BGH Beschluss v. - 3 StR 189/19

Raub mit Todesfolge: Mittäterschaft eines bei der Tötungshandlung nicht anwesenden Tatbeteiligten

Gesetze: § 25 Abs 2 StGB, § 251 StGB

Instanzenzug: LG Krefeld Az: 22 Ks 31/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes mit Todesfolge zu der Freiheitstrafe von elf Jahren verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat keinen Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

2Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

3Zu Recht hat das Landgericht den Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen Raubes mit Todesfolge und nicht nur wegen Beihilfe zu einer solchen Tat verurteilt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht, gilt insoweit:

4Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr.; vgl. etwa , juris Rn. 26; Beschlüsse vom - 3 StR 439/15, juris Rn. 5; vom - 4 StR 7/16, NStZ-RR 2016, 140; vom - 1 StR 451/16, NStZ 2018, 544, 545 f.; vom - 2 StR 220/17, NStZ 2018, 144, 145 jeweils mwN).

5Die Frage, ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln eines von ihnen als Mittäterschaft im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 221/16, NStZ 2017, 296, 297; vom - 1 StR 188/17, juris Rn. 3; vom - 2 StR 161/17, NStZ-RR 2018, 40; vom - 5 StR 604/18, NStZ-RR 2019, 73; vom - 4 StR 381/18, NStZ-RR 2019, 203, 204 jeweils mwN).

6Entgegen einer in jüngerer Zeit in der Literatur geäußerten Auffassung (vgl. Schlösser, NStZ 2018, 651) ergibt sich aus der Rechtsprechung des Senats, in der ausgeführt worden ist, unter dem Blickwinkel der Tatherrschaft sei Voraussetzung der (Mit-)Täterschaft, dass der Täter durch seinen Beitrag Einfluss auf die Tatausführung nehmen könne (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 266/17, NStZ 2018, 650; vom - 3 StR 638/17, NStZ-RR 2018, 271, 272) nichts anderes: Nach den genannten Maßgaben handelt es sich bei der insoweit angesprochenen Tatherrschaft lediglich um eines der Kriterien, welche bei der wertenden Gesamtbetrachtung in den Blick zu nehmen sind. Deshalb scheidet indes nicht immer dann, wenn dieses schwach oder gar nicht ausgeprägt ist, Mittäterschaft aus; vielmehr können Defizite in diesem Bereich - wie es im Wesen einer Gesamtbetrachtung liegt - ausgeglichen werden, wenn andere der in die Prüfung einzustellenden Kriterien stärker ausgeprägt sind. Mit der zitierten Rechtsprechung sollten demnach lediglich die Voraussetzungen der Mittäterschaft für den Fall formuliert werden, dass dem Kriterium der Tatherrschaft im Rahmen der Gesamtwürdigung maßgebliche Bedeutung zukommen sollte (vgl. dazu auch , NJW 2019, 1818, 1825; Beschluss vom - AK 4/19, juris Rn. 23).

7Nach alledem erweist sich die Annahme von Mittäterschaft vorliegend als rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte war an der Tatplanung und der Anwerbung und Unterrichtung der Mittäter, die die tatbestandlichen Handlungen ausführen sollten, beteiligt. Die Tatbeute sollte nach Auszahlung der gesondert Verfolgten zwischen ihm und seiner ebenfalls tatbeteiligten Lebensgefährtin hälftig geteilt werden. Schließlich hat der Angeklagte die gesondert Verfolgten zum Tatort gefahren und sich dort absprachegemäß zum Abtransport der Beute bereitgehalten. Dass er selbst die Wohnung des Getöteten nicht betrat und sich nicht eigenhändig an den vom Tatplan gedeckten Gewalttätigkeiten beteiligte, steht der Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung nicht entgegen. Vielmehr leistete er nicht nur gewichtige Tatbeiträge, sondern nahm auf das Tatgeschehen selbst - wenn auch im Schwerpunkt im Vorfeld und bei der Planung der Tat - Einfluss.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:060819B3STR189.19.0

Fundstelle(n):
ZAAAH-39537