StuB Nr. 1 vom Seite 1

ATAD-Umsetzung trübt die unternehmerischen Aussichten für das anbrechende Steuerjahrzehnt

StB Jörg Herrfurth | Mannheim

Was länge währt, wird endlich gut – so die Hoffnung vieler deutscher Unternehmen auf die bis Jahresende 2019 zu erfolgende nationale Umsetzung der EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD). Nach über zweieinhalb Jahren legte das BMF am seinen Gesetzentwurf (ATADUmsG-E) vor und konnte sich der erstaunten bis enttäuschten Reaktionen in Steuerberatung und Wirtschaft sicher sein. Letzterer billigte die Finanzverwaltung ganze drei Tage (!) der Stellungnahme für die 109 Seiten zu, bevor das Gesetz ins Bundeskabinett sollte. Doch war der Aufschrei über dieses dreiste Vorgehen und den Regelungsinhalt des Papiers so groß, dass die erste Regierungsbefassung nun auf Mitte Januar 2020 verschoben wurde. Das wird den Stpfl. allerdings nicht viel nützen, denn die meisten der geplanten Rechtsänderungen werden rückwirkend ab ihre Wirkung entfalten. Aber das ist kein Grund zur Aufregung, denn laut Gesetzesbegründung handelt es sich weitgehend um einen Anpassungsbedarf lediglich klarstellender Natur des seit 1972 bewährten Außensteuergesetzes (AStG), welcher sich aus der EU-Richtlinie ergeben hat.

Ein Kernstück des ATADUmsG-E ist die allfällige Reform der Hinzurechnungsbesteuerung (insbesondere der §§ 8-18 AStG-E). Deren Anpassung soll „zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zeitgemäß und rechtssicher ausgestaltet werden.“ Mit Blick auf die unveränderte 25 %-Grenze einer Niedrigbesteuerung in § 8 Abs. 5 AStG-E stellt sich allerdings die Frage, welcher Besteuerungszeit gemäß dies sein soll. Denn ein Vergleich der nominalen Körperschaftsteuersätze in 2018 zeigt, dass 64 % der EU-Staaten und 53 % der OECD-Staaten unter 25 % liegen. Eine wesentliche Reduzierung der AStG-Erklärungspflichten für die Unternehmen könnte durch Absenkung auf 15 % geschaffen werden und wäre in jedem Fall eine richtlinienkonforme Umsetzung. Aller Orakelei der letzten anderthalb Jahre zum Trotz kommt das BMF mit der unverändert hohen Niedrigbesteuerungsgrenze aus der Deckung und gibt der Bundesregierung nun die gönnerhafte Möglichkeit, diese im weiteren Gesetzgebungsverfahren auf einen „noch zeitgemäßeren“ Wert abzusenken. Gewerbesteuerliche Überhänge wird es am Ende wohl trotzdem geben.

Der Gesetzentwurf bietet noch so einiges mehr an unilateralen Rechtsanpassungen mit reichlich Beratungs- und Beschäftigungspotenzial für die Unternehmen. Die deutsche Steuerverwaltung möchte sich nun deutlich stärker an den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2017 orientieren. Die Fokussierung auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise – bei der das rechtliche Eigentum immer nur einen Ausgangspunkt der Betrachtung bilden soll – mit Abstellen auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vereinbarung des Geschäftsvorfalls gehört zu den neuen Leitprinzipien für Verrechnungspreise. So findet u. a. das DEMPE-Konzept für immaterielle Werte seinen Eingang in das AStG, das Transferpaket für Funktionsverlagerungen wird gesetzlich definiert und die Grenze der Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation wird gesenkt. Das Master-File soll zukünftig obligatorisch innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Geschäftsjahres elektronisch übermittelt werden. Besonders sportlich ist der – mangels internationalen Konsens – einseitige Antritt zur Regelung von fremdüblichen internationalen und rein innerstaatlichen konzerninternen Finanzierungsbeziehungen. Ein weiterer Treaty override eben ...

Joerg Herrfurth

Fundstelle(n):
StuB 1/2020 Seite 1
NWB HAAAH-38840