabzug (durch Berichtigung) schädlich ist, wenn eine Gemeinde Zeitpunkt der Herstellung bzw. des Erwerbs des Investitionsguts die Absicht, dieses künftig für steuerpflichtige Umsätze zu nutzen, nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat.

Der EuGH entschied, dass grundsätzlich eine eindeutige und ausdrückliche Absichtsbekundung einen Gegenstand bei seinem Erwerb einer wirtschaftlichen Verwendung zuzuordnen, darauf schließen lässt, dass der Steuerpflichtige auch in seiner Eigenschaft als Steuerpflichtiger gehandelt hat. Fehlt diese Absichtsbekundung, kann die Absicht trotzdem implizit zum Ausdruck kommen.

Im EuGH-Urteilsfall war nicht ausgeschlossen, dass der erworbene Gegenstand zumindest teilweise auch zu wirtschaftlichen Zwecken genutzt werden sollte. Außerdem war zu berücksichtigen, dass die Gemeinde vor dem Erwerb als mehrwertsteuerpflichtig registriert war. Im Ergebnis war der Vorsteuerabzug daher grundsätzlich zulässig. Weitere Informationen zum EuGH-Urteil finden Sie bei .

Sachverhalt: Der Kläger ist mit der Vermietung von Grundstücken unternehmerisch tätig. Seit dem Jahr 2011 vermietet der Kläger ein Grundstück in D umsatzsteuerfrei und gab im Streitjahr keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 errichtete der Kläger ein Wohn-/und Bürogebäude. Die Büroräume in dem Gebäude mit einer Fläche von ca. 110 m² vermietet der Kläger seit Fertigstellung im Jahr 2016 an die C GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer er ist. Die auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Vorsteuer betrug 63.486,69 €, für die der Kläger mit der am abgegebenen Umsatzsteuererklärung für 2016 den Vorsteuerabzug begehrte.

Auf Hinweis des FA, es liege umsatzsteuerlich eine Organschaft vor, reichte der Kläger am eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 2016 beim FA ein. Das FA versagte mit Umsatzsteuerbescheid 2016 vom den begehrten Vorsteuerabzug, weil die Zuordnung zum Unternehmensvermögen nicht zeitnah erfolgt sei. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück. Daraufhin erhob der Kläger Klage.

Das FG weist die Klage als unbegründet zurück:

  • Keine rechtzeitige Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen

    • Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands. Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen (vgl. , BFH/NV 2011, 1980 und , BFH/NV 2012, 1828).

    • Eine Zuordnungsentscheidung, kann nicht aus der beabsichtigten oder tatsächlichen unternehmerischen Nutzung eines Gebäudes abgeleitet werden. Denn auch, wenn ein überwiegend nichtunternehmerisch genutzter Gegenstand für die unternehmerische Tätigkeit notwendig ist, gehört er nicht zwingend zum Unternehmen. Folglich kommt es darauf an, ob ein Gegenstand dem Unternehmen wirtschaftlich zugeordnet wurde. Das umsatzsteuerliche Unternehmensvermögen entspricht damit nicht zwingend dem notwendigen Betriebsvermögen.

    • Die tatsächliche unternehmerische Nutzung eines Gebäudes reicht folglich auch nicht aus, um eine rechtzeitige (zeitnahe) Zuordnungsentscheidung zu dokumentieren.

    • Im Streitfall erfolgte die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht zeitnah, weil sie erst nach der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung gegenüber dem FA dokumentiert wurde.

  • Aus dem "Gmina Ryjewo" ergibt sich nichts anderes.

    • Die vom EuGH für juristische Personen des öffentlichen Rechts entwickelten Grundsätze können nicht ohne weiteres auf den Streitfall übertragen werden, denn für Einrichtungen des öffentlichen Rechts kommt lediglich die Abgrenzung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher hoheitlicher Verwendung in Betracht. Für den Kläger hingegen ging es um die Abgrenzung zwischen wirtschaftlicher und privater Verwendung.

    • Da die öffentliche Einrichtung im EuGH-Fall bereits als Unternehmer registriert war und die private Verwendung des Gegenstandes ausgeschlossen war, konnte sie nur als Steuerpflichtiger handeln.

    • Der Kläger hingegen konnte sein Gebäude auch privat nutzen, also außerhalb seines Unternehmens. Die Zuordnung zum Unternehmensvermögen ist im Streitfall daher nicht gleichermaßen zwingend wie im EuGH-Fall. Folglich kann von der bloßen unternehmerischen Verwendung nicht auf eine erfolgte Zuordnung zum Unternehmensvermögen geschlossen werden.

    • Außerdem hat der EuGH in seinem Urteil nicht die generelle Möglichkeit einer Einlagenentsteuerung bejaht.

Hinweis:

Die Revision ist inzwischen beim BFH anhängig (BFH-Az. V R 4/20). Das FG hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und aufgrund der beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 3/19 anhängige Revision (Zulassung durch den BFH) gegen das Urteil des Sächsischen FG ().

In der Literatur wir das EuGH-Urteil "Gmina Ryjewo" teilweise weiter ausgelegt und die Einlagenentsteuerung unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig angesehen. Dabei geht es um Fälle, in denen der Unternehmer noch keine Zuordnungsentscheidung getroffen hat. Demnach soll für zunächst privat genutzte Gegenstände, die dann in das Unternehmensvermögen eingelegt werden ein anteiliger Vorsteuerabzug über § 15a UStG in Betracht kommen (vgl. Grune in Küffner/Stöcker/Zugmaier, USt, § 15 UStG, Rz. 89).

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
NWB OAAAH-40270