BGH Beschluss v. - 1 StR 214/19

Urteilstenor bei gewerbsmäßigem Bandenbetrug

Gesetze: § 263 Abs 5 StGB, § 260 Abs IV S 1 StPO

Instanzenzug: LG Mannheim Az: 633 Js 23/11 - 24 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 13 Fällen, Betrugs in drei tateinheitlichen Fällen, Betrugs in sieben tateinheitlichen Fällen, Betrugs in neun tateinheitlichen Fällen und Untreue in 21 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Im Übrigen hat es von einer Einziehungsentscheidung abgesehen und angeordnet, dass ein Jahr der verhängten Strafe als verbüßt gilt.

2Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der ein Verfahrenshindernis geltend gemacht und die Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt wird.

3Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Es führt zur Einstellung des Verfahrens wegen Untreue in 21 Fällen (Abschnitt C. II. 4. Tatkomplex 4 der Urteilsgründe), zu einer Änderung des Schuldspruchs, zur Aufhebung der Gesamtstrafe und zum Entfallen der Einziehungsentscheidung. Im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

41. Der Schuldspruch bedarf hinsichtlich der Betrugsstraftaten der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrektur.

5Wird Betrug kumulativ banden- und gewerbsmäßig begangen, liegt nicht lediglich ein nur für die Strafzumessung bedeutsames Regelbeispiel vor; vielmehr enthält § 263 Abs. 5 StGB einen Qualifikationstatbestand, der die Tat zum Verbrechen hochstuft. Ist aber ein eigener Straftatbestand mit besonderen Qualifikationsmerkmalen verwirklicht, hat das Tatgericht dies im Urteilstenor durch Aufführung dieser Qualifikationsmerkmale zum Ausdruck zu bringen ( Rn. 8 mwN).

62. Hinsichtlich der Untreuestraftaten folgt der Senat dem Antrag des Generalbundesanwalts und stellt deren Verfolgung ein (§ 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO).

7a) Zwar hätte der Senat grundsätzliche Bedenken, der Argumentation des Generalbundesanwalts zu folgen. Denn die 21 Untreuetaten dürften nicht als mitbestrafte Nachtaten zu den vorhergehenden, zu Lasten der Kapitalanleger begangenen Betrugstaten zu werten sein, sofern die C.              AG mit ihrem Sitz in Ma.   auf den Mar.         nach § 266 Abs. 1 StGB geschützte Vermögensinhaberin war, wie das Landgericht ohne weitere Begründung angenommen hat.

8aa) Mit dem Zufluss der von den getäuschten Anlegern überwiesenen Gelder auf dem Konto der im Auftrag der drei Angeklagten als "offshore-Gesellschaft" gegründeten C.              AG wurde das Barvermögen dieser Auslandsgesellschaft gemehrt, deren Vorstand der Angeklagte M.    war. Da er, in Deutschland handelnd (§ 9 Abs. 1 StGB), in Unkenntnis und ohne Einverständnis der beiden Mitangeklagten, die ebenso wie er sich an den Anlagegeldern bereichern wollten, in 21 Fällen Geld zu seiner privaten Verwendung entnahm, entzog er diese Beträge dem Zugriff der Gesellschaft. Damit könnte die C.             AG - neben den Kapitalanlegern - weitere Geschädigte sein, sodass die Grundsätze einer mitbestraften Nachtat (dazu nur Rn. 4 f.) hier keine Anwendung fänden.

9bb) Indes lässt sich nach den lückenhaften Feststellungen nicht beurteilen, ob die C.             AG eine dem Schutzbereich des § 266 StGB unterfallende Vermögensinhaberin mit eigener Rechtspersönlichkeit war. Dazu hätte es der Aufklärung bedurft, ob sie nach dem Recht des ausländischen Staates, der Republik Mar.        , wirksam gegründet und rechtsfähig war (vgl. zu einer EU-Auslandsgesellschaft Rn. 13 ff., BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 47).

10b) Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es indes wegen der Teileinstellung nicht. Neben den für die verbleibenden und den Unrechtsschwerpunkt bildenden Betrugsstraftaten ausgeurteilten Freiheitsstrafen von sechs Monaten in drei Fällen, acht Monaten in zehn Fällen, zehn Monaten, einem Jahr sowie einem Jahr und vier Monaten fallen die für die 21 Fälle der Untreue festgesetzten Einzelstrafen von drei Monaten in drei Fällen, fünf Monaten und sechs Monaten in jeweils neun Fällen nicht beträchtlich ins Gewicht (§ 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO). Ohnehin erschiene der Unrechtsgehalt des Eingriffs in das Barvermögen der nur zum Einsammeln der Anlagegelder gegründeten Gesellschaft als gering.

113. Die Teileinstellung des Verfahrens führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der für diesen Tatkomplex verhängten Einzelstrafen. Auch die Gesamtstrafe ist aufzuheben und muss von einem neuen Tatrichter neu bemessen werden, da der Senat im Hinblick auf die verbleibenden Einzelstrafen nicht ausschließen kann, dass das Landgericht ohne die in den eingestellten Fällen verhängten Freiheitsstrafen eine mildere Gesamtstrafe gebildet hätte. Die Teileinstellung zieht zugleich die Aufhebung der Einziehungsentscheidung nach sich (BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 326/18 Rn. 7 und vom - 1 StR 54/19 Rn. 16).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:080819B1STR214.19.0

Fundstelle(n):
wistra 2020 S. 108 Nr. 3
RAAAH-39677